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Die komplexe Verletzung des Beckenrings - Wie relevant sind abdominale Zusatzverletzungen in der frühen klinischen Behandlung?
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Published: | November 11, 2003 |
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Fragestellung
Komplexe Beckenringfrakturen sind Folge eines starken Traumas das lokale und allgemeine Zusatzverletzungen bedingen kann. Insbesondere bei initial sonographisch freier Flüssigkeit stellt sich die Frage einer zusätzlichen intraabdominalen Läsion. Im Rahmen einer prospektiven Behandlungsstudie wurden Inzidenz und Relevanz zusätzlicher Läsionen für die Therapie dieser Beckenfrakturen analysiert.
Methodik
Alle Schockraumpatienten werden einer standardisierten radiologisch-sonographischen Basisdiagnostik unterzogen (innerhalb 15 Min.). Bei sicherem Nachweis freier Flüssigkeit (Sonographie) erfolgt bei komplexen Beckenringfrakturen (Typ B und C) die Laparotomie. Die Daten jedes Schockraumpatienten werden prospektiv anhand eines 6-seitigen Protokolls erfasst.
Ergebnisse
Von 5/98 bis 12/02 wurden 1472 Patienten im Schockraum behandelt (ISS 20; 39 Jhr.). 47 Patienten wiesen eine B- (ISS 29) und 33 eine C- (ISS 47) Verletzung des Beckenrings auf. Nur bei 16% (n=13) lag eine isolierte Beckenverletzung vor (Typ B: n=11; Typ C: n=2). Bei 50% der Patienten zeigten sich operationspflichtige Zusatzverletzungen im Abdomen (bei 34 Patienten intra-, bei 6 extraperitoneal).
In 31 Fällen wurde aufgrund sonographisch freier abdominaler Flüssigkeit laparotomiert. Bei 30 Patienten fanden sich operationspflichtige Läsionen. In einem Fall zeigte sich bei retroperitonealem Haematom keine intraabdominale Läsion. Eine Milzläsion (2-zeitige Ruptur), eine Mesenterialverletzung (sonographisch zunehmende Blutung), ein abdominales Kompartmentsyndrom und eine Zwerchfellruptur (im CT übersehen) wurden verzögert nach ICU-Aufnahme operiert. In 45 Fällen erfolgte die primäre Osteosynthese. Bei 37 Patienten wurde bei instabilem Becken ein Fixateur externe angelegt. 20 dieser Patienten wiesen initial einen manifesten hämorrhagischen Schock (mittl. syst. RR 68 mmHg; Hb 7,6 mg%) auf. Bei 12 Pat. erfolgte simultan die Laparotomie. Nur ein Patient mit Fixateur externe verstarb im Schock bei zentraler Leberruptur. 25% aller Patienten verstarben (ISS 56). Haupttodesursache war das schwere SHT (n=10) gefolgt von MOV (n=5) und Blutungsschock (n=3). Bei Versterben im Schock bestanden schwere thorakale bzw. abdominale Blutungen. Alle pelvinen Blutungen konnten durch Fixateur externe und ggf. offene Tamponade kontrolliert werden.
Schlußfolgerung
Komplexe Beckenringverletzungen gehen häufig mit operationspflichtigen abdominalen Läsion einher. Früh sichtbare, sonographisch freie Flüssigkeit ist ein sicherer Indikator für eine zusätzliche bedeutende intraabdominale Läsion. Zusätzliche abdominale Läsionen müssen durch ein intensives Verlaufsmonitoring berücksichtigt werden. Der Fixateur externe stellt bei hämorrhagischem Schock ein zuverlässiges Verfahren zur primären Stabilisierung des Beckenrings ggf. in Kombination mit einer sofortigen Laparotomie dar.