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Low-grade ist nicht harmlos
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Published: | September 4, 2017 |
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Eine 52-jährige Patientin mit negativer rheumatologischer Vorgeschichte stellt sich wegen einer chronischen Monarthritis des rechten Knies vor. Diese sei progressiv nach einer Meniskus-OP (06/2014) und einer Kreuzbandplastik-OP (03/2015) aufgetreten und seither persistent.
Im Verlauf erfolgten mehrfache Gelenkpunktionen durch verschiedene Untersucher, zwei Radiosynoviorthesen (2015, 2016), auch eine Synovektomie (10/2015). Hierbei traten postoperativ Fieber und Schüttelfrost auf, so dass bei Verdachtsdiagnose einer septischen Arthritis mit Nachweis eines Staphylokokkus capitis eine zweiwöchige intravenöse Antibiose ohne orale Fortsetzung erfolgte. Bei persistierender Gelenkschwellung folgten prolongierte Steroidgaben und ein erfolgloser Therapieversuch mit Methotrexat. In 06/2016 erfolgte bei Nachweis von Finegoldia magna (Gelenkpunktat) eine 14-tägige Antibiose mit Amoxicillin oral. Ein erneuter Nachweis in 09/2016 blieb ohne Therapiekonsequenz. Aufgrund wechselnder Kniegelenkschwellungen und Entzündungsparameter (CRP 0,5 mg/dl in 12/2015 bis 1,6 mg/dl in 09/2016) blieb die Prednisolondosis über Monate bei 10 - 20 mg/d.
Bei Erstvorstellung in domo zeigte sich eine Gonitis rechts mit Erhöhung von CRP (2,5 - 3,9 mg/dl) und BKS (52 mm/h) bei negativer Immunserologie (RF, Anti-CCP-AK, HLA-B27). Anamnestisch, klinisch und nativradiologisch fand sich kein Hinweis auf eine zugrundeliegende entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankung. Eine auswärtige Knochenszintigraphie hatte nur die Gonitis markiert. Sonographisch und kernspintomographisch wurden diffuse Synovialproliferationen bei nur diskretem Gelenkerguss nachgewiesen. Unter dem Verdacht auf eine chronische septische Monarthritis mit wiederholtem Nachweis von Finegoldia magna erfolgte eine rheumachirurgische Vorstellung zur arthroskopischen Probengewinnung für die mikrobiologische Aufarbeitung. Es zeigte sich initial ein kultureller Keimnachweis von Finegoldia bei Infektion im tibialen Anteil. Im Verlauf kam es trotz adäquater Antibiose und operativer Sanierung zu einem Rezidiv mit Schraubenlockerung der Kreuzbandplastik und Eiteraustritt aus den jeweiligen Bohrkanälen bei erneutem Nachweis.
Gelenk- und Knocheninfektionen sind meist durch aerobe Bakterien bedingt und treten in Abhängigkeit des Gelenkzustandes (z.B. Osteosynthesematerial, Prothesen) unterschiedlich häufig auf. Anaerobe Infektionen (z.B. Proprionibacterium acnes, Finegoldia magna) sind selten beschrieben. Die neuen molekularen PCR-Methoden und Techniken (z.B. Sonifikation) erleichtern die Diagnosestellung bei den Biofilmbildnern.
Finegoldia magna gehört zur Normalflora von Haut, Darm sowie Urogenitaltrakt und ist ein Biofilmbildner, der sogenannte low-grade Gelenkinfektionen vor allem bei vorangegangenen Operationen und Biofilm-begünstigendem Fremdmaterial hervorrufen kann. Ein Nachweis im Gelenk ist daher stets als relevant anzusehen.