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45. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, 31. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie, 27. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie

06.09. - 09.09.2017, Stuttgart

Die Gefahr aus der Regentonne?

Meeting Abstract

  • Ingo Helmut Tarner - Abt. f. Rheumatologie, Klinische Immunologie, Osteologie und Physikalische Medizin, Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim und Lehrstuhl für Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie der Justus-Liebig-Universität Gießen, Bad Nauheim
  • Melanie Huber - Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim
  • Rebecca Hasseli - Justus-Liebig Universität Gießen, Kerckhoff-Klinik GmbH, Rheumatologie u. klinische Immunologie, Osteologie, Physikalische Therapie, Bad Nauheim
  • Michael Oehler - Kerckhoff-Klinik GmbH, Bad Nauheim
  • Florian Meier - Justus-Liebig Universität Gießen, Kerckhoff-Klinik GmbH, Rheumatologie u. klinische Immunologie, Osteologie, Physikalische Therapie, Bad Nauheim
  • Klaus-Peter Hunfeld - Institut für Labormedizin, Mikrobiologie und Krankenhaushygiene, Krankenhaus Nordwest, Framkfurt
  • Ulf Müller-Ladner - Justus-Liebig-Universität Gießen, Kerckhoff-Klinik GmbH, Rheumatologie u. klinische Immunologie, Osteologie, Physikalische Therapie, Bad Nauheim

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. 45. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 31. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 27. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Stuttgart, 06.-09.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocFA.04

doi: 10.3205/17dgrh004, urn:nbn:de:0183-17dgrh0047

Published: September 4, 2017

© 2017 Tarner et al.
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Text

Ein 46jähriger Mann mit beruflicher Bürotätigkeit ohne Reiseanamnese und ohne Kontakt zu Nutz- oder Haustieren stellte sich zur rheumatologischen Evaluation einer massiven, schmerzhaften, ausschließlich rechtsseitigen Hand- und Unterarmschwellung nach mehrfachen frustranen zur Diagnosefindung und Therapie erfolgten operativen Interventionen vor.

Aus völligem Wohlbefinden heraus hatte sich initial eine zunehmende schmerzhafte Schwellung im Bereich des rechten Handgelenks mit konsekutivem Taubheitsgefühl der ulnaren Handfläche und Schwäche der Handmuskulatur entwickelt. Neurologisch wurde eine Schädigung des N. ulnaris objektiviert. Eine MRT erbrachte den Verdacht auf einen von der distalen Unterarmmuskulatur ausgehenden Tumor oder einen granulomatösen Prozess. Bis auf eine atopische Dermatitis sowie eine vorbekannte periphere Eosinophilie bestanden keine sonstigen Erkrankungen. Mehrere Operationen zur Tumorexzision und Nervendekompression erbrachten in der konventionellen mikrobiologischen Kultur keinen Keimnachweis und histologisch eine diffuse granulomatöse Entzündungsreaktion mit Beteiligung kleiner und mittlerer arterieller Gefäße, Ausbildung hämorrhagischer Infarzierungen des Weichteilgewebes und einer ausgeprägten Eosinophilie ohne Malignitätshinweise. Postoperativ kam es mit 4 Wochen Latenz zum Nachweis einer Wundinfektion mit S. aureus und konsekutiv zu mehreren weiteren operativen Revisionen und Antibiotikatherapie.

Bei Vorstellung in domo bestand eine massive ödematöse Schwellung der gesamten Hand und des distalen Unterarms mit multiplen subkutanen Knoten und großen Hautulcera. Während eine mögliche atypische eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis erwogen wurde, für die sich jedoch keine weiteren Manifestation an inneren Organen sichern ließ, erbrachte eine mikrobiologische Nachbefundung des ursprünglichen Operationsmaterials molekularbiologisch den Nachweis von Mycobacterium senegalense.

Bei zunehmender Weichteilschwellung und Hautulcerierung trotz antibiotischer Dreifachkombination gegen M. senegalense (Ciprofloxacin, Clarithromycin, Doxycylin), erbrachte erst eine zusätzliche immunmodulierende Therapie mit hochdosierten Steroiden und intravenösen Immunglobulinen ein rasches Abschwellen der Hand und des Unterarms sowie eine positive Heilungstendenz der Hautulcera.

M. senegalense, das zum M. fortuitum-Komplex gehört, ist ein Erreger des Rotz bei Zeburindern in Afrika und kommt dort im Wasser und Boden vor. Bisher gibt es weltweit nur 4 Fallberichte humaner Infektionen, u.a. einen Fall mit Infektion von Schnittwunden im Gesicht durch Glassplitter eines zerberstenden Aquariums, dessen Wasser vermutlich M. senegalense enthielt. Im vorliegenden Fall ließ sich ein wiederholter Kontakt mit jahrelang abgestandenem Wasser aus einer Regentonne als mögliche Infektquelle bei atopischer Dermatitis eruieren.