gms | German Medical Science

49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW)

Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie e. V.

06.10.-08.10.2011, Ulm

Fehlbehandlung eines Zungenkarzinoms

Meeting Abstract

  • Kevin Dauter - Universität Halle, MKG-Chirurgie, Halle (Saale)
  • Matthias H.W. Lautner - Universität Halle, MKG-Chirurgie, Halle (Saale)
  • Johannes Schubert - Universität Halle, MKG-Chirurgie, Halle (Saale)
  • corresponding author Alexander W. Eckert - Universität Halle, MKG-Chirurgie, Halle (Saale)

Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie. 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW). Ulm, 06.-08.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dgpw014

doi: 10.3205/11dgpw014, urn:nbn:de:0183-11dgpw0149

Published: December 7, 2011

© 2011 Dauter et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.


Outline

Text

Einleitung: Normalerweise können Karzinome der Mundhöhle durch ihre charakteristische Beschwerdesymptomatik klinisch sehr schnell diagnostiziert werden können. Hierbei spielt der Zahnarzt die wichtigste Screening-Rolle. Wir präsentieren den seltenen Fall einer jahrelangen Fehlbehandlung und Verschleppung eines Zungenkarzinoms unter der Diagnose „Craniomandibuläre Dysfunktion“.

Kasuistik: Die Patientin berichtete über zunehmende Beschwerden im Sinne von Schmerzen am Hals links und Schluckbeschwerden. Die behandelnde Zahnärztin veranlasste letztlich die Durchführung einer Schienungstherapie bei einer Zahntechnikerin. Dennoch beschrieb die Patientin weiterhin persistierende Schmerzen und eine Gewebszunahme an der Zunge in Verbindung mit einer allgemeinen Gewichtsabnahme. Allerdings blieb eine erneut Konsultation bei der behandelnden Zahnärztin aus. Nur durch Eigeninitiative der Patientin stellte sich diese unter dem Verdacht einer Allergie bei ihrer Dermatologin vor. Das hierbei diagnostizierte Gewebsplus an der Zunge zog eine Vorstellung in der Kieferchirurgie nach sich. Im Computertomogramm und mittels Probeexzision musste ein mäßig differenziertes, verhornendes Plattenepithelkarzinom mit der Tumorformel T4N2M0 diagnostiziert werden. Aufgrund der Mittellinienüberschreitung und der Tumorausdehnung wurde auf eine ausschließliche Radiatio-Chemotherapie [72 Gy + 40mg/m²KOF Cisplatin] orientiert. Insgesamt hat die Patientin 20 Monate progressionsfrei überlebt. Im März des Jahres 2011 trat ein ausgedehntes Rezidiv auf, woraufhin eine abermalige radiologisch-chemotherapeutische Intervention unter palliativen Gesichtspunkten mit 36 Gy eingeleitet wurde. Letztendlich verstarb die Patientin 2 Jahre nach Diagnosesicherung an ihrer Tumorerkrankung.

Schlussfolgerungen: Im konkreten Fall liegt eine klare Verschleppung durch die Zahntechnikerin vor. Im Falle einer umgehenden Rücküberweisung an die behandelnde Zahnärztin hätte die maligne Transformation wesentlich eher diagnostiziertet werden können. Möglicherweise wäre seinerzeit in einem deutlich günstigeren Stadium der Tumorerkrankung eine chirurgische Therapie realisierbar gewesen. In diesem Zusammenhang muss auch spekulativ bleiben, ob dadurch der sehr ungünstige Verlauf in Form des Rezidivs hätte vermieden werden können. Dass die Patientin dennoch 2 Jahre mit einem fortgeschrittenen Zungenkarzinom überleben konnte, ist ein klarer Verdienst der heute etablierten strahlentherapeutischen Therapieoptionen.

Dieser konkrete Fall möge an alle Patienten und Ärzte appellieren, jegliche unklare, mehr als 2 Wochen bestehende intraorale Veränderung unbedingt histologisch abklären zu lassen.