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Mikrochirurgische Brustrekonstruktion bei angeborenen und erworbenen Gerinnungsstörungen
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Published: | September 10, 2012 |
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Einleitung: Zur Rekonstruktion der Brust gelten mikrochirurgische Verfahren heute als Standard mit sehr geringer Komplikationsrate. Hereditäre oder erworbene Gerinnungsstörungen können die Komplikationsrate auch beim erfahrenen Operateur jedoch deutlich anheben. In der Vergangenheit galt die Empfehlung, bei diesen Patienten keine mikrochirurgischen Rekonstruktionen durchzuführen. Eine evidenzbasierte Leitlinie zum perioperativen Gerinnungsmanagement in der Mikrochirurgie existiert nicht. Anhand von 12 eigenen Fällen und der Aufarbeitung der Literatur werden unsere klinische Erfahrungen und Empfehlungen zu diesem Thema vorgestellt.
Material und Methoden: Wir operierten von 2008 bis 2012 12 Patientinnen mit einer angeborenen oder erworbenen Gerinnungsstörung. Die Erkrankung war bei einigen Patientinnen schon präoperativ bekannt. Andere wurden in der Gerinnungsambulanz aufgrund einer auffälligen Hämostaseanamnese vorgestellt. Bei den restlichen Patientinnen manifestierte sich die Gerinnungsstörung im Rahmen einer postoperativen Blutungs- oder thrombotischen Komplikation.
Ergebnisse: Wir führten bei 11 Patientinnen mit Gerinnungsstörungen erfolgreich eine mikrochirurgische Brustrekonstruktion durch. Bei 2 Patientinnen erfolgte die Revision einer Lappenvenenthrombose mit gutem mikrochirurgischen Resultat. Bei 1 Patientin mit thrombembolischer Komplikation kam es zu einem kompletten Lappenverlust. 1 Patientin wurde unter Desmopressintherapie bei postoperativen Blutungen erfolgreich revidiert. In Abstimmung mit der Gerinnungsambulanz erfolgte peri- bzw. postoperativ eine intensivierte medikamentöse Therapie.
Schlussfolgerung: Das Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom und die APC-Resistenz (Faktor-V-Leiden) sind mit einer Prävalenz von 5–15% die häufigsten Formen der Thrombophilie in Europa. In Zusammenhang mit mikrochirurgischen Eingriffen besteht ein erhöhtes Risiko für thrombembolische Komplikationen der Lappengefäße. Im Gegensatz dazu treten bei den Hämophilien oft schwer kontrollierbare Blutungskomplikationen auf. Am häufigsten finden sich hier der Faktor VIII- und IX-Mangel. Zur individuellen Risikoeinschätzung gehört eine ausführliche Anamnese, ggf. spezifische Gerinnungstests und genetische Untersuchungen über einen Gerinnungsspezialisten, der die Erkrankung im optimalen Fall identifizieren und behandeln kann. Die Möglichkeiten einer zeitgemäßen Brustrekonstruktion sollten unserer Erfahrung nach auch diesem Patientenkollektiv nicht vorenthalten werden. Wichtig ist eine individuelle Aufklärung über das erhöhte Risiko, welche dem Patienten auch die Alternative eines gestielten Latissimus dorsi-Lappens anbietet. Das perioperative Gerinnungsmanagement spielt zur Minimierung von Komplikationen eine entscheidende Rolle.