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49. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC), 42. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen e. V. (DGPRÄC), 16. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen e. V. (VDÄPC)

29.09. - 01.10.2011, Innsbruck

J.F.S. Esser und Jakob Lewin (Jacques, „Noseph“ (Nasen-)) Joseph – Der unterschiedliche Werdegang zum plastischen Chirurgen in Zeiten vor der strukturierten Weiterbildung

Meeting Abstract

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  • author Jan Hilbert - Abt. Plastische und Ästhetische Chirurgie Paracelsus Klinik Hannover, Hannover / Langenhagen,
  • Johannes F. Hönig - Abt. Plastische und Ästhetische Chirurgie Paracelsus Klinik Hannover, Hannover / Langenhagen,

Österreichische Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie. Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen. 49. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC), 42. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 16. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC). Innsbruck, 29.09.-01.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dgpraecP22

doi: 10.3205/11dgpraec214, urn:nbn:de:0183-11dgpraec2147

Published: September 27, 2011

© 2011 Hilbert et al.
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Einleitung: Darstellung unterschiedlichster Wege zum plastisch- ästhetisch tätigen Chirurgen im frühen 20. Jahrhundert- ohne eine stukturierte Weiterbildung.

Material und Methoden: Die deutsche Wiedervereinigung im Jahre 1990 war, einhergehend mit der Fusionierung diverser Archive, Voraussetzung für eine umfangreich angelegte Aktenrecherche. So konnten die zehn Maßgeblichen in den Jahren 2002 bis 2007 z. T. mehrfach konsultiert und systematisch durchscannt werden. Es wurde nach richtungweisenden Dokumenten gefahndet.

Ergebnisse: Aufgrund des höheren Bekanntheitsgrades und der stärkeren Medienpräsenz J. Josephs wurde über „Noseph“ im Vergleich zu Esser in deutlich höherer Frequenz auch in der wissenschaftlichen Literatur berichtet. So zahlreiche Gemeinsamkeiten beider Ärzte es auch zu geben scheint, so grundlegend different waren nicht nur die Charaktere, sondern vor allem auch der berufliche Werdegang Essers und Josephs bis zu ihrer Spezialisierung. oseph hatte seinen geografischen Schwerpunkt in Berlin. Bereits sein Studium der Medizin absolvierte Joseph von 04`1885 bis 08`1889 an der Friedrich Wilhelm Universität und schloss es 1890 mit dem Staatsexamen ab. Die erste Anstellung hatte er im Städtischen Krankenhaus Berlin bei P. Fürbringer und wechselte bereits ein Jahr später an die Universitätskinderklinik zu Naumann. Zudem arbeitete Joseph in eigener Praxis (Dresdner/Annenstr.) als praktischer Arzt, was jedoch zum Bestreiten eines adäquaten Lebensunterhaltes nicht ausreichte. Daher erteilte der Arzt Kindern zusätzlich Gymnastikunterricht. Ab 1892 nahm Joseph eine Nebentätigkeit an der Universitätspoliklinik für orthopädische Chirurgie, J. Wolff („Knochen- Wolff“) an. Hier war er jedoch kaum operativ tätig. Die Veröffentlichung einer erstmals an der Wolff`schen Klinik 1896 durchgeführten plastisch- ästhetischen Operation (Otoplastik) bei der „Berliner Medizinischen Gesellschaft“ hatte jedoch Josephs Entlassung zur Folge. Daher war Joseph gezwungen, sich erneut der Privatpraxis zu widmen und operierte zusätzlich an diversen Belegkliniken. Joseph erweiterte nach und nach sein operatives Tätigkeitsspektrum über die Nase zum gesamten Gesicht bis zur Mamma – ohne zuvor eine fundierte und breit gefächerte chirurgische Ausbildung genossen zu haben. Esser hingegen beschritt einen bemerkenswert differenten Weg. Er war von Anfang an ein „ global player“ und international orientiert. Bereits das Studium der Human- und Zahnmedizin absolviere er an mehreren Studienorten in den Niederlanden. Inspiriert von seinem Anatomieprofessor A. Narath (Schüler T. Billroths), Leiden, Niederlande, suchte Esser aktiv international anerkannte Spezialisten unterschiedlichster chirurgischer Disziplinen der damaligen Zeit auf, um bei diesen Koryphäen jeweils mehrere Monate zu lernen (u. a. H. J. Laméris - Utrecht, H. Morestin, P. Sébileau und T. Tuffier, Paris). Hierbei verfolgte Esser nach ausführlichem Studium der zur Verfügung stehenden Literatur und der Durchführung von Modelloperationen an Humanpräparaten akribisch die Ausbildung seiner praktisch- operativen Fertigkeiten auf der Grundlage seines erarbeiteten naturwissenschaftlich- anatomisch- medizinischen Wissens. Die Mobilität Essers vom Beginn seines Studiums bis zur Aufnahme der Tätigkeit in Berlin u.a.: Leiden-Niederlande, Utrecht-Niederlande, Gent- Belgien, praktischer Arzt in drei Praxen in der Nähe zu Leiden- Niederlande (max. 126 km von einander entfernt), Bord Chirurg, Landarzt, Amsterdam-Niederlande, Utrecht- Niederlande, Rotterdam, Amsterdam, Utrecht, Brno, Wien, Budapest, Breslau, Leipzig, Berlin. Zug um Zug näherte sich Esser hierbei seinen beruflichen Vorstellungen ohne die Übersicht zu verlieren. Diese Begabung zeigte sich bereits in frühen Jahren in denen er in der höchsten niederländischen Schachliga Turniere spielte und 1908 und 1913 nationaler Schachmeister wurde. Neben seiner kurativen Tätigkeit stellte Esser eine der heute größten privaten Kunstsammlungen der frühen Moderne (ca.880 Exponate) zusammen - ein nicht zu unterschätzender monetärer Vorteil.

Schlussfolgerung: Es sollte noch sehr lange dauern, bis die plastische Chirurgie als eigenständiges Gebiet der Chirurgie anerkannt werden sollte – ebenso die Etablierung einer strukturierten Ausbildung. Esser und J. Joseph trugen individuell mit deutlich verschiedenen Voraussetzungen, Ansprüchen und trotz zum Teil erheblicher Widerstände, gegen die sie sich zu behaupten wussten, zur internationalen Anerkennung und Etablierung der modernen plastischen Chirurgie bei; Esser als international agierender Arzt mit maximalem operativen Spektrum, Joseph als „Lokalmatador“ und auch operativ regionalem Schwerpunkt. Sie entwickelten frühere Errungenschafen vor ihrer Zeit in Berlin tätiger Chirurgen wie von C. F. Graefe, F. Dieffenbach, B. Langenbeck und F. König, bahnbrechend weiter und unterstrichen mit ihrer Tätigkeit den Ruf der Metropole als Zentrum und Wiege der plastischen Chirurgie.