gms | German Medical Science

34. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)
Dreiländertagung D-A-CH

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Bern, 14.09. - 17.09.2017

Nachsorge-Schema nach Aminoglykosid-Therapie bei Neugeborenen

Poster

Search Medline for

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 34. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP), Dreiländertagung D-A-CH. Bern, Schweiz, 14.-17.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP15

doi: 10.3205/17dgpp37, urn:nbn:de:0183-17dgpp370

Published: August 30, 2017

© 2017 Flügel et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Eine Therapie mit Aminoglykosiden kann zu Hörverlusten führen, beginnend bei den hohen Frequenzen. Bezüglich des Risikos eines Hörverlustes durch eine 5-7 Tage dauernde Therapie wird in der Literatur ein Wert von 20% genannt. Aufgrund der Halbwertszeit des Medikamentes im Innenohr von ca. 30 Tagen empfehlen wir in unserer Klinik im Rahmen unseres Neugeborenen-Hörscreening die Nachsorge zum Zeitpunkt 6 Wochen und 6 Monaten nach Einnahme.

Material und Methoden: 137 Neugeborenen im Zeitraum von 01/2015 bis 11/2016 erhielten eine Therapie mit Aminoglykosiden. Zum Zeitpunkt des ersten Neugeborenen-Hörscreenings bei uns wurden die Eltern über das Risiko einer Hörminderung aufgeklärt, und eine Wiedervorstellung nach 6 Wochen und 6 Monaten empfohlen. Zum Zeitpunkt 6 Wochen erfolgte die Hörprüfung mittels TEOAE und AABR, zum Zeitpunkt von 6 Monaten mittels TEOAE und DPOAE um auch die hohen Frequenzen zu erfassen. Von 137 Neugeborenen wurden 69 nach 6 Wochen erneut vorstellig (70%). Nach 6 Monaten konnten bei 71 Säuglingen Daten erhoben werden (52%).

Ergebnisse: 7 von 137 Säuglingen zeigten Auffälligkeiten in den Hörtestungen (5%). 2 Säuglingen hatten eine Hörrestigkeit bds., 3 ein mittelgradiges einseitiges Hördefizit und bei 2 Patienten wurde eine geringgradige einseitige Hörminderung festgestellt. 6 von den 7 Kindern hatten weitere Risikofaktoren für eine Hörminderung: Frühgeburt mit geringem Geburtsgewicht, Intensivaufenthalt mit Beatmung, eine konnatale CMV-Infektion oder eine Hyperbilirubinämie. Der Säugling ohne weitere Risikofaktoren hatte eine einseitige mittelgradige Hörminderung. Alle hörgeminderten Patienten waren bereits zum Zeitpunkt von 6 Wochen durch eine auffällige Hörtestung erfasst worden. Ein Säugling mit Hörrestigkeit hatte das erste Neugeborenen-Hörscreening bestanden, und zeigte später zum Zeitpunkt 6 Wochen Auffälligkeiten beidseits.

Diskussion: Ob der Zeitpunkt für eine erneute Kontrolle mit 6 Monaten notwendig ist, muss die weitere Erfassung der Daten zeigen. In dem bisherigen Kollektiv wurde zu diesem Zeitpunkt kein Säugling mit einer neu aufgetretenen Hörminderung detektiert.

Fazit: Der Zeitpunkt 6 Wochen nach Antibiotikagabe für eine Hörprüfung hat sich als günstig erwiesen, um auffällige Patienten zu erfassen.


Text

Hintergrund

Eine Therapie mit Aminoglykosiden kann zu Hörverlusten führen. Die Defizite sind irreversibel und zeigen sich als bilaterale sensorineurale Hörminderung, beginnend mit den hohen Frequenzen [1]. Bezüglich des Risikos eines Hörverlustes durch eine 5-7 Tage dauernde Therapie wird in der Literatur ein Wert von 20% genannt, in einzelnen Studien mit Kontrollen der hohen Frequenzen sogar bis 47% [2]. Aufgrund der Halbwertszeit des Medikamentes im Innenohr von ca. 30 Tagen empfehlen wir in unserer Klinik im Rahmen unseres Neugeborenen-Hörscreening die Nachsorge zum Zeitpunkt 6 Wochen und 6 Monaten nach Einnahme [3].

Material und Methoden

Wir berichten hier von unseren Erfahrungen mit 137 Neugeborenen im Zeitraum von 01/2015 bis 11/2016, welche eine Therapie mit Aminoglykosiden erhalten hatten. Zum Zeitpunkt des ersten Neugeborenen-Hörscreenings bei uns wurden die Eltern über das Risiko einer Hörminderung aufgeklärt, und eine Wiedervorstellung nach 6 Wochen und 6 Monaten empfohlen. Zum Zeitpunkt 6 Wochen erfolgte die Hörprüfung mittels TEOAE und AABR, zum Zeitpunkt von 6 Monaten mittels TEOAE und DPOAE um auch die hohen Frequenzen zu erfassen. Von 137 Neugeborenen wurden 69 nach 6 Wochen erneut vorstellig (70%). Nach 6 Monaten konnten bei 71 Säuglingen Daten erhoben werden (52%). Bei Auffälligkeiten wurden die Befunde durch die Hirnstammaudiometrie (Click-BERA) weiter abgeklärt.

Ergebnisse

7 von 137 Säuglingen zeigten Auffälligkeiten in den Hörtestungen (5%). 2 Säuglingen hatten eine Hörrestigkeit bds., 3 ein mittelgradiges einseitiges Hördefizit und bei 2 Patienten wurde eine geringgradige einseitige Hörminderung festgestellt. 6 der 7 Kindern hatten weitere Risikofaktoren für eine Hörminderung wie Frühgeburt mit geringem Geburtsgewicht, Intensivaufenthalt mit Beatmung, eine konnatale CMV-Infektion oder eine Hyperbilirubinämie. Der Säugling ohne weitere Risikofaktoren hatte eine einseitige mittelgradige Hörminderung. Alle hörgeminderten Patienten waren bereits zum Zeitpunkt von 6 Wochen durch eine auffällige Hörtestung erfasst worden. Ein Säugling mit Hörrestigkeit hatte das erste Neugeborenen-Hörscreening bestanden, und zeigte später zum Zeitpunkt 6 Wochen Auffälligkeiten beidseits

Diskussionen

Ob der Zeitpunkt für eine erneute Kontrolle mit 6 Monaten notwendig ist, muss eine weitere Erfassung der Daten zeigen. In dem bisherigen Kollektiv wurde zu diesem Zeitpunkt kein Säugling mit Hörminderung neu detektiert.

Die Patienten mit Hörrestigkeit waren aufgrund ihrer multiplen Risikofaktoren für eine Hörminderung bereits in der Nachsorge unserer Klinik erfasst. Ob die Aminoglykosid-Therapie hier der auslösende Faktor der Hörminderung war, kann nicht sicher bestimmt werden.

Der Säugling ohne zusätzliche Risikofaktoren zeigte mit einer einseitigen Hörminderung einen untypischen Befund für eine otogene Intoxikation durch Aminoglykoside.

Fazit

Der Zeitpunkt für eine Hörprüfung 6 Wochen nach Antibiotikagabe hat sich als geeignet erwiesen, um auffällige Patienten zu erfassen. Der Termin wird von den Eltern zum großen Teil wahrgenommen.


Literatur

1.
Lanvers-Kaminsky C, Zehnhoff-Dinnesen AA, Parfitt R, Ciarimboli G. Drug-induced ototoxicity: Mechanisms, Pharmacogenetics, and protective strategies. Clin Pharmacol Ther. 2017 Apr;101(4):491-500. DOI: 10.1002/cpt.603 External link
2.
Xie J, Talaska AE, Schacht J. New developments in aminoglycoside therapy and ototoxicity. Hear Res. 2011 Nov;281(1-2):28-37. DOI: 10.1016/j.heares.2011.05.008 External link
3.
Tran Ba Huy P, Bernard P, Schacht J. Kinetics of gentamicin uptake and release in the rat. Comparison of inner ear tissues and fluids with other organs. J Clin Invest. 1986 May;77(5):1492-500. DOI: 10.1172/JCI112463 External link