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28. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.
2. Dreiländertagung D-A-CH

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.
Schweizerische Gesellschaft für Phoniatrie; Sektion Phoniatrie der Österreichischen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie

09.09. - 11.09.2011, Zürich, Schweiz

Fallbericht einer CI-Versorgung bei einseitiger Ertaubung nach Meningitis im Kindesalter

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  • corresponding author Alexander Mainka - Abteilung Phoniatrie und Audiologie, Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, Deutschland
  • Dirk Mürbe - Sächsisches Cochlear Implant Center, Abteilung Phoniatrie und Audiologie, Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 28. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP), 2. Dreiländertagung D-A-CH. Zürich, 09.-11.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dgppP22

doi: 10.3205/11dgpp68, urn:nbn:de:0183-11dgpp680

Published: August 18, 2011

© 2011 Mainka et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Für einseitig ertaubte erwachsene Patienten werden positive Ergebnisse einer Cochlea-Implantat-Versorgung beschrieben [1]. Hinsichtlich der kommunikativen Rehabilitation einseitig ertaubter Kinder mit einem CI liegen dagegen bislang keine Studiendaten vor.

Material und Methode: Wir berichten über die CI-Versorgung eines im Alter von 2 Jahren 6 Monaten implantierten Mädchens, welches infolge einer bakteriellen Meningitis einseitig ertaubt war.

Ergebnisse: Trotz partiell fibrosierter Cochlea gelang eine regelrechte Insertion eines Nucleus CI24RE (CA) der Firma Cochlear®. Für den mittlerweile 30 Monate umfassenden Zeitraum der rehabilitativen Betreuung lässt sich sprachaudiometrisch und mittels SETK 3-5 eine altersgerechte Hör-/Sprachentwicklung dokumentieren. Das CI wird regelmäßig getragen, der Benefit dieses Versorgungsweges von Seiten der Eltern positiv reflektiert.

Diskussion: Im vorliegenden Fall konnte die infolge einer bakteriellen Meningitis entstandene Kommunikationseinschränkung durch eine CI-Versorgung erfolgreich rehabilitiert werden. Obwohl die vorliegenden Daten das Potential einer CI-Versorgung bei einseitiger Ertaubung stützen, sind weitere Untersuchungen notwendig, um prinzipielle Aussagen zur Option einer CI-Versorgung bei einseitiger Ertaubung im Kindesalter treffen zu können.


Text

Einleitung und Hintergrund

Für einseitig ertaubte erwachsene Patienten werden positive Ergebnisse einer Cochlea-Implantat-Versorgung beschrieben [1]. Die CI-Versorgung einseitig kongenital tauber Kinder wird dagegen kontrovers diskutiert. So werden von Probst die Unterdrückung zentraler Kompensationsmechanismen der monauralen Hörverarbeitung durch die CI-Versorgung bei gleichzeitiger Stigmatisierung der Kinder als problematisch thematisiert [2]. Es fehlen bislang Daten, die diese Einwände entkräften. Bei postlingual einseitig ertaubten Patienten wird die monaurale Hörsituation meist als gravierende Beeinträchtigung erlebt, da ebendiese Kompensationsmechanismen fehlen. Häufig ist hier die CI-Versorgung indiziert und mit einem Benefit für die Betroffenen verbunden [1].

Ausgehend von diesen Überlegungen erfordern perilingual einseitig ertaubte Kinder eine differenzierte Betrachtung. Je nach Zeitpunkt der Ertaubung kann hier eine mehr oder weniger große subjektive Beeinträchtigung durch die monaurale Hörsituation bzw. ein mehr oder weniger großes Kompensationspotential erwartet werden. Hauptproblem bei der Einschätzung und Beratung der Betroffenen bleibt die unzureichende Datenlage.

Material und Methoden

Wir berichten über die CI-Versorgung eines im Alter von 2 Jahren und 6 Monaten unilateral implantierten Mädchens, welches infolge einer bakteriellen Meningitis einseitig ertaubt war. Bei dem in der Notfallambulanz vorgestellten Kind war mittels Lumbalpunktion und Kernspintomografie des Kopfes eine otogene Meningitis bei rechtsseitiger Mastoiditis gesichtert worden. Der Erregernachweis ergab Pneumokokken. Nach als Notfalleingriff erfolgter Mastoidektomie, Adenotomie und Paukendrainage kam es unter Antibiotikatherapie zu einer raschen Entfieberung und Besserung des Allgemeinzustandes. In der postoperativen Hördiagnostik bestätigte sich im Verlauf die anamnestisch vermutete einseitige Ertaubung der linken Seite bei normalen Schwellenwerten der Gegenseite. In der Hirnstammaudiometrie zeigten sich sowohl mit Click-Stimuli als auch mit Notched-Noise-Stimuli bis 100 dB keine frühen akustisch evozierten Potentiale. Die im weiteren Verlauf durchgeführten MRTs zeigten eine zunehmende Signalalteration intracochleär sowie im Bereich der linksseitigen Bogengänge (Abbildung 1 [Abb. 1]), sodass bei Gefahr einer vollständigen Fibrosierung und intracochleärer Obliteration vier Wochen nach initialer Erkrankung eine einseitige CI-Versorgung indiziert wurde.

Ergebnisse

Intraoperativ bestätigte sich der in der MRT geäußerte Verdacht einer intracochleären Fibrosierung. Trotz partiell bindegewebigem Umbau der Cochlea gelang eine regelrechte Insertion eines Nucleus CI24RE (CA) der Firma Cochlear®.

Der Sprachentwicklungsstand zum Implantationszeitpunkt war altersentsprechend. Für den mittlerweile 30 Monate umfassenden Zeitraum der rehabilitativen Betreuung lässt sich mittels SETK 3-5 eine weiterhin altersgerechte Hör-/Sprachentwicklung dokumentieren, wobei in den Teilbereichen folgende Werte erreicht wurden: Verstehen von Sätzen T-Wert 45 (Prozentrang (PR) 30,85), Morphologische Regelbildung T-Wert 50 (PR 50,00), Phonologisches Gedächtnis für Nichtwörter T-Wert 50 (PR 50,00), Satzgedächtnis T-Wert von 53 (PR 61,79). Im Tonaudiogramm besteht aktuell eine Normakusis rechts bei Surditas links. Im Sprachaudiogramm werden im Göttinger Kindersprachverständnistest I im Freifeld binaural bei 65 dB 100% Verständlichkeit erreicht. Mit CI beträgt die Verständnisquote bei 65 dB Sprachschallpegel und einem Störgeräusch von 60 dB 90%.

Weiterführend ergaben sich noch diskrete Einschränkungen der artikulatorischen Fähigkeiten im Sinne eines Sigmatismus interdentalis sowie eine leichte myofunktionelle Störung. Mit dem CI werden aktuell über Induktion einfache Sätze mit Vorlage bzw. teilweise bei bekanntem Thema ohne Vorlage verstanden. Fremdanamnestisch bestehen sichere Indizien eines funktionierenden Richtungshörens. Das CI wird regelmäßig getragen, der Benefit dieses Versorgungsweges von Seiten der Eltern positiv reflektiert.

Diskussion

Im vorliegenden Fall konnte die infolge einer bakteriellen Meningitis entstandene Kommunikationseinschränkung durch eine CI-Versorgung erfolgreich rehabilitiert werden. Nötig wäre die Entwicklung eines validen Untersuchungsparadigmas einseitig ertaubter kindlicher Patienten vor CI-Versorgung. Obwohl die vorliegenden Daten das Potential einer CI-Versorgung bei einseitiger Ertaubung stützen, sind weitere Untersuchungen notwendig, um prinzipielle Aussagen zur Option einer CI-Versorgung bei einseitiger Ertaubung im Kindesalter treffen zu können.


Literatur

1.
Arndt S, Laszig R, Aschendorff A, Beck R, Schild C, Hassepass F, Ihorst G, Kroeger S, Kirchem P, Wesarg T. Unilateral deafness and cochlear implantation: audiological diagnostic evaluation and outcomes. HNO. 2011;59(5):437-46. DOI: 10.1007/s00106-011-2318-8 External link
2.
Probst R. Cochlear implantation for unilateral deafness? HNO. 2008;56(9):886-8. DOI: 10.1007/s00106-008-1796-9 External link