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27. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

17.09. - 19.09.2010, Aachen

Zur schulischen Entwicklung ehemals sprachentwicklungsverzögerter Kinder

Poster

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  • corresponding author presenting/speaker Almut Goeze - Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, UKGM, Marburg, Deutschland
  • Hanna Adamaschek - Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, UKGM, Marburg, Deutschland
  • author Roswitha Berger - Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, UKGM, Marburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 27. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Aachen, 17.-19.09.2010. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2010. Doc10dgppP20

doi: 10.3205/10dgpp64, urn:nbn:de:0183-10dgpp646

Published: August 31, 2010

© 2010 Goeze et al.
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Zusammenfassung

Ziel: Informationen zur Sprachentwicklung und schulischen Laufbahn ehemals sprachauffälliger Kinder im weiteren Verlauf.

Material und Methoden: Retrospektive Studie: 158 4,5–6,0 jährige Kinder mit Sprachentwicklungsverzögerung (Untersuchungsjahre 2002–2006).

Einschlusskriterien: mind. multiple Dyslalie (Ravensburger Lautbestand), Dysgrammatismus mind. mittelschweren Grades, eingeschränkte semantische Fähigkeiten (Teddy-Test) und ein eingeschränktes Sprachverständnis (PR>18 im Reynell-Test). Ausschlusskriterien: Schwerhörigkeit, geistige Behinderung. Erhebung mittels Fragebogen (an die Eltern): aktuelle sprachliche Fähigkeiten des Kindes, Schulform, Lese- und Schreibfertigkeiten, AVWS.

Ergebnisse: Bisher 61 auswertbare Fragebögen: Einschätzung der sprachlichen Fähigkeiten durch die Eltern: 11 auffällig, 49 unauffällig, keine Angaben 1.

Schulform: 50 Regelschule, 4 Regelschule mit sonderpädagogischer Förderung, 3 Sprachheilschule, 4 sonstige Sonderschule. Hörwahrnehmung/ Hörverarbeitung: Untersuchung erfolgte bei 49 Kindern, AVWS diagnostiziert: 8.

Diskussion: Überwiegend gute Langzeitprognose für 4½–6 jährige Kinder mit noch deutlichen sprachlichen Defiziten. Nach Angaben der Eltern: mehr als 3/4 der Kinder 4–8 Jahre nach dem Diagnosezeitpunkt nicht mehr sprachauffällig und besuchen eine Regelschule, die Hörwahrnehmung und Verarbeitung nur bei einem geringen Teil der Kinder beeinträchtigt.


Text

Einleitung und Hintergrund

Sprachentwicklungsstörungen gehören zu den häufigsten Entwicklungsauffälligkeiten im Kindesalter.

Sprachentwicklungsstörungen (SES) werden in primäre und sekundäre SES unterteilt. Sekundäre SES treten im Rahmen einer Komorbidität (diverse Syndrome, z.B. Down-Syndrom, Williams-Beuren-Syndrom, fragiles X-Syndrom) oder als Folge einer vorausgehenden Erkrankung (z.B. Schwerhörigkeit, Intelligenzminderung) auf. Bei den primären SES hingegen liegt keine solche Ursache zur Klärung der Ätiologie vor. Hier wird eine genetische Veranlagung als ein Faktor vermutet, da SES familiär gehäuft auftreten.

Über die Prognose von Kindern, bei denen eine SES in der Entwicklung aufgetreten ist, lassen sich bisher nur wenige Aussagen treffen. Auch ist bisher unklar, inwiefern Kinder mit einer therapierten SES ihre sprachlichen Defizite aufholen können und an den Sprachstand altersgleicher Kinder aufschließen können. Mit der vorgelegten Studie möchten wir Informationen zur Sprachentwicklung von ehemals sprachauffälligen Kindern im weiteren Verlauf einholen. Wir möchten deshalb insbesondere überprüfen, wie sich die Schullaufbahn der ehemals sprachentwicklungsgestörten Kinder im Grundschulalter gestaltet.

Material und Methoden

Es handelt sich um eine retrospektive Studie aus dem Patientengut unserer Klinik.

Erfasst wurden 158 Kinder, die zum Untersuchungszeitpunkt 4,5–6,0 Jahre alt waren und in den Untersuchungsjahren 2002–2006 vorgestellt wurden. Bei allen Kindern war eine Sprachentwicklungsstörung diagnostiziert worden. Als Einschlusskriterien galten hierfür eine mindestens multiple Dyslalie (erfasst über den Ravensburger Lautbestand), ein Dysgrammatismus mindestens mittelschweren Grades, eingeschränkte semantische Fähigkeiten (ermittelt über den Teddy-Test) und ein eingeschränktes Sprachverständnis (PR>18 im Reynell-Test).

Als Ausschlusskriterien galten Schwerhörigkeit und geistige Behinderung. Die Eltern dieser Kinder wurden angeschrieben und sollten mittels Fragebogen die aktuelle sprachliche Fähigkeiten ihres Kindes einschätzen. Außerdem wurden Fragen zur Schulform, der Lese- und Schreibfertigkeiten und ob eine auditive Wahrnehmungs- oder Verarbeitungsstörung vorliegt, gestellt.

Ergebnisse

Von den 158 versandten Fragebögen wurden bisher 61 Fragebögen beantwortet, die in unsere Auswertung einfließen konnten.

Von den 61 Kindern wurden 11 von den Eltern als noch sprachauffällig eingeschätzt, 49 als sprachunauffällig, bei einem Kind erfolgte keine Angabe. 50 der Kinder besuchen eine Regelschule, 4 Kinder eine Regelschule mit sonderpädagogischer Förderung, 3 Kinder die Sprachheilschule und 4 Kinder eine sonstige Sonderschule. Hinsichtlich der Hörwahrnehmung/Hörverarbeitung sei bei 49 Kindern eine Untersuchung erfolgt, bei 8 Kindern sei eine Hörwahrnehmungs-/Hörverarbeitungsstörung diagnostiziert worden.

Diskussion

Die Langzeitprognose für Kinder, die im Alter von 4½ bis 6 Jahren noch deutliche Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung zeigten, erscheint größtenteils gut. Mehr als 3/4 der Kinder ist nun (4–8 Jahre nach dem Diagnosezeitpunkt) nach Einschätzung der Eltern nicht mehr sprachauffällig und kann eine Regelschule besuchen. Auch die Hörwahrnehmung und Verarbeitung ist laut Angaben der Eltern nur bei einem geringen Teil der Kinder beeinträchtigt. Eine genaue Analyse der erhobenen Erfassungsdaten wird vorgestellt und mit den Ergebnissen der zum Diagnosezeitpunkt bestehenden Defizite und der weiteren Entwicklung diskutiert.