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26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

11.09. - 13.09.2009, Leipzig

Fallbeispiele aus dem Neugeborenenscrenning-System Hessen

Vortrag

  • corresponding author presenting/speaker Alexander Indermark - Schwerpunkt für Phoniatrie und Pädaudiologie, Klinikum der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland
  • author Peter Böttcher - Hessisches Kindervorsorgezentrum, Gießen, Deutschland
  • author Matthias Gramß - Hessisches Kindervorsorgezentrum, Gießen, Deutschland
  • author Katrin Neumann - Schwerpunkt für Phoniatrie und Pädaudiologie, Klinikum der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Leipzig, 11.-13.09.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgppV08

doi: 10.3205/09dgpp13, urn:nbn:de:0183-09dgpp131

Published: September 7, 2009

© 2009 Indermark et al.
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Zusammenfassung

Das Neugeborenen-Hörscreening in Hessen stützt sich neben den medizinischen Einrichtungen, in denen das Screening selbst durchgeführt wird, vor allem auf das Hessische Kinderversorgungszentrum am Universitätsklinikum Frankfurt/Main, Standort Gießen. Von dort aus werden alle Screeningergebnisse zentral verwaltet und Eltern auf noch fällige Follow-up-Untersuchungen aufmerksam gemacht. Anhand von 5 Fallbeispielen werden Sonderfälle und die Schwierigkeiten des flächendeckenden Neugeborenen-Hörscreenings in Hessen dargelegt und gezeigt, dass eine zentrale Datensicherung und ein Tracking zur Organisation des Neugeborenen-Hörscreenings unerlässlich ist und wie die optimale Zusammenarbeit zwischen den Geburtskliniken und den Follow-up-Einrichtungen eine mögliche Problemlösung bieten kann.


Text

Einleitung

Das Universelle Neugeborenen-Hörscreening (UNHS) ist eine mittlerweile weltweit unbestritten notwendige Screeninguntersuchung, die alle Neugeborenen einschließen soll, da zum einen eine hohe Inzidenz (1–2/1000) besteht, die deutlich höher liegt als bei anderen Erkrankungen, die über das Neugeborenenscreening erfasst werden, und zudem durch eine frühzeitige Versorgung mit einem Hörgerät oder CI eine suffiziente Therapie besteht.

Die Durchführung des UNHS innerhalb der Geburtsklinik in Deutschland stellt dabei aus organisatorischer Sicht mittlerweile kaum noch Probleme da. Im Gegensatz dazu ist die Organisation des Follow-up und des Trackings nicht einheitlich geregelt und wird innerhalb der einzelnen Bundesländer mit deutlich abweichender Effektivität sehr unterschiedlich gehandhabt.

Methode

Nach grundsätzlicher Erläuterung des hessischen Models zur Organisation des UNHS werden wir an einige Beispielen mögliche Problemlösungen und auch weiterhin bestehende Probleme aufweisen.

Material

Das hessische Model zur Durchführung des UNHS

In Hessen wurde ein Neugeborenen-Hörscreening Programm unter konsequenter Beachtung internationaler Qualitätskriterien entwickelt. Diese Kriterien sind:

  • Erfassung von mindestens 95% aller Neugeborenen
  • Rate der Testauffälligen („REFER“) in einem Primär-Screening mit einer oder zwei Untersuchungen muss weniger als 4% bei Nicht-Risiko-Kindern betragen
  • Erfassung von mindestens 95% der testauffälligen Babys in einem qualifizierten, zentral organisierten Follow-up (Konfirmationsdiagnostik)
  • ein zentral geleitetes, namentlich arbeitendes Trackingsystem
  • strukturierte Organisation eines regelhaften Follow-up, Terminvergabe innerhalb von 14 Tagen nach Anmeldung
  • Diagnosestellung innerhalb der ersten 3 Lebensmonate
  • Therapiebeginn innerhalb der ersten 6 Monate
  • Qualitätskontrolle durch die Erfassung der Messergebnisse mittels einer zentralen Datenbank sowie qualitätssichernde Maßnahmen durch Schulung und Supervision des screenenden Personals in den Geburtskliniken.

Mehr als 98% der hessischen Neugeborenen werden in Geburtskliniken entbunden. Dort erfolgt das Primärscreening ausschließlich durch zertifiziertes Personal. Bisher wurden von nunmehr 83 Geburtseinrichtungen 74 Kliniken vollständig in das Netzwerk eingebunden. Über verschlüsselte Telefon- oder e-Mail-Verbindungen werden der zentralen Trackingstelle täglich die Daten aller angeschlossenen Geburtseinrichtungen übermittelt. Zu jedem Kind wird automatisch ein Status generiert, der verschiedene, auf das Hörscreening bezogene Zustände zulässt. Ein Screening gilt als bestanden, wenn ein beidseitiges „PASS“ erzielt wurde. Alle anderen Zustände, auch ein nicht- oder unvollständig durchgeführtes Screening, führen automatisch zu einer Bearbeitung durch die Trackingstelle, sofern die notwendigen Einwilligungen der Eltern vorliegen.

Für Follow-up-Einrichtungen oder noch nicht vollständig ausgerüstete Kliniken innerhalb des Primärscreenings erfolgt die Datenübermittlung über e-Mail (Zusatzsoftware) oder über eine internetbasierte VPN-Verbindung. Dafür wurde ein Internetserver („Follow-up Server“) bereitgestellt, der die eingehenden Daten in der zentralen Datenbank ablegt.

Fallbeispiele zur Erläuterung des Hessischen Systems und Aufzeichnung der weiterhin bestehenden Probleme

In drei Fallbeispielen wird gezeigt, wie das Trackingsystem arbeitet. Im ersten Fall erfolgt das Rescreening und die Diagnosestellung in einem optimalen Zeitraum. Der zweite und dritte Fall zeigen Problem in der Organisation, Zusammenarbeit der zwischen den einzelnen Screeningzentren, Kommunikationsprobleme mit den Eltern, Zeitverschiebungen durch fehlendes Personal und technische Ausrüstung.

Fazit

Bei einer Erfassung von über 95% der Neugeborenen in Hessen und einem derzeit mittleren Diagnosealter von 5,8 Monaten sind die großen Hürden zur Organisation des UNHS in Hessen überwunden. Es besteht jedoch weiterhin die Notwendigkeit zur Optimierung der einzelnen Prozesse, eine bessere Elternaufklärung und einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen Geburtskliniken, Follow-up-Einrichtungen und der Trackingstelle.


Literatur

1.
Neumann K, Nawka T, Wiesner T, Hess M, Böttcher P, Gross M. Grundlagen der Qualitätssicherung eines universellen Neugeborenen-Hörscreenings-Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. HNO. 2009;57:17-20.
2.
Böttcher P, Grams M, Euler HA, Neumann K. Kostenanalyse des universellen Neugeborenen-Hörscreenings für Kliniken am Beispiel Hessens. HNO. 2009;57:21-8.
3.
Böttcher P, Gramß M, Neumann K. Entwicklungsverlauf des flächendeckenden, qualitätsgesicherten Neugeborenen-Hörscreenings in Hessen. 2009