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26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

11.09. - 13.09.2009, Leipzig

Horizontale Lokalisationsgenauigkeit bei Kindern und Jugendlichen mit mittelgradiger peripherer Schallempfindungsschwerhörigkeit

Vortrag

  • corresponding author presenting/speaker Sylvi Meuret - Klinik für Hals- Nasen- und Ohrenheilkunde der Universität Leipzig, Abteilung Phoniatrie/Audiologie, Leipzig, Deutschland
  • author Dorothee Predel - Klinik für Hals- Nasen- und Ohrenheilkunde der Universität Leipzig, Abteilung Phoniatrie/Audiologie, Leipzig, Deutschland
  • author Alexandra Ludwig - Klinik für Hals- Nasen- und Ohrenheilkunde der Universität Leipzig, Abteilung Phoniatrie/Audiologie, Leipzig, Deutschland
  • author Rudolf Rübsamen - Institut für Biologie II, Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
  • author Michael Fuchs - Klinik für Hals- Nasen- und Ohrenheilkunde der Universität Leipzig, Abteilung Phoniatrie/Audiologie, Leipzig, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Leipzig, 11.-13.09.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgppV05

doi: 10.3205/09dgpp10, urn:nbn:de:0183-09dgpp102

Published: September 7, 2009

© 2009 Meuret et al.
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Zusammenfassung

Das räumliche Hören ist eine wichtige zentrale auditive Teilleistung für die Entwicklung des Kommunikationsvermögens und für die Bewältigung von Alltagsaufgaben. Ziel war es, den Einfluss einer peripheren Schallempfindungsschwerhörigkeit auf die absolute horizontale Richtungslokalisation von Kindern und Jugendlichen zu untersuchen.

23 beidseitig symmetrisch mittelgradig schwerhörige Kinder (7–17 Jahre, Median: 11 Jahre) wurden untersucht. In einem echogedämmten Raum wurden ihnen kurze tiefer- und höherfrequente Breitband-Rauschsignale mit einem Schallpegel von 35dB über der individuellen Hörschwelle aus 15 Referenzrichtungen im frontalen azimuthalen Halbkreis präsentiert. Das Hörereignis musste mit einem Laserpointer auf einer Winkelskala angezeigt werden. Aus je 6 Wiederholungen pro Frequenzband wurden mediane Lage- und Streuungsmaße errechnet.

Frontale Referenzrichtungen wurden genauer lokalisiert als laterale (p<0,05; Wilcoxon-Test). Es gab die Tendenz tieffrequente Signale genauer zu lokalisieren als hochfrequente, signifikant war dieser Effekt vor allem für laterale Referenzrichtungen (p<0,05; Wilcoxon-Test). Die Ergebnisse zeigten sich sowohl beim Lagemaß als auch bei der Streuung um das Lagemaß.

Die absolute horizontale Richtungslokalisation ist frontal genauer als lateral und zeigt eine Zentralisierungstendenz. Die Signalfrequenz hat vor allem für laterale Richtungen einen signifikanten Einfluss. Die Daten können für Vergleiche mit hörgesunden Kindern genutzt werden.


Text

Einleitung

Das räumliche Hören als eine wichtige zentral auditive Teilaufgabe ist für die Entwicklung des Kommunikationsvermögens sowie für die Bewältigung von alltäglichen Situationen beispielsweise in der Schule als auch im Straßenverkehr unabdingbar. Im Rahmen unserer bestehenden Arbeitsgruppe wurde bereits an Hand von 81 hörgesunden Kindern und Jugendlichen aufgezeigt, dass im frontalen horizontalen Halbkreis die Lokalisationsgenauigkeit für laterale Rauschsignale schlechter ist als für frontale. Des Weiteren wurden tieferfrequente Signale exakter lokalisiert als höherfrequente Signale.

Ziel unserer Studie war es, den Einfluss einer mittelgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit auf die absolute horizontale Richtungslokalisation zu untersuchen.

Methode

Es konnten 23 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 7 und 17 Jahren in die Studie eingeschlossen werden (11 weibliche, 12 männliche, medianes Alter: 11 Jahre). Bei allen Teilnehmern lag eine mittelgradige symmetrische Schallempfindungsschwerhörigkeit vor.

Die Untersuchung wurde in einem echogedämmten Raum durchgeführt, in dem auf einem frontalen azimuthalen Halbkreis in Ohrhöhe 45 einzeln ansteuerbare, verdeckte Lautsprecher zwischen +94° (rechts-lateral) und –94° (links-lateral) montiert waren. Der Winkelabstand zwischen den einzelnen Lautsprechern betrug 4,3° (Abbildung 1 [Abb. 1]). Als Stimuli wurden Rauschsignale von 250 ms Dauer verwendet, die 35dB überschwellig lagen. Es wurde ein tieferfrequentes (tf) (0,25–1,2 kHz) sowie ein höherfrequentes (hf) Signal (2–8 kHz) getestet. Aus allen 15 Referenzwinkeln (0°, ±4°, ±26°, ±30°, ±60°, ±64°, ±86°, ±90°) wurden sechsmal je das tieferfrequente als auch das höherfrequente Signal präsentiert. Zur Sicherstellung der frontalen Ausrichtung des Kopfes dienten ein höhenverstellbarer Stuhl mit Kopflehne sowie eine bei 0° (in der Mitte des Halbkreises) angebrachte Leuchtdiode. Die Studienteilnehmer sollten mit Hilfe eines Laserpointers den Ort der Geräuschquelle auf einer Winkelskala angeben. Somit konnte mittels der sechsfachen Bestimmung für jeden Referenzwinkel ein medianer Zeigewert bestimmt werden und die Streuung der einzelnen Messwerte (unsystematischer Fehler) errechnet werden. Insgesamt ergab sich so eine Untersuchungsdauer von etwa einer Stunde.

Ergebnisse

Es zeigte sich, dass in der untersuchten Gruppe weder eine Geschlechts- (Mann-Whitney-U-Test) noch eine Altersabhängigkeit (Spearman-Korrelation) vorlag. Frontale Referenzrichtungen wurden genauer lokalisiert als laterale Richtungen (p<0,05; Wilcoxon-Test). Es zeigte sich eine maximale Abweichung bei den frontalen Signalen von 4° (tf) bzw. von 5° (hf); bei den lateralen Signalen von 7,5° (tf) bzw. 10,25° (hf) (Abbildung 2 [Abb. 2]). Es gab die Tendenz, tieferfrequente Signale genauer zu lokalisieren als höherfrequente, signifikant war dieser Effekt vor allem für laterale Referenzrichtungen (p<0,05; Wilcoxon-Test). Die Ergebnisse zeigten sich sowohl bei der Lokalisationsgenauigkeit (Median der einzelnen Zeigewerte) als auch bei der Streuung der sechs einzelnen Zeigewerte um den Median aus diesen sechs Einzelwerten.

Diskussion

Unsere Ergebnisse zeigen, dass bei Kindern und Jugendlichen mit mittelgradig peripherer Schallempfindungsschwerhörigkeit die absolute horizontale Richtungslokalisation frontal genauer als lateral ist, sowie auch eine Zentralisierungstendenz vorliegt. Die Signalfrequenz hat vor allem für laterale Richtungen einen signifikanten Einfluss. Diese Ergebnisse decken sich mit den Erfahrungen bei hörgesunden Kindern. Im Vergleich zeigt sich jedoch erwartungsgemäß, dass Kinder und Jugendliche dieser Untersuchungsgruppe insgesamt ungenauer lokalisieren können und eine größere Streuung um den medianen Zeigewert aufweisen. Um hierzu genaue statistische Aussagen treffen zu können, wird eine größere Gruppe von Kindern mit Schallempfindungsschwerhörigkeit untersucht.


Literatur

1.
Kühnle S. Entwicklung der Lokalisationsgenauigkeit bei hörgesunden sechs- bis zwölfjährigen Kindern für Rauschsignale im horizontalen Halbkreis. In: Gross M, Zehnhoff-Dinnesen A. Aktuelle phoniatrisch-pädaudiologische Aspekte 2008. Band 6. Auflage 1. Mönchengladbach: Rheinware Verlag; 2008. Online verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/dgpp2008/08dgpp36.shtml External link
2.
Grube M. The Where and When of Auditory Space in the Brain: Evidence from Patients with acquired Brain Lesions [Dissertation]. University of Leipzig; 2005.