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21. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie

10. bis 12.09.2004, Freiburg/Breisgau

Das Würzburger Hörscreening-Programm bei Neugeborenen: Erfahrungen nach mehr als 8000 Säuglingen

Vortrag

  • author presenting/speaker Wafaa Shehata-Dieler - Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkranke, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg, Deutschland
  • Ralf Dieler - HNO an der Julius Promenade, Würzburg, Deutschland
  • Ralph Keim - Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenkranke, Universität Würzburg, Würzburg, Deutschland
  • Jan Helms - Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenkranke, Universität Würzburg, Würzburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 21. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP. Freiburg/Breisgau, 10.-12.09.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04dgppV11

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Published: September 9, 2004

© 2004 Shehata-Dieler et al.
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Zusammenfassung

Die BERAphon®-Untersuchung mit Ableitung der frühen akustisch evozierten Potenziale mit einem speziellen Kopfhörer und unter Verwendung der Steady State- Potentiale und des Zeitgangreizes stellt eine Hörscreeningmethode mit hoher Validität dar. Seit August 1997 ist ein universelles Hörscreening-Programm für Neugeborene an den Universitätskliniken in Würzburg etabliert. Bis März 2004 wurden bei insgesamt 8150 Neugeborenen primäre und Kontroll-Hörscreening-Untersuchungen mit dem BERAphon® durchgeführt. 99 % aller Neugeborenen wiesen nach Durchlaufen des zweistufigen Hörscreenings unauffällige Antworten auf. 110 der im Rahmen des primären oder Kontroll-Screening untersuchten Neugeborenen wiesen eine Schwerhörigkeit auf. Die BERAphon®- Methode stellt ein zuverlässiges Messverfahren zum Hörscreening dar.


Text

Einleitung

Die BERAphon®-Untersuchung mit Ableitung der frühen akustisch evozierten Potenziale mit einem speziellen Kopfhörer und unter Verwendung der Steady State- Poteniale und des Zeitgangreizes stellt eine Hörscreeningmethode mit hoher Validität dar.

In Würzburg wird seit 1997 ein zweistufiges Hörscreeningprogramm durchgeführt [1], [2], bei dem jedes Neugeborene in der ersten Screeningstufe auf der Neugeborenenstation der Frauenklinik untersucht wird. Die Messungen werden mit dem BERAphon® und dem Stufenreiz und / oder mit dem Steady-state-Hirnstammpotentiale vorgenommen. Bisher wurden mehr als 8000 Neugeborenen gemessen. Das Beraphon bietet eine automatisierte und schnelle Methode für das Neugeborenen-Hörscreening.

Material und Methode

Wir folgen einem zweistufigen Screeningmodell. In diesem Modell wird ein Neugeborenes, das den Test auf der Neugeborenenstation nicht bestanden hat (fail), in der HNO-Klinik kontrolliert. Dieses Vorgehen dient dazu, die Anzahl der Kinder zu verringern, bei denen eine weiterführende Abklärung durchgeführt werden müsste, die damit verbundenen Kosten zu verringern und die Zahl der sog. "drop-outs" zu minimieren. Kinder mit Risikofaktoren, die unauffällige Untersuchungsbefunde zeigen, werden nochmals innerhalb des ersten Lebensjahres kontrolliert, um ggf. eine später einsetzende oder langsam progrediente Schwerhörigkeit zu erkennen. Die zweite Stufe dient nicht nur als Kontrollscreen der Kinder aus unserem Programm. Es werden in dieser Stufe auch Kinder gemessen, welche nicht in der Univ. Frauen Klinik Würzburg geboren, oder Kinder welche von Kinderkliniken oder Kinderärzten (nach ein- oder mehrfachen Screeningsuntersuchungen) überwiesen wurden.

Ergebnisse und Diskussion

Von August 1997 bis März 2004 wurden bei insgesamt 8150 Neugeborenen primäre und Kontroll-Hörscreening-Untersuchungen durchgeführt. 98.5% aller Neugeborenen wiesen nach Durchlaufen dieses zweistufigen Screeningtests unauffällige Antworten auf. Bei jedem Neugeborenen werden mögliche Risikofaktoren erfasst. Kinder mit Risikofaktoren, die unauffällige Untersuchungsbefunde zeigen, werden nochmals innerhalb des ersten Lebensjahres kontrolliert, um ggf. eine später einsetzende oder langsam progrediente Schwerhörigkeit zu erkennen.

Der Erfolg eines NHS Programms wird anhand der Zahl der Kinder mit Hörminderung, die durch das Programm erkannt und behandelt werden, gemessen. Eine diagnostische Abklärung erfolgte bei den Kindern, die auffällige Befunde nach einer Kontroll-Hörscreening-Untersuchung aufwiesen. Bei 110 Kindern lagen Hörstörungen vor. 34 Kinder wurden mit Hörgeräten, 15 Kinder mit einem Cochlea Implantat versorgt. Diagnose und Beginn der Behandlung lagen bei allen Kindern innerhalb der ersten sechs Lebensmonate.

Ein sehr wichtiger Punkt für den Erfolg eines universellen Hörscreening-Programms bei Neugeborenen ist nach unseren Erfahrungen eine enge und vertrauensvolle Kooperation zwischen den behandelnden Fachrichtungen (Gynäkologie/Geburtshilfe, Pädiatrie) und den für die Durchführung und Interpretation der Hörtests zuständigen Ärzten (Pädaudiologen und HNO Ärzte). Hinzu kommt eine möglichst genaue und verständliche Information der Eltern über die Entwicklungsstadien des Hirns und über Möglichkeiten und Grenzen der durchgeführten Hörtests, z.B. in Form von Broschüren. Nur dann kann das angestrebte Ziel erreicht werden, möglichst früh eine Hörschädigung bei einem Kind zu diagnostizieren und einer Therapie zuzuführen.


Literatur

1.
Shehata-Dieler WE, Dieler R, Keim R, Finkenzeller P, Dietl J, Helms J (2000) Universelle Hörscreening-Untersuchungen bei Neugeborenen mit dem BERAphon®. Laryngorhinootol 79: 69-76
2.
Shehata-Dieler WE, Dieler R, Wenzel G, Keim R, Singer D, von Deuster CH (2002). Das Würzburger Hörscreening-Programm bei Neugeborenen. Erfahrungen bei mehr als 4000 Säuglingen - Einfluss nichtpathologischer Faktoren auf die Messergebnisse. Laryngorhinootol 81: 204-210