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20. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

12. bis 14.09.2003, Rostock

Interaktion behavioraler und elektrophysiologischer Ergebnisse zur Phonemdiskrimination bei Säuglingen

Vortrag

  • corresponding author Karsten Nubel - Klinik für Audiologie und Phoniatrie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Fabeckstr. 62, 14195 Berlin, Tel.: 030/84456829, Fax: 030/84456856
  • Stefanie Kruck - Klinik für Audiologie und Phoniatrie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Fabeckstr. 62, 14195 Berlin
  • Barbara Höhle - Institut für Linguistik, Universität Potsdam, Postfach 601553, 14415 Potsdam
  • Ute Suhl - Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung, Stephanstraße 1a, 04103 Leipzig
  • Jürgen Weissenborn - Institut für deutsche Sprache und Linguistik, Humboldt-Universität zu Berlin, Schützenstr. 21, 10177 Berlin
  • Manfred Gross - Klinik für Audiologie und Phoniatrie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Fabeckstr. 62, 14195 Berlin

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 20. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP. Rostock, 12.-14.09.2003. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2003. DocV48

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Published: September 12, 2003

© 2003 Nubel et al.
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Zusammenfassung

Im Rahmen der Deutschen Sprachentwicklungsstudie (www.glad-study.de) wurden bei normalhörigen und altersgemäß entwickelten Säuglingen im Alter von 5 Monaten die mittels ereigniskorrelierter Potenziale erhobenen Ergebnisse zur Phonemdiskrimination (/da/ vs. /ga/) mit behavioral erhobenen Daten verglichen. Bei Verwendung eines odd-ball Paradigmas (Deviantanteil 15%) wurden jeweils 500 Standard- und 100 Deviantreize separat gemittelt (Reizlänge 150 ms, Interstimuluszeit 750 ms) und über 11 Kanäle abgeleitet. Die behavioralen Daten wurden aus parallelen head-turn-Untersuchungen zur Differenzierungsfähigkeit und Präferenz der selben Phoneme /da/ und /ga/ anhand einer Gruppe von 39 Kindern im Alter von 5 Monaten gewonnen. 9 davon zeigten eine Präferenz für eines der Phoneme. Die Gruppe der Präferierer zeigt im Grand-average der Differenzkurven eine frühe Negativierung mit einer Latenz um 160 ms, die sich signifikant von der Positivierung der Nichtpräferierer unterscheidet. Sollte sich dieses Teilergebnis auch an einem größeren Kollektiv bestätigen, wäre dies in dieser Altersgruppe erstmalig die elektrophysiologische Bestätigung tatsächlich vorhandener und behavioral nachgewiesener phonologischer Fähigkeiten. Ebenso wäre es ein Hinweis darauf, dass es sich bei der Negativierung wirklich um das elektrophysiologische Korrelat eines Prozesses handelt, der mit der adulten Mismatch Negativity vergleichbar ist.


Text

Einleitung

Im Rahmen der Deutschen Sprachentwicklungsstudie (www.glad-study.de) wurde die Phonemdiskrimination (/da/ vs. /ga/) bei normalhörigen und altersgemäß entwickelten Säuglingen sowohl mit Hilfe ereigniskorrelierter Potenziale (EKP) als auch mit Hilfe behavioraler Methoden untersucht.

Methodik

Bei Verwendung eines odd-ball Paradigmas (Deviantanteil 15%) wurden EKP auf jeweils 500 Standard- und 100 Deviantreize (Reizlänge 150 ms, Interstimuluszeit 750 ms) an einer Gruppe von 39 Kindern im Alter von 5 Monaten über 11 Kanäle abgeleitet und separat gemittelt. Die behavioralen Daten wurden zuvor im Rahmen eines Headturn-Preference-Untersuchungsparadigmas zur Differenzierungsfähigkeit und Präferenz der selben Phoneme /da/ und /ga/ anhand der gleichen Kinder im Alter von 4 Monaten gewonnen. Ausgehend von den behavioralen Messergebnissen wurde das Gesamtkollektiv in 2 Gruppen eingeteilt, nämlich diejenigen Kinder, die bereits eine deutliche Präferenz für einen der beiden Reize zeigen, und diejenigen Kinder, die noch keine Präferenz erkennen lassen. Hierzu wurden pro Kind für beide Reize jeweils die Mittelwerte der Blickzuwendungszeiten sowie deren Standardfehler berechnet. Ist bei einem Kind die Differenz der Mittelwerte größer als die Summe der Standardfehler, so wird das Kind als „Präferierer" klassifiziert, andernfalls als „Nicht-Präferierer". Die so gewonnene Gruppeneinteilung diente als Ausgangspunkt für die Auswertung der elektrophysiologischen Daten.

Ergebnis

Aus dem Gesamtkollektiv zeigten bei den head-turn-Untersuchungen 9 Kinder eine Präferenz für eines der Phoneme (8 Kinder für /da/, 1 Kind für /ga/). Diese Gruppe der Präferierer zeigt im Grand-average der Differenzkurven der ereigniskorrelierten Potenziale eine frühe Negativierung mit einer Latenz um 160 ms, die sich signifikant von der Positivierung der Nicht-Präferierer unterscheidet [Abb. 1].

Diskussion

Sollte sich dieses Teilergebnis auch an einem größeren Kollektiv bestätigen, wäre dies in dieser Altersgruppe erstmalig die elektrophysiologische Bestätigung tatsächlich vorhandener und behavioral nachgewiesener phonologischer Fähigkeiten. Ebenso wäre es ein Hinweis darauf, dass es sich bei der Negativierung um das elektrophysiologische Korrelat eines Prozesses handelt, der mit der adulten Mismatch Negativity vergleichbar ist.


Notes

Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung, Leipzig.