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20. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI)

Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI)

19.04. - 21.04.2012, Mannheim

Langzeitverlauf und Therapieerfolg bei Lymphadenitiden durch nichttuberkulöse Mykobakterien bei Kindern in Deutschland

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Annicka Reuss - Robert-Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin
  • Sarah Drzymala - Robert-Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin
  • Barbara Hauer - Robert-Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin
  • Rüdiger von Kries - Ludwig-Maximilians-Universität, Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin, München
  • Walter Haas - Robert-Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin

Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie. 20. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI). Mannheim, 19.-21.04.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12dgpi13

doi: 10.3205/12dgpi13, urn:nbn:de:0183-12dgpi136

Published: March 22, 2012

© 2012 Reuss et al.
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Hintergrund: Aus verschiedenen Industrienationen wird über eine Zunahme von Erkrankungen durch nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM) bei Kindern berichtet. Gemäß internationalen und nationalen Empfehlungen ist die Therapie der Wahl bei einer nichttuberkulösen Lymphadenitis cervicalis, dem häufigsten klinischen Bild bei Kindern, die vollständige chirurgische Entfernung der betroffenen Lymphknoten. Studien zum Therapieerfolg bei NTM-Lymphadenitiden liegen weltweit nur begrenzt vor.

Fragestellung: Ziel der Studie war die Untersuchung des Langzeitverlaufs, des therapeutischen Vorgehens und des Therapieerfolgs bei NTM-Lymphadenitiden im Kindesalter in Deutschland.

Material und Methoden: In einer bundesweiten Studie des Robert Koch-Instituts in Kooperation mit der Erhebungseinheit für seltene pädiatrische Erkrankungen in Deutschland (ESPED) wurden 102 Neuerkrankungen durch NTM bei immungesunden Kindern <15 Jahren von 2002 bis 2005 identifiziert (Reuss et al., PIDJ 2009;28(7):642). Insgesamt 70/102 Eltern (69%) gaben ihr Einverständnis zur Kontaktaufnahme für eine Folgestudie. Von diesen 70 Kindern hatten 97% eine Lymphadenitis, davon 90% zervikal, und 96% waren zum Zeitpunkt der Diagnose <5 Jahre alt (Studienpopulation). Die Eltern wurden in 2011 telefonisch anhand eines standardisierten Fragebogens zu Therapie und Krankheitsverlauf befragt.

Ergebnisse und Diskussion: Die Teilnahmerate an der telefonischen Nachbefragung betrug 89% (62/70). Initial wurden 29 Kinder (47%) ausschließlich chirurgisch, 31 (50%) chirurgisch-medikamentös und ein Kind (1,6%) ausschließlich medikamentös behandelt; bei einem Kind wurde abwartend vorgegangen (1,6%). Eine Totalexcision der betroffenen Lymphknoten wurde nur bei insgesamt 23 Kindern (38%) angegeben. Die Heilungsrate für die Totalexcision bei ausschließlich chirurgischem Vorgehen lag mit 64% (7/11; 95%CI: 31-90%) offenbar geringer als in internationalen Studien (>90%), wobei die Datenqualität zum operativen Vorgehen durch die Art der Befragung (Eltern, Recallbias) beeinflusst sein könnte. Eine adjuvante medikamentöse Behandlung (mit unterschiedlichem Therapieregime) schien keinen zusätzlichen Nutzen zu bringen (Heilungsrate von 67%, 8/12; 95%CI: 35-90%). Alle Kinder waren nach max. vier Behandlungsepisoden geheilt. Die lange Beobachtungszeit (5-8,5 Jahre) ermöglichte die Identifizierung von 4 Rezidiven bei verschiedenen Therapieansätzen (4/62, 6%), die 0,5-5 Jahre nach Abheilung der Ersterkrankung auftraten.

Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie liefert erstmals bundesweite Daten zu therapeutischem Vorgehen, Therapieergebnissen und zum Langzeitverlauf bei NTM-Lymphadenitis im Kindesalter, wenn auch mit insgesamt niedrigen Fallzahlen. Dabei zeigen sich erhebliche Abweichungen von der empfohlenen Standardtherapie der ausschließlichen chirurgischen Totalexcision. Für diese ergaben sich Hinweise auf unbefriedigende Heilungsraten bei Initialtherapie im internationalen Vergleich. Hier sind weitere umfangreichere Studien notwendig.