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5. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS)

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.V.

03.03. - 05.03.2016, Essen

Antisakkadentraining zur Reduktion nahrungsbezogener Impulsivität bei der Binge Eating Störung – Ergebnisse einer randomisiert-kontrollierten Pilotstudie

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Katrin Giel - Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Deutschland
  • author Eva Speer - Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Deutschland
  • author Kathrin Schag - Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Deutschland
  • author Elisabeth Leehr - Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Deutschland
  • author Stephan Zipfel - Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS). 5. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen. Essen, 03.-05.03.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgess040

doi: 10.3205/16dgess040, urn:nbn:de:0183-16dgess0406

Published: February 18, 2016

© 2016 Giel et al.
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Hintergrund: Patienten mit Binge Eating Störung (BED) zeigen eine erhöhte Impulsivität. Es gibt Hinweise darauf, dass computergestützte Trainingsprogramme, die eine Veränderung der Aufmerksamkeitslenkung und die Inhibitionskontrolle adressieren, zumindest kurzfristig das Essverhalten positiv beeinflussen können. Wir haben ein computergestütztes Training entwickelt, um die Inhibitionskontrolle während der Konfrontation mit Nahrungsreizen bei BED-Patientinnen zu erhöhen, und haben in einer randomisiert-kontrollierten Pilotstudie dessen Machbarkeit, Akzeptanz und Wirksamkeit untersucht.

Methoden: Wir haben ein nahrungsspezifisches Antisakkadentraining entwickelt, bei dem auf dem Computerbildschirm in der Gesichtsfeldperipherie hochkalorische Nahrungsstimuli präsentiert werden. Aufgabe ist es, so schnell wie möglich von diesen Reizen wegzuschauen. In früheren Studien konnten wir zeigen, dass BED-Patientinnen bei dieser Aufgabe viele Fehler machen, d.h. oft auf die Nahrungsstimuli schauen. Im Antisakkadentraining wurde an vier Terminen in der Experimentalgruppe geübt, die Aufmerksamkeit von den Nahrungsreizen wegzulenken (d.h. erfolgreich Antisakkaden auszuführen). Es wurden N = 20 Patientinnen mit BED (M = 29,6 Jahre alt; M = 36,6 kg/m² BMI) randomisiert der Experimental- oder Kontrollgruppe zugeordnet. Die Kontrollgruppe bekam dasselbe Paradigma dargeboten, erhielt aber eine andere Instruktion. Essanfälle und Essstörungspathologie, Craving und Beurteilung der Nahrungsreize wurden vor und nach dem Training erfasst, die Anzahl der Essanfälle wurde in einem 4-Wochen follow-up erneut erfragt.

Ergebnisse: Es zeigte sich ein hoher Bedarf und hohe Motivation von BED-Patientinnen, an dem Training teilzunehmen. Die Patientinnen beider Untersuchungsgruppen wiesen eine signifikante Reduktion ihrer Essanfälle bis 4 Wochen nach Abschluss des Trainings auf (prä: M = 10 vs. post: M = 4 in den letzten 4 Wochen). Wir konnten jedoch weder Zeit- noch Gruppenunterschiede finden hinsichtlich der Bewertung der Nahrungsreize oder des Cravings.

Schlussfolgerung: Die Pilotstudie zeigt den Bedarf nach und die Machbarkeit eines nahrungsspezifischen Antisakkadentrainings bei BED. Sie gibt Hinweise darauf, dass das Training positive Effekte auf das Essverhalten hat, dies muss aber in größeren RCTs bestätigt werden. Auch die Kontrollgruppe konnte Essanfälle reduzieren – dies könnte darauf hinweisen, dass auch die Kontrollaufgabe die Inhibitionskontrolle geschult hat und zukünftig geeignetere Kontrollbedingungen benötigt werden.