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Prävalenz von atypischen Essstörungen in der mittleren Kindheit
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Published: | March 17, 2014 |
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Hintergrund: Essprobleme in der Kindheit sind häufig, aber ihre Nosologie ist bislang weitgehend ungeklärt. Nur ungefähr die Hälfte der Essstörungsdiagnosen in der Kindheit können den Essstörungen Anorexia Nervosa (AN) und Bulimia Nervosa (BN) zugewiesen werden. Im DSM-5 wurde daher die Diagnose einer vermeidend/restriktiven Essstörung (Avoidant/-restrictive food intake disorder; ARFID) eingeführt, welche als kindspezifische Schlüsselsymptome die Nahrungsvermeidung oder eingeschränkte Nahrungsaufnahme ohne verzerrte Kognitionen zu Gewicht und Figur beinhaltet. Die drei wichtigsten Subtypen sind: Nahrungsvermeidung mit emotionaler Störung (Food avoidance emotional disorder; FAED), selektives Essen (selective eating; SE) und funktionelle Dysphagie (functional dysphagia; FD). Daten über ARFID und deren Subtypen fehlen jedoch noch weitgehend.
Methoden: In dieser Studie wurde anhand eines schulbasierten Screenings die Prävalenz der ARFID und deren Subtypen in der mittleren bis späten Kindheit durch Selbstbericht eingeschätzt. Zusätzlich wurde das hierfür entwickelte Screeninginstrument Eating Disturbances in Childhood-Questionnaire (EDCh-Q) von van Dyck und Hilbert validiert.
Ergebnisse: Insgesamt 1.444 8- bis 13-jährige Kinder in den Grundschulen (Klassen 3 bis 6) der Kantone Freiburg, Lausanne und Bern wurden mit dem EDCh-Q befragt. Erste Ergebnisse zeigen, dass 6.7% der Kinder entsprechend ihres Selbstberichts ARFID aufwiesen. Bezüglich der Subtypen wurde SE am häufigsten angegeben (26.1%), gefolgt von FAED (19.3%) und FD (5.0%). Es wurden Komorbiditäten unterschiedlicher Zusammensetzungen gefunden. Untergewichtige Kinder berichteten im Vergleich zu normal- und übergewichtigen Kindern besonders häufig von FAED. SE wurde signifikant häufiger von Jungen als von Mädchen berichtet. Der EDCh-Q zeigte sich faktoriell valide, aber erwartungsgemäß als heterogen.
Schlussfolgerung: Auch wenn für eine Diagnosestellung zusätzliche Experteninterviews unerlässlich sind, zeigen diese Ergebnisse dennoch auf, dass vermeidend/restriktive Essstörungen nicht selten von Kindern berichtet werden. Da früh auftretende Essprobleme ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Essstörungen im Jugend- und Erwachsenenalter darstellen und schlechtere Behandlungserfolge aufweisen, ist eine frühzeitige Erkennung solcher Essprobleme von grosser Bedeutung.