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132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2015, München

Anspruch und Realität in der perioperativen Antisepsis – Ergebnisse einer DGAV-Umfrage

Meeting Abstract

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  • René Hennig - Katharinenhospital, Klinikum Stuttgart, Allgemein- und Viszeralchirurgie, Stuttgart, Deutschland
  • Christian Eckmann - Klinikum Peine, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, Peine, Deutschland
  • Jörg Köninger - Katharinenhospital, Klinikum Stuttgart, Allgemein- und Viszeralchirurgie, Stuttgart, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15dgch548

doi: 10.3205/15dgch548, urn:nbn:de:0183-15dgch5483

Published: April 24, 2015

© 2015 Hennig et al.
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Einleitung: Wundinfektionen (SSIs) treten mit 4-19% noch immer viel zu häufig auf und werden in dieser Größenordnung im allgemeinen akzeptiert. Es gibt Daten mit guter Evidenz, die zur Vermeidung von SSIs beitragen können. Der adäquate Einsatz perioperativer Antibiotikaprophylaxe, Clipping statt Rasur, der Einsatz von Chlorhexidine in der Hautantiseptik und die Handhabung des postoperativen Wundverbandes sind entscheidende Parameter. Um die Realität in deutschen chirurgischen Kliniken bezüglich der Antisepsis abzubilden, haben wir eine DGAV-Umfrage zu dieser Thematik durchgeführt.

Material und Methoden: In diesem Jahr wurde über den Verteiler der DGAV eine Umfrage zur „Evaluation von Maßnahmen zur Vermeidung von Wundinfektionen“ versandt. Alle bis einschließlich 26.09.2014 eingegangenen Rückmeldungen wurden ausgewertet und analysiert. Abgefragt wurden die Themenkomplexe Hautantiseptik, Rasur, Wundverband und perioperative Antibiotikaprophylaxe.

Ergebnisse: An dieser freiwilligen Umfrage haben sich 123 chirurgische Kliniken beteiligt, hiervon 7 Universitätsklinika. Wundinfektionen werden regelmäßig nur in 74/123 (60%) Kliniken erfasst. Es werden SSI-Raten von 0-30% angegeben. Zur Hautantiseptik wird eine ganze Palette an Präpararten vewendet, am häufigsten Braunoderm®(35/123 – 29%), Kodan® (27/123 – 22%) und Cutasept® (12/123 - 10%), Chloraprep® nur an einer Klinik. Für proktologische Eingriffe verwenden die meisten Kliniken Octenisept® (43/123 – 35%) und Braunol® (23/123 – 19%). Präoperativ rasiert, wird an 117/123 (95%) Kliniken, wobei 64/123 (52%) scharf rasieren und 45/123 (37%) clippen. Bei 24% der Kliniken erfolgt die Vorbereitung im OP, bei 66% auf Station am OP-Tag und bei 8% am Vortag der OP. Die zeitgerechte Antibiotikagabe wird beim Team time out in 121/123 (98%) Kliniken abgefragt. Für die Gabe verantwortlich, sind in 77/123 (63%) Kliniken die Chirurgen, in 16/123 (13%) die Anästhesisten und in 28/123 (23%) beide Fachdisziplinen gemeinsam. Bei längeren Eingriffen wird die Antibiose in 93/123 (76%) Kliniken immer und 22/123 (18%) gelegentlich wiederholt. Eine Fortführung der Antibiose wird bei 74% (91/123) abgelehnt und bei 26% (32/123) befürwortet, von 17% (21/123) länger als 24 Stunden. Der erste Verbandswechsel findet in 16/123 (13%) Kliniken am 1. Tag, an 93/123 (76%) am 2. Tag und 14/123 (11%) nach dem 2. Tag postoperativ statt. Die Verbände werden nur von 4 Kliniken am ersten und von 25 Kliniken am zweiten Tag postoperativ weggelassen, während 49/123 (40%) die Verbände für mindestens 5 Tage belassen. Duschen dürfen Patienten in 17/123 (14%) Kliniken am ersten, in 47/123 (38%) am zweiten und 59/123 (48%) nach dem zweiten Tag der Operation.

Schlussfolgerung: Die Angaben zeigen eindrucksvoll, dass die Erfassung von Wundinfektionen unzureichend ist und Traditionen unser Handeln mehr bestimmen als neue, durch wissenschaftliche Studien belegte Erkenntnisse. Aufgrund der Evidenz sollte Chlorhexidine der Vorzug in der Hautantiseptik gegeben werden, da Wundinfektionen um 41% reduziert werden können. Eingesetzt wird das Präparat nur von einer teilnehmenden Klinik. Aufgrund der vorliegenden Evidenz empfiehlt das Robert-Koch-Institut seit 2007 das Clipping. Dennoch wird in 52% der Kliniken im Jahr 2014 scharf rasiert. Chirurgen sollten ihr tägliches Handeln immer wieder auf den Prüfstand stellen. Die konsequente Umsetzung bereits gesicherter Erkenntnisse könnte zu einer signifikanten und ökonomisch relevanten Reduktion von Wundinfektionen führen.