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132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2015, München

Vom 14-tätigen Surgical Delay bis zur 3-stündigen nicht invasiven Gewebepräkonditionierung: Ein klinisch relevanter Fortschritt zur Verringerung der Ischämie-bedingten Weichteilkomplikationen

Meeting Abstract

  • Yves Harder - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, München, Deutschland
  • Daniel Schmauss - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, München, Deutschland
  • Tom Finck - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, München, Deutschland
  • Jian Farhadi - St Thomas’ Hospital, Department of Plastic Surgery, GKT Integrated Cancer Centre, London, SE1 7EH, Großbritannien
  • Hans-Günther Machens - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, München, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15dgch314

doi: 10.3205/15dgch314, urn:nbn:de:0183-15dgch3147

Published: April 24, 2015

© 2015 Harder et al.
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Text

Einleitung: Komplexe chirurgische Eingriffe sind heute an der Tagesordnung. Eine Gemeinsamkeit dieser Eingriffe ist dabei die möglichst komplikationslose Heilung der scharf durchtrennten und nach Bedarf readaptierten biologischen Gewebe. Ischämiebedingte Wundheilungsstörungen können jedoch immer auftreten, gerade auch nach grossflächigen Gewebedissektionen, die meistens an der Körperoberfläche vorgenommen werden müssen. Besonders gefährdet sind dabei die Pedikel-fernen Anteile der Gewebelappen, die aufgrund ihrer randomisierten Durchblutung mit einer Rate von Wundheilungsstörungen bzw. Lappenteilnekrosen von 15 bis 68% einhergehen können. Die Folgen sind zusätzliche Eingriffe, ein längerer Krankenhausaufenthalt und ein anhaltender Arbeitsausfall. Um das Überleben dieser kritisch durchbluteten Weichteile zu verbessern, bedient man sich immer wieder des „Surgical Delays (SD)“. Dafür wird das zu transferierende Gewebe über 14 Tage schrittweise umschnitten. Die dabei induzierte lokale Gewebehypoxie führt im gefährdeten Gewebeareal zu einer Gefässneubildung. Die Gewebepräkonditionierung (PK) mittels supraphysiologischen Stressoren hat sich in experimentellen Ansätzen als ebenso wirksam wie das SD erwiesen. Ziel dieser Studie ist es, die klinische Umsetzung, die Durchführbarkeit und die Wirksamkeit der lokalen Hitze-PK bei standardisierten Brusteingriffen zu untersuchen.

Material und Methoden: Prospektive, randomisierte Studie bei 18 Patientinnen mit Mammareduktionsplastik (MRP: einseitige Hitze-PK) und 50 Patientinnen mit hautsparender Mastektomie und Sofortrekonstruktion der Brust (SSM: 25x Kontrollbrust ohne Hitze-PK; 25x Hitze-PK) eingeschlossen. Die Hitze wurde ~17 Stunden vor dem Wahleingriff lokal auf die Brust angebracht. Dazu wurde eine auf 43°C erwärmte, an die jeweilige Brustform anpassbare Wasserdurchlaufmanschette aus Silikon verwendet, welche für drei Zyklen à 30 Minuten, je unterbrochen von einer 30-minütigen Abkühlphase bei Raumtemperatur, angelegt wurde. Gewebeperfusion (Laser Doppler), Wundheilungsstörungs- und Hautnekroserate, Drainagemenge, sowie Länge des Krankenhausaufenthaltes wurden untersucht.

Ergebnisse: Die Silikonmanschetten wurden gut toleriert. Verbrennungen wurden keine beobachtet. MRP: Die lokale Hitze-PK zeigte im Vergleich zur unbehandelten Gegenseite eine geringere Wundheilungsstörungsrate mit rascherer Abheilung (8% vs. 32%). Trotz lokaler Hyperperfusion der Haut nach Hitzeapplikation, waren die Drainagemengen in beiden Gruppen vergleichbar. SSM: Die Hitze-assoziierte lokale Hyperperfusion der Haut, die am Folgetag im Mastektomielappen nachweisbar war, ging mit einer signifikanten Verringerung der Nekroserate am Hautlappen von 36% auf 12% einher (p<0.05). Die geringere Morbidität resultierte in einer signifikanten Verkürzung des Krankenhausaufenthaltes (Behandlungsgruppe: 4 Tage vs. Kontrollgruppe: 8 Tage; (p<0.001)) und einer kleineren Anzahl an Sekundäreingriffen.

Schlussfolgerung: Die lokale Hitze-PK der Haut bietet eine einfache, nicht-invasive und wirksame Methode, um Ischämie-assoziierte Komplikationen der Weichteile zu reduzieren. Die Hitze-PK verhindert, dass vor Weichteileingriffen mit großflächiger Gewebedissektion zusätzliche chirurgische Prozeduren vorgenommen werden müssen (e.g. SD). Die Herstellung von tragbaren Geräten mit formbaren Silikonmanschetten wird in Zukunft dazu führen, dass die lokale Hitze auch außerhalb der Krankenhausstruktur jeder Körperregion zugeführt werden kann.