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132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2015, München

Optimiertes Management beim schweren stumpfen Bauchtrauma durch „Damage Control“?

Meeting Abstract

  • Joachim Zaage - BG Kliniken Bergmannstrost, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Halle, Deutschland
  • Nadja Weigert - BG Kliniken Bergmannstrost, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Halle, Deutschland
  • Friederike Fiedler - BG Kliniken Bergmannstrost, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Halle, Deutschland
  • Ivan Marintschev - BG Kliniken Bergmannstrost, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Halle, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15dgch100

doi: 10.3205/15dgch100, urn:nbn:de:0183-15dgch1003

Published: April 24, 2015

© 2015 Zaage et al.
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Text

Einleitung: Bis etwa zur Jahrtausendwende wurde im deutschsprachigen Raum bei einem Polytrauma (komplizierte Frakturen in Kombination mit Bauch- und Thoraxverletzungen) nach dem „Glaubensbekenntnis“ der AO verfahren. Das bedeutete die generell initiale Totalversorgung, die auch als aggressive Traumachirurgie oder aggressive Totalversorgung bezeichnet wurde.

Die Voraussetzungen für dieses Konzept schienen durch die Entwicklung der AO-Implantate und die entsprechenden Weiterbildungskurse gegeben.

1993 veröffentlichte Rotondo erstmalig das Prinzip „Damage control“ bei der Behandlung von penetrierenden Bauchtraumen.

Mit diesem Paradigmenwechsel kam es zu einer erheblichen Verbesserung der Komplikations- und Sterberate. Wir wollten den Nachweis führen, dass das „Damage control“-Konzept auch bei schweren stumpfen Bauchverletzungen angewendet werden kann.

Material und Methoden: Um einerseits das Gesamtverletzungsausmaß und damit die Gefährdungskategorie und andererseits die bedrohlichsten Einzelverletzungen möglichst schnell zu erfassen, ist zunächst eine rationelle Diagnostik unerlässlich. Bei den paraklinischen Untersuchungsmethoden unterscheiden wir zwischen Basisdiagnostik und erweiterter Diagnostik. Zur Basisdiagnostik gehörten bei uns Sonographie, Laboruntersuchungen und Nativ- Röntgenuntersuchungen. Die Computertomographie gehörte bisher zur erweiterten Diagnostik. Durch Installation eines 32-Zeilen-Multislice-CT-Gerätes in den Schockraum ist die Untersuchungszeit mit ca. 2 Minuten so kurz, dass die sogenannte „Trauma-Spirale“ bei uns zur Basisdiagnostik aufgerückt ist und sogar Nativ-Röntgenaufnahmen größtenteils überflüssig macht. Die durchschnittliche Schockraumverweildauer beträgt so nur noch 27 Minuten.

Einer unserer wichtigsten Entscheidungsalgorithmen zur Operationsindikation beruht auf der Menge freier Flüssigkeit in der Bauchhöhle (Sonographie, CT) und der Stabilität der Herz- Kreislauf- Situation. Finden wir bei einem Patienten viel freie Flüssigkeit in der Bauchhöhle bei instabiler Hämodynamik – so laparotomieren wir sofort. Andernfalls erweitern wir die Diagnostik und gehen in die Verlaufskontrolle. Eine definitive operative Versorgung erfolgt nur beim kreislaufstabilen Patienten, ansonsten verfolgen wir – im Gegensatz zur früheren „initialen Totalversorgung“ – das Prinzip „Damage Control“ mit Blutungskontrolle, Verschluss von Hohlorganläsionen (ohne Passagewiederherstellung und ohne Ableitung!), Dekontamination, „packing“ des Abdomens, provisorischem Wundverschluss, Stabilisierung auf der Intensivtherapie- Station und definitiver Versorgung erst im Rahmen einer geplanten Relaparotomie.

Ergebnisse: Von März 1996 bis Dezember 2011 haben wir nach diesem Prinzip 1184 Patienten behandelt. Der durchschnittliche ISS betrug 33,9 bei einer Letalität von 10,6%. Durch Sonographie und Computertomographie als Eingangsuntersuchung lässt sich unter Beachtung der Kreislaufsituation bei schwerer Abdominalverletzung innerhalb von wenigen Minuten die Operationsindikation stellen.

Schlussfolgerung: Eine definitive Versorgung des schweren Bauchtraumas streben wir nur noch beim kreislaufstabilen Patienten an. Beim instabilen Patienten ist das Damage Control-Prinzip Ausdruck eines optimierten Managements und nach unseren Ergebnissen auch beim schweren stumpfen Bauchtrauma zu empfehlen.