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132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2015, München

Wird die ASA Klassifikation als einfaches präoperatives Kriterium zur Risikoabschätzung im oberen Gastrointestinaltrakt unterschätzt?

Meeting Abstract

  • Katja Ott - RoMed Klinikum Rosenheim, Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Thoraxchirurgie, Rosenheim, Deutschland
  • Romy Kunzmann - Universitätsklinik Heidelberg, Klinik für Allgemein-, Viszeral-, und Transplantationschirurgie, Heidelberg, Deutschland
  • Tom Bruckner - Universitätsklinik Heidelberg, IMBI, Heidelberg, Deutschland
  • Leila Sisic - Universitätsklinik Heidelberg, Klinik für Allgemein-, Viszeral-, und Transplantationschirurgie, Heidelberg, Deutschland
  • Thomas Schmidt - Universitätsklinik Heidelberg, Klinik für Allgemein-, Viszeral-, und Transplantationschirurgie, Heidelberg, Deutschland
  • Markus W. Büchler - Universitätsklinik Heidelberg, Klinik für Allgemein-, Viszeral-, und Transplantationschirurgie, Heidelberg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15dgch034

doi: 10.3205/15dgch034, urn:nbn:de:0183-15dgch0349

Published: April 24, 2015

© 2015 Ott et al.
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Text

Einleitung: Die ASA Klassifikation wird routinemäßig durch die Anästhesie im Rahmen der Prämedikation angegeben. Es gibt zahlreiche, z.T. auch kontroverse Publikationen zur ASA-Klassifikation und deren Assoziation mit Überleben, Komplikationsrate und Letalität bei unterschiedlichen OP-Verfahren und Tumorentitäten. Häufig wird sie allerdings im klinischen Alltag als untersucherabhängig und wenig relevant betrachtet.

Ziel dieser retrospektiven explorativen Studie ist die Überprüfung der Relevanz einer in der klinischen Routine durch unterschiedliche Anästhesisten erfolgte ASA Klassifikation im Hinblick auf Komplikation, Letalität und Überleben.

Material und Methoden: Anhand einer prospektiv geführten Datenbank erfolgte eine retrospektive Untersuchung von 939 von 2001-2013 resezierten Patienten mit einem Ösophagus- (SCC und AEG) oder Magenkarzinoms (cT1-4, N any, M0/x, /- neoadjuvante (Radio-)Chemotherapie n=387 (41,2%). Bei 608 Patienten wurde ein Einhöhleneingriff, bei 331 ein Zweihöhleneingriff durchgeführt (Ösophagektomie n=351, transhiatal erweiterte Gastrektomie n=200, Gastrektomie n=184, Subtotale Gastrektomie n=196, sonstige n=8). Die ASA Klassifikation liegt zu 912 Patienten vor. Die statistische Aufarbeitung erfolgte mittels Chi²-Test und Kaplan-Meier Analyse mit log-rank Test.

Ergebnisse: 17 (1,9%) Patienten wurden als ASA I, 446 (48,9%) als ASA II, 418 (45,8%) als ASA III und 31 (3,4%) als ASA IV klassifiziert. Bei den weiteren Analysen werden jeweils ASA I/II und III/IV zusammengefasst. Die ASA Klassifikation ist signifikant mit dem Auftreten von Komplikationen (p=0,004), dem Auftreten einer Insuffizienz (p=0,001), pulmonalen Komplikationen (p=0,022) und der Reoperationswahrscheinlichkeit assoziiert (p=0,017). Auch die 30-Tage-Letalität und die Inhospitalletalität sind signifikant mit der ASA Klassifikation assoziiert (jew. p=0,001). Analysiert man die unterschiedlichen OP-Verfahren mit der Zielvariable Komplikationen abhängig von der ASA-Klassifikation zeigen sich nur für die totale Gastrektomie signifikante Unterschiede (p=0,012), mit der Zielvariable komplikationsbedingter Tod gibt es ASA bedingte Unterschiede für die Ösophagektomie (p=0,037), die transhiatal erweiterte Gastrektomie (p=0,008) und die subtotale Gastrektomie (p=0,039). Die Liegedauer auf der Intensivstation unterschied sich abhängig von der ASA Klassifikation mit 7,3 versus 9,6 Tage signifikant (p=0,018), nicht für die Länge des stationäre Aufenthaltes (21,8 versus 23,7, p=0,167).

Patienten mit hohem ASA Score wurden häufiger vorbehandelt (p=0,007).

Die ASA-Klassifikation zeigte einen signifikanten prognostischen Unterschied beim Überleben ab Erstdiagnose (p=0,031) (ASA I/II: median: 39,5 Monate, 3-JÜL:52%, 5-JÜL: 42,6%; ASA III/IV: median: 32,9 Monate, 3-JÜL: 48,8%, 5-JÜL:38,3%). Berechnet man das Gesamtüberleben nach Entlassung ist die ASA-Klassifikation nicht mehr relevant (p=0,476).

Schlussfolgerung: Die routinemäßige ASA Klassifikation hat im klinischen Alltag bezüglich Komplikationshäufigkeit und Letalität signifikanten Einfluss und damit eine sinnvolle Berechtigung und könnte in die indiviudelle Risikoaufklärung einfließen. Eine hohe ASA-Klassifikation ist für die Onkologen kein Ausschlussgrund für eine neoadjuvante Therapie. Nach Entlassung ist die ASA Klassifikation in diesem Kollektiv nicht mehr prognostisch relevant, sondern beeinflusst nur das Kurzzeitoutcome durch die ASA assoziierten perioperativen Todesfälle.