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126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2009, München

Ergebnisse der mikrochirurgischen Rekonstruktion bei schwerer komplexer Knochen-Weichteilschädigung im Fußbereich („mangled foot”): Lohnt sich der Aufwand?

Meeting Abstract

  • corresponding author R. Hierner - Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Zentrum für Interdisziplinäre Rekonstruktive Chirurgie, Mikrochirurgie, Handchirurgie, Verbrennung der Katholischen Universität Leuven, Universitätsklinikum Gasthuisberg, Leuven, Belgien
  • P. Reynders - Traumatologie und Sportmedizin der Katholischen Universität Leuven, Universitätsklinikum Gasthuisberg, Leuven, Belgien
  • G. Matricalli - Orthopädie der Katholischen Universität Leuven, Universitätsklinikum Pellenberg, Leuven, Belgien
  • E. van der Kerckhoven - Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Zentrum für Interdisziplinäre Rekonstruktive Chirurgie, Mikrochirurgie, Handchirurgie, Verbrennung der Katholischen Universität Leuven, Universitätsklinikum Gasthuisberg, Leuven, Belgien

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgch10701

doi: 10.3205/09dgch209, urn:nbn:de:0183-09dgch2093

Published: April 23, 2009

© 2009 Hierner et al.
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Text

Einleitung: Die Bezeichnung “mangled foot” beschreibt eine ausgeprägte kombinierte Knochen-Weichteilschädigung, welche nach der Klassifikation von Gustilo dem Typ IIIB oder IIIC entspricht. Mithilfe der freien mikrochiurgischen Lappenplastiken, ist es technisch durchaus möglich, derartige Verletzungstypen zu rekonstruieren, wobei ihr Stellenwert nicht eindeutig definiert ist.

Material und Methoden: Im Zeitraum von 2003–2006 haben wir 10 Patienten mit einer komplexen Knochen-Weichteilschädigung im Fußbereich im Rahmen einer interdisziplinären Versorgung behandelt. Es handelt sich um 9 Männer und eine Frau. Das Patientenalter betrug 3 – 57 (Durchschnitt: 28,3) Jahre. In 6 Fällen war der rechte Fuß in 4 Fällen der linke betroffen. Der Nachuntersuchungszeitraum betrug minimal 1 Jahr. In einer retrospektiven klinischen Untersuchung haben wir folgende Kriterien untersucht: 1) Unfallmechanismus, 2) Defektlokalisation, 3) Art der Primärbehandlung, 4) adjuvante Therapie, 5) funktionelles Ergebnis, 6) ästhetisches Ergebnis, und 7) soziale Beeinträchtigung.

Ergebnisse: Bei allen 10 Patienten lag ein Hochenergietrauma. In 5 Fallen lag die Verletzung im Vorfußbereich ohne Beeinträchtigung des Rückfußes, in 5 Fällen lag eine kombinierte Vor- und Rückfußverletzung vor. Die Primärbehandlung bestand in Replantation (1x), knöcherne Stabilisierung und frühzeitige (< 72 h) Deckung mithilfe einer mikrovaskulären Lappenplastik, und primärer Nachamputation in 2 Fällen. Bei 7 Patienten war eine Sekundäroperation nötig. Da die Replantation nach Rasenmäherverletzung bei einem Kind im Vorfußbereich nicht erfolgreich war, mußte hier eine Reamputation und eine Deckung mit einer freien Latissimus dorsi Lappenplastik durchgeführt werden. Bei einem weiteren Patienten kam es zu einer Wundheilungsstörung aufgrund eines inadäquaten Wunddebridements, hier erfolgte ein erneutes Wunddebridement mit Skelettkürzung bis zum Chopartgelenk, wobei die zuvor durchgeführte freie Radialis-Lappenplastik für eine spannungsfreien Defektverschluß notwendig war. Eine sekundäre Spalthauttransplantation zur Deckung von Restdefekten war bei 4 Patienten notwendig. Nach abgeschlossener Wundheilung wurden alle Patienten mit einem orthopädischen Spezialschuh nach Maß versorgt. Alle Patienten konnten mindestens 2 Kilometer gehen. Laufen war bei keinem möglich. Eine Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess gelang bei 7 Patienten nach Abschluss eines Jahres. Bei den 8 Patienten mit einer mikrochirurgischen Rekonstruktion (6x Latissimus dorsi, 2x Radialislappen) bestand keine Oberflächensensibilität im Lappenbereich, wohl aber eine Tiefensensibilität durch Periost, Sehnen und Knochen. Bei allen Patienten mit Defetdeckung im Fußsohlenbereich trat innerhalb eines Jahres zumindest eine Druckläsion im Lappenbereich auf. Bei einem Patienten führten wir aufgrund einer nichtheilenden Tibiapseudarthrose, eine sekundäre Unterschenkelamputation durch. Das ästhetische Ergebnis nach Rekonstruktion wurde von den Patienten wie folgt bewertet: akzeptabel (2), möchte Fuß nicht zeigen (2), schlecht (3).

Schlussfolgerung: Die Behandlung der komplexen Knochen-Weichteilschädigung im Fußbereich erfordert ein multidisziplinäres Therapiekonzept. Das Therapieziel ist möglichst viel funktionelle Fußlänge zu erhalten, wobei die freie mikrochirurgische Lappenplastik und die Amputation nicht als konkurrierende sondern als sich ergänzende Therapieverfahren verstanden werden sollen. Die funktionelle Fußlänge wird hauptsächlich durch den plantaren Hautlappen und das Fußskelett determiniert. Für die Behandlung der meist dorsal gelegenen Defekten bevorzugen wir faszio-kutane oder myo-kutane Lappenplastiken. Auf die Bedeutung der lebenslang durchzuführenden orthopädischen Schuhversorgung kann nicht oft genug hingewiesen werden.