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51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

21.09. - 23.09.2017, Düsseldorf

Akupunktur in der Schmerztherapie – psychophysiologische Pilotstudie zur Bedeutung der Reizwiederholung

Meeting Abstract

  • M. Bäcker - Institut für Allgemeinmedizin der Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland; Lehrstuhl für Naturheilkunde und Integrative Medizin der Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • F. Schaefer - Institut für Biologische Psychologie der Bergischen Universität Wuppertal, Wuppertal, Deutschland
  • S. Geidis - Lehrstuhl für Naturheilkunde und Integrative Medizin der Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • R. Poetzschner - Orthopädische Praxis, Gera, Deutschland
  • G. Dobos - Lehrstuhl für Naturheilkunde und Integrative Medizin der Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland

51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Düsseldorf, 21.-23.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17degam152

doi: 10.3205/17degam152, urn:nbn:de:0183-17degam1528

Published: September 5, 2017

© 2017 Bäcker et al.
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Text

Hintergrund: Die Akupunkturtherapie von chronischen Schmerzen besteht in der Regel aus wiederholten Sitzungen. Obgleich dies eine klinische Selbstverständlichkeit darstellt, ist völlig unklar wieso Akupunkturbehandlungen überhaupt wiederholt werden müssen.

Fragestellung: Wir hypothetisierten

1.
dass bei der Behandlung von chronischen Schmerzen die Wiederholung von Akupunktur eine Habituation an die Nadelreize induziert und
2.
dass Habituation an die mit der Akupunktur verbundenen iatrogenen Schmerzreize mit einer klinischen Besserung der Schmerzerkrankung korreliert.

Methoden: Es wurde eine Pilotstudie in Form einer bizentrischen Beobachtungsstudie an 69 Patienten mit chronischen Schmerzen (75% Rückenschmerzen) durchgeführt, die jeweils 10 Akupunkturbehandlungen erhielten. Neben den klinischen Zielparametern Schmerzreduktion, Wohlbefinden und Krankheitsbewältigung wurde die vegetative Antwort über die Aufzeichnung der Hautleitfähigkeit (SCL) kontinuierlich während der einzelnen Akupunktursitzungen aufgezeichnet. Die SCL ist ein direkter Indikator des Sympathikotonus. Habituation müsste sich daher über eine Verminderung der SCL Antwort auf die Nadlung demarkieren.

Ergebnisse: In den Einzelsitzungen zeigte sich eine sympathische Aktivierung während des Setzens der Nadeln, der eine sympathikolytische Entspannungsphase folgte. Eine Habituation der sympathischen Antwort konnte nicht beobachtet werden. Bei einem größeren Teil der Patienten konnte eine Zunahme der Entspannungsreaktion im Verlaufe der wiederholten Sitzungen beobachtet werden. Diese zeigte eine signifikante Korrelation mit dem klinischen Effekt.

Diskussion: Die Ausgangshypothesen konnten nicht bestätigt werden. Relevant erscheint allerdings, dass eine Zunahme der Entspannungsreaktion mit der klinischen Verbesserung korrelierte. Chronische Schmerzpatienten verlieren häufig die Fähigkeit sich zu entspannen. Es wäre denkbar, dass die während der Akupunktur stattfindende Sympathikolyse den Patienten ermöglicht ihre Entspannungsfähigkeit wieder zu entwickeln. Die Reizwiederholung dürfte für die Nachhaltigkeit eines Lernprozesses hin zu einer verbesserten Spannungsregulation notwendig sein.