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Diagnostik und Therapie von Schilddrüsenerkrankungen in Deutschland – Machen wir zuviel?
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Published: | September 5, 2017 |
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Hintergrund: Derzeit wird in Deutschland aufgrund der seit den 80er-Jahren eingeführten Jodprophylaxe nicht mehr als Jodmangelgebiet nach den WHO-Kriterien eingestuft. Die Prävalenz von Schilddrüsenerkrankungen und deren medikamentöse Behandlung lagen damals bei 5,5%.
Fragestellung: Konnte durch die Verbesserung der Jodversorgung ein Rückgang der Schilddrüsenerkrankungen und der dadurch notwendigen Behandlungen erreicht werden?
Methoden: Die „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS1), vom Robert-Koch-Institut zwischen 2008 und 2011 durchgeführt, hat Gesundheitsdaten von fast 8000 Erwachsenen erhoben. Erfasst wurden mittels Selbstangaben unter anderem Prävalenz und Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen, sowie der Bildungsstatus (ISCED) der Untersuchten.
Ergebnisse: Bei den 7987 Teilnehmern im Alter zwischen 18 und 79 Jahren (49,7% Männer, 50,3% Frauen) wurde eine Lebenszeit-Prävalenz von Schilddrüsenerkankungen von 22,4% und eine 12-Monats-Prävalenz von 10,9% erhoben. 11,7% der Untersuchten wurden zum Zeitpunkt der Erhebung mit Schilddrüsenmedikamenten behandelt, wobei ein statistisch signifikanter Unterschied (p=0,04) nach dem Bildungsstatus (niedrig 13,5%, mittel 11,7%, hoch 10,1%) festgestellt wurde.
Diskussion: Obwohl sich die Jodversorgung seit den 1980er Jahren kontinuierlich verbessert hat, ist die Anzahl der medikamentös behandelten Schilddrüsenerkrankungen nicht zurückgegangen, sondern gestiegen. Zusäztlich finden sich signifikante Behandlungsunterschiede in Abhängigkeit vom Bildungsstatus der Patienten. Weitere Untersuchungen sollten unternommen werden, um zu überprüfen, ob tatsächlich alle Behandelten auch eine Therapie brauchen. In Anbetracht der Behandlungsunterschiede bezogen auf den Bildungsstatus, kann eine Überbehandlung von Schilddrüsenveränderungen vermutet werden.