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51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

21.09. - 23.09.2017, Düsseldorf

Neuere Antiepileptika in der Schmerztherapie – eine Registerdatenauswertung

Meeting Abstract

  • A. Viniol - Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, präventive und rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • T. Ploner - Institut für angewandte Gesundheitsforschung Berlin, Berlin, Deutschland
  • L. Hickstein - Institut für angewandte Gesundheitsforschung Berlin, Berlin, Deutschland
  • J. Haasenritter - Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, präventive und rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • N. Donner-Banzhoff - Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, präventive und rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • A. Becker - Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, präventive und rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland

51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Düsseldorf, 21.-23.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17degam029

doi: 10.3205/17degam029, urn:nbn:de:0183-17degam0294

Published: September 5, 2017

© 2017 Viniol et al.
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Text

Hintergrund: Die Wirkstoffe Pregabalin und Gabapentin, nachfolgend P/G genannt, sind für die Behandlung von neuropathischen Schmerzen zugelassen. Studien zeigen kleine Therapieeffekte für isolierte neuropathische Schmerzsyndrome. Für die Anwendung bei Patienten mit gemischten chronischen Schmerzen gibt es keine Evidenz. Dennoch wurden im Jahr 2015 128 Millionen Tagesdosen P/G verordnet.

Fragestellung: Wie hoch ist die Verordnungs-Prävalenz und Inzidenz von P/G? Was sind die typischen Anwendungsgebiete für P/G? Welche schmerz-bezogenen Diagnosen liegen bei P/G-Anwendern vor? Wie ist die Absetzquote von P/G?

Methoden: Im Rahmen einer Sekundärdatenanalyse wurden anonymisierte Abrechnungsdaten von gesetzlichen Krankenkassen deskriptiv analysiert. Die Stichprobe enthielt Daten von verordneten Arzneimitteln, abgerechneten Diagnosen und soziodemografischen Informationen von 6,7 Millionen Versicherten aus den Jahren 2009-2015.

Ergebnisse: Die Verordnungszahlen steigen jährlich an. Im Jahr 2015 bekamen 1,6% der Versicherten eine P/G-Verordnung ausgestellt. Die Mehrheit der Patienten (77,9%) bekommt P/G zu Behandlung von Schmerzen. Unter diesen Schmerzpatienten, liegt bei 21,7% eine typisch neuropathische Schmerzerkrankung mit nachweislichem Nutzen einer P-G-Therapie vor. Bei den verbleibenden P/G-Neubeziehern liegt entweder keine neuropathische Schmerzdiagnose vor oder eine Diagnose bei der eine neuropathische Komponente pathophysiologisch denkbar wäre, jedoch keine Evidenz für den Einsatz von P/G vorliegt. Die Absetzquote von P/G ist hoch; bei 51.9% der Fälle kam es nach Neu-Verordnung, innerhalb von zwei Jahren, zu keiner Folgeverordnung.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass P/G unabhängig von einer neuropathischen Schmerzdiagnose bei chronischen Schmerzen sehr weit verbreitet eingesetzt wird. Dies steht im Wiederspruch zu der nicht vorhandenen Evidenz. Die hohe Absetzquote deutet darauf hin, dass die erhofften Therapieeffekte ausbleiben und/oder unerwünschte Wirkungen auftreten.