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48. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

18. - 20.09.2014, Hamburg

Die Intensivierung des Arzt-Patient-Dialogs bei multimorbiden Patienten führt zu einer Zunahme der eingenommenen Medikamente – Ergebnisse der MultiCare AGENDA Studie (ISRCTN46272088)

Meeting Abstract

  • H. Kaduszkiewicz - Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Institut für Allgemeinmedizin, Kiel, Deutschland
  • A. Altiner - Universität Rostock, Institut für Allgemeinmedizin, Rostock, Deutschland
  • C.-O. Stolzenbach - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • A. Ernst - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • A. Mortsiefer - Universitätsklinikum Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Deutschland
  • C. Löffler - Universität Rostock, Institut für Allgemeinmedizin, Rostock, Deutschland
  • B. Wiese - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland
  • J. Prokein - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland
  • M. Scherer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • H. van Den Bussche - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • I. Schäfer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 48. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Hamburg, 18.-20.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14degam044

doi: 10.3205/14degam044, urn:nbn:de:0183-14degam0445

Published: September 11, 2014

© 2014 Kaduszkiewicz et al.
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Text

Hintergrund: Die in Deutschland kurzen Konsultationszeiten können bei multimorbiden Patienten zu einer Vernachlässigung der langfristigen Behandlungsplanung führen, evtl. auch zur Polypharmazie. Diese Studie untersucht, ob eine komplexe Intervention, die eine Intensivierung der Arzt-Patient-Kommunikation und einen Medikationscheck beinhaltet, eine Reduktion der Polypharmazie bewirken kann. Unsere Hypothese: Die Intervention reduziert die eingenommene Medikation um ≥0,5 Medikamente pro Patient – bei gleichbleibender Lebensqualität.

Methodik: Multizentrische, cluster-randomisierte, kontrollierte Studie in hausärztlichen Praxen. Patienten: 65–85 Jahre, ≥3 chronische Erkrankungen. Intervention: Hausärzte erhalten Schulungen zu narrativen Gesprächen und Medikamentenchecks. Pro Patient zwei Perspektivengespräche und ein narratives Brown-Bag-Review. Kontrolle: care as usual. Dauer: 1 Jahr. Pre/Post-Erhebung der tatsächlich eingenommenen Medikamente bei Patienten daheim. Statistische Auswertung mittels linearer Regression kontrolliert für Störvariablen (Soziodemographie/Depression) und Clustereffekte (Zentren/Praxen).

Ergebnisse: 55 Hausarztpraxen wurden randomisiert. 648 Patienten konnten in die Studie eingeschlossen werden. Durchschnittsalter 74 ± 5 Jahre, 55% weiblich. Anzahl der Medikamente zur Baseline in beiden Gruppen: 7 ± 3. Drop-Out-Rate: 7%. Nach einem Jahr nahm die Interventionsgruppe im Durchschnitt 0,53 Medikamente mehr ein als die Kontrollgruppe. Der Effekt war statistisch signifikant (p=0,019) und nach unserer Definition bei Studienbeginn klinisch relevant. Die Lebensqualität unterschied sich nicht zwischen den Gruppen.

Schlussfolgerung: Die Intervention hat einen Effekt auf Polypharmazie, allerdings wird die Anzahl der Medikamente größer, nicht kleiner. Naheliegend aus den Erfahrungen der Vorstudie ist, dass bei den intensiven Gesprächen Probleme und Bedarfe auf die Tagesordnung kamen, die bisher vernachlässigt worden waren – und nun medikamentös angegangen werden. Möglich ist aber auch eine bessere Adhärenz der Patienten nach den intensiven Gesprächen.