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Moderne Sprachaudiometrie in der Begutachtung des Hörvermögens
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Published: | September 21, 2011 |
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Hintergrund: In Deutschland bilden die sprachaudiometrischen Befunde die wichtigste Grundlage zur quantitativen Bestimmung des Hörvermögens und des resultierenden Grades der Schädigungsfolgen (GdS) bzw. der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Anhand der Tabelle von Boenninghaus und Röser (1973) wird aus den Ergebnissen des Freiburger Sprachverständlichkeitstests ein prozentualer Hörverlust für Sprache ermittelt. Inzwischen stehen modernere sprachaudiometrische Verfahren zur Verfügung, die eine Aktualisierung der Hörverlustbestimmung ermöglichen. Im Rahmen der Audiologie-Initiative Niedersachsen wurden Vorschläge erarbeitet, um diese in den Begutachtungsprozess einzubinden.
Vorschläge: a) Modernere Sprachtestverfahren in Ruhe als Alternative zum Freiburger Sprachtest: 1. Freiburger Zahlen/Göttinger Satztest: Zwischen den beiden Verfahren ergab sich eine hohe Korrelation (r>0,8). Der Austausch ist somit prinzipiell möglich. Statt des Hörverlustes für Zahlen würde der Hörverlust für Sätze in die Berechnung eingehen. 2. Freiburger Einsilber/WaKo-Einsilber-Reimtest: Um die bisherigen Tabellen weiterhin verwenden zu können, ist es notwendig den WaKo bei einer Pegelreduktion von 20 dB gegenüber dem Freiburger Einsilbertest darzubieten. In experimentellen Studien zeigten sich bei dieser Pegelreduktion vergleichbare Ergebnisse mit beiden Verfahren. Auch in der klinischen Routine konnten die Ergebnisse grundsätzlich bestätigt werden. Allerdings kann das geschlossene Testformat des WaKo-Tests für bestimmte Personengruppen, z.B. Personen mit Leserechtschreibschwäche oder Personen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, problematisch sein. b) Integration des Sprachverstehens im Störgeräusch: Auf Grundlage einer Datenbasis von 172 Patienten wurde eine Tabelle zur Bestimmung eines prozentualen Hörverlusts für Sprache im Störgeräusch aus der 50%-Sprachverständlichkeitschwelle des Göttinger Satztests im Störgeräusch entwickelt. Es wurde ein Berechnungskonzept erstellt, um den Hörverlust im Störgeräusch neben dem Hörverlust in Ruhe in den Begutachtungsprozess zu integrieren.
Fazit: Unter Verwendung von modernen sprachaudiometrischen Verfahren ist es möglich alle Schwerhörigen auf Basis ihrer Befunde in Ruhe und im Störgeräusch zu bewerten. Aktuell läuft eine multizentrische Studie an, die dazu dienen soll, die Validität und Anwendbarkeit der vorgeschlagenen sprachaudiometrischen Verfahren und des vorgeschlagenen Berechnungskonzepts in der klinischen Routine zu überprüfen.