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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Evaluation von chirurgischem Koordinationstraining: Lerneffekt am Modell objektivierbar

Evaluation of surgical coordination: learning results on model training

Originalarbeit Humanmedizin

  • corresponding author Joachim H. Schneider - Universität Tübingen, Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Tübingen, Deutschland
  • author Frank Granderath - Universität Tübingen, Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Tübingen, Deutschland
  • author Dominik Kowalsky
  • author Alfred Königsrainer - Universität Tübingen, Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Tübingen, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2007;24(1):Doc73

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/journals/zma/2007-24/zma000367.shtml

Received: December 19, 2006
Published: February 16, 2007

© 2007 Schneider et al.
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Zusammenfassung

Die Augen-Hand Koordination ist beim Einsatz von Monitoren in Diagnostik und Therapie von entscheidender Bedeutung für den angestrebten Erfolg. Dabei muss das zweidimensionale Monitorbild anatomisch korrekt interpretiert und der Einsatz von Instrumenten bei fehlender Tiefenwahrnehmung koordiniert werden. Der Tübinger Geschicklichkeitstrainer wurde für große Studentenkohorten nicht nur für ein Basistraining zur Erlangung von manuellen Fertigkeiten entwickelt, sondern auch um diese mit geringem Dozentenaufwand evaluieren zu können. Bei insgesamt 125 Studienteilnehmern wurde ein einhändiges und beidhändiges chirurgisches Basistraining für Medizinstudenten in verschiedenen Ausbildungsstadien und Ärzten in der chirurgischen Weiterbildung durchgeführt. Als Variablen wurden Fehlerquote und Zeitbedarf computergestützt aufgezeichnet. Bei Studenten und PJ Studenten sanken Fehlerzahl und Zeitbedarf beim einhändigen und beidhändigen Training im zweiten Durchgang. Damit konnte ein Trainingserfolg objektiviert werden. In der Gruppe der Ärzte zeigte sich beim beidhändigen Training im zweiten Durchgang eine Minderung der Zeit, die mit einer erhöhten Fehlerrate einherging. Der Tübinger Geschicklichkeitstrainer fand im Zuge der Skills Lab Ausbildung bei Studenten und Ärzten hohe Akzeptanz und hat sich beim Training und für die Evaluation manueller Basisfertigkeiten in der studentischen Medizinausbildung bewährt.

Schlüsselwörter: Geschicklichkeitstraining für Medizinstudenten und junge Ärzte

Abstract

The eye-hand coordination is important in the use of monitors performing successfully diagnostic and therapeutic procedures. It is necessary to interpret the screen on the monitor anatomical correctly in order to coordinate instruments without the intention of depth. The Tübinger Skills Trainer (TST) was manufactured not only for great cohorts of students but also to evaluate manual skills without great numbers of controllers. Younger and senor students and younger surgeons were studied. Mistakes and time duration were registered by the PC. In the group of the students mistakes and time durations were decreased in the second trial. Therefore the measuring of the training effect is objective. In the third group the training with both hands showed a diminished time space but an increase of the mistakes. The Tübinger Sills Trainer was fully accepted by students and is reliable to use it for medical education.

Keywords: skills training for medical students, postgraduates


Einleitung und Fragestellung

Nahezu alle medizinischen Fachbereiche setzen in Diagnostik und Therapie Monitore ein, die anatomische Strukturen und instrumentelle Fertigkeiten bei veränderter Tiefenwahrnehmung als 2D-Bild zu visualisieren haben. Unter diesen Bedingungen ist die Augen-Hand-Koordination – sei es beim Führen eines Ultraschallkopfes oder höherwertiger endoskopisch-interventioneller Verfahren- essentiell. Ein Training findet dafür in der frühen Ausbildung von Medizinern kaum Berücksichtigung. Die fehlende direkte Sicht auf das Arbeitsfeld macht es nicht nur notwendig, die Wirklichkeit als Bild korrekt zu interpretieren, sondern den instrumentellen Einsatz von Sonden, Punktionsinstrumenten oder operativem Werkzeug gegebenenfalls unter Verzicht auf haptische Wahrnehmung und fehlendem Geweberückkoppelung sicher zu beherrschen. Entscheidungsfindung und die Augen-Hand Koordination sind dabei nach Spencer [1] die wichtigsten Größen, die über das Erreichen eines diagnostischen oder therapeutischen Zieles unter Vermeidung von Komplikationen am Patienten entscheiden. In der Medizinausbildung wurde diesem Trend durch Entwicklung zahlreicher physikalischer, virtueller oder in Echtzeit konstruierter Trainingsmodelle [2] Rechnung getragen [3]. Denn es besteht über die von Pollok [4] und anderen [5] formulierte Tatsache weitgehendst Übereinstimmung, dass die Beschreibung der Durchführung einer Prozedur nicht gleichbedeutend mit der Schwierigkeit ihrer faktischen Durchführung ist.

Da die Novellierung der Approbationsordnung für Ärzte und Ärztinnen auch die Prüfung praktischer Fertigkeiten vorsieht, stellt sich die Frage, wie eine solche Evaluation basisorientiert für große Kohorten von Studenten, ohne den Einsatz einer Vielzahl von Dozenten durchzuführen ist? Unter "praktischen Fertigkeiten“ soll hier die Kompetenz definiert werden, die kognitives Wissen mit erfolgsorientierter manueller Geschicklichkeit zu verbinden weiß. Auch wenn es ein gängiges Prinzip ist, durch Bewertung Qualität zu steigern [6], so liegt der Schwerpunkt in der Ausbildung von Medizinern vornehmlich darin, durch Testierung Trainingseffekte zu verbessern. Die Bewertung hat in diesem Zusammenhang Kontrollfunktion. Das Aufzeigen von Stärken und Schwächen hat motivierenden Charakter, zumal dann, wenn sich Lernerfolge bei entsprechendem Versuchsdesign im Moment der Entstehung dokumentieren und darstellen lassen. Die computergestützte Evaluation eines Trainingserfolges hat den weiteren positiven Aspekt, gerechter zu beurteilen, weil physikalische Beurteilungsparameter wie Zeit und Fehlerquote unabhängig von der subjektiven Sicht eines jeweiligen Dozenten erhoben werden können. Ein so gestaltetes Bewertungssystem ist präziser, verlässlicher und praktikabler [7].

Um die u.a. von Darzi [8] und Satava [9] international abgestimmten Standards in der Medizinerausbildung für praktische Befähigungen umsetzen zu können, wurde im Skillslab der Klinik ein einfacher Geschicklichkeitstrainer computergestützt mit einer Software so kombiniert, dass messbare Leistungskontrollen von manuellen Fertigkeiten durch objektive physikalischen Parameter an größeren Studentenkollektiven für die medizinische Basisausbildung mit geringem Dozentenaufwand akquiriert werden können.


Material

Der Geschicklichkeitstrainer

Wir entwickelten für das Wochenpraktikum im 5. klinischen Semester (WS 05/06) einen Geschicklichkeitstrainer, der in seiner Basiskonstruktion eine Weiterentwicklung des Karlsruher Endoskopietrainers darstellt. Der Aufbau des Trainers besteht aus einer Grund- und Deckplatte. Auf der Grundplatte sind der Mikroprozessor und die Einschubhalterung von Modulen installiert. Da der Tübinger Geschicklichkeitstrainer (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]) modular aufgebaut ist, lassen sich im weiteren Fortgang der Entwicklung höherspezialisierende Aufgabenstellungen, mit unterschiedlichen Modulen dieses einen Grundmodells realisieren. Drei Kippschalter ermöglichen die Auswahl unterschiedlicher Tests. Die Deckplatte verhüllt den direkten visuellen Kontakt des Auges mit dem jeweiligen Modul und trägt in der Grundausstattung die über Gummiplatten eingeführten Trainingsstäbe, die ein- und beidhändig aktiviert werden können. Notwendigerweise ist auf der Deckplatte die Standardoptik montiert, die in diesem Fall starr fixiert ist, um Studenten bei anfänglichem Trainingsstand das einhändige oder im fortgeschrittenen Stadium die bimanuelle Arbeit am Trainer ohne Assistenz zu ermöglichen. Der Einsatz eines Mikroprozessors lässt es zu, in "real time“ physikalische Größen wie die benötigte Zeit und die dabei gemachten Fehler individuell und als Gruppenleistung festzuhalten. Rechtsseitig sind die Verbindungskabel zum Monitor und PC so montiert, dass sie anwenderfreundlich dem Trainierenden nicht zusätzliche Aufmerksamkeit rauben.

Das Grundmodul

Das Grundmodul ist dem Querschnitt eines menschlichen Magens nachempfunden, in dessen schüsselförmigem Grund 15 Leuchtdioden unterschiedlicher Farben eingelassen sind. Jede kreisrunde Leuchtdiode besteht peripher aus einem Hohlstab und in seinem Zentrum aus einem Eisenkern, der mit dem äußeren Hohlstab durch eine Plexiglasscheibe getrennt ist. Der Gesamtdurchmesser der Diode beträgt 5mm. (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]) Ein Mikroprozessor steuert zufallsgeneriert das Aufleuchten eines Plexiglasringes der Leuchtdioden in roter und grüner Farbe. Sobald der Student mit Hilfe des Trainingsstabes die Leuchtdiode punktgenau trifft, löscht der Mikrocontroller das Licht dieser Leuchtdiode und erhellt zufallsbedingt eine der übrigen anderen 14 Dioden. Die Aufgabe der Studenten besteht darin, nicht nur das Ziel genau mit Hilfe eines zweidimensionalen Monitorbildes anzusteuern, sondern die gestellten Aufgaben in einer bestimmten Zeit zu absolvieren. Um das Training zu vereinfachen, sind die Trainingsstäbe für die rechte und linke Hand wahlweise roten und grünen Leuchtdioden zugeordnet, die vom Testteilnehmer allerdings auch in umgekehrter Handhabung angesteuert werden können. Beim beidhändigen Arbeiten ist die Aufgabe erst dann gelöst, wenn die Leuchtdiode mit beiden Teststäben simultan Kontakt hat. Das Zeitintervall vom Ab- und Anschalten der nächsten Diode wird vom Prozessor registriert, ebenso wie die inkorrekte Berührung des äußeren Hohlstabes, die zu einer Fehlermeldung an das Auswertesystem führt.

Der Mikroprozessor

Als Mikrocontroller wird ein sogenannter "Atmel Butterfly Board“ der Firma Atmel verwendet. Das Steuerungsprogramm wurde in C geschrieben und nach dem Kompilieren direkt in Maschinensprache auf den Mikroprozessor übertragen. Der Mikrocontroller kommuniziert mit einem eingebauten LCD Display (low cristal display) und einer Ausgabe über der seriellen Schnittstelle eines PC´s.

Das Auswerteprogramm

Über eine serielle Schnittstelle werden die digitalisierten Daten vom Mikrocontroller in eine PC-Software eingelesen, die die Fehler und Zeitdifferenzen der LCDs für einzelne Studienteilnehmer und der jeweiligen Gruppe festhält und summiert. Die Speicherung und Auswertung dieser speziellen Datei erfolgt in einer Exeldatei.

Studienkollektiv

Der Geschicklichkeitstrainer wurde bei drei Studienkollektiven durchgeführt: In Gruppe I wurden Studenten des 5. klinischen Semester, in Gruppe II PJ Studenten und in Gruppe III Ärzte und Ärztinnen in der chirurgischen Weiterbildung zusammengefasst. Ingesamt wurden 125 Teilnehmer in die Studie eingeschlossen. In der Gruppe I befanden sich 108 Studienteilnehmer, in Gruppe II 10 Studenten im Praktischen Jahr und in Gruppe III 7 junge Ärzte und Ärztinnen in der chirurgischen Weiterbildung. Studenten des 5. Semesters stellten die Zielgruppe der Studie dar, während die PJler und Jungärzte und Ärztinnen in der Weiterbildung wegen ihres fortgeschritteneren Ausbildungsstandes als Kontrollgruppen mit weniger Teilnehmern geplant waren.


Methoden

Das Training der Studenten am Geschicklichkeitstrainer war Teil des Lehrplanes im Wochenpraktikum des 5. klinischen Semesters, das im Skills Lab der Klinik durchgeführt wurde. Über die an der Stirnseite eingelassenen Kippschalter des Trainers wurden den Studienteilnehmern zwei unterschiedliche Aufgaben angeboten: das einhändige und beidhändige Arbeiten. Zur Feststellung eines möglichen Trainingseffektes wurden die jeweiligen Aufgaben zwei Mal hintereinander durchgeführt. Dabei wurde dafür Sorge getragen, dass Trainingsteilnehmer einer Gruppe in der gleichen Reihenfolge während zweier Durchgänge trainierten, um neben der Gruppen- auch individuelle Evaluation der Lernleistung zu ermöglichen.

Zur Auswertung kamen die oben erwähnten Variablen:

1.
die Zeitdauer vom Aus- bis zum Anschalten einer Leuchtdiode,
2.
die Fehlerquote, die beim Berühren des peripheren Hohlstabes einer jeden Leuchtdiode gezählt wurde.

Die Lernfähigkeit wurde als Minderung der Zeitdauer oder Vermeidung von Fehlern bei gleichbleibenden Untersuchungsbedingungen definiert.

Alle Studienteilnehmer erhielten von einem Dozenten eine kurze Einführung in das System.

Die Akzeptanz des Geschicklichkeitstrainers und des Trainingsprogramms wurde nach Beendigung der Übungen mit Hilfe eines Evaluationsbogens erfragt.

Statistische Auswertung

Alle Daten wurden als Mediane dargestellt. Nicht paarige Gruppen der jungen und älteren Studenten sowie der Ärzte wurden mit dem Mann-Whitney U-Test miteinander verglichen. Die Daten der mit und ohne Trainingseffekt gemessenen Studienteilnehmer (im ersten und zweiten Durchgang) wurden mit dem Wilcoxon Test statistisch ausgewertet. Ein p-Wert <0.05 wurde als signifikant bewertet. Alle der statistischen Berechnungen wurden mit dem kommerziell erhältlichen PC gesteuerten JMP System durchgeführt.


Ergebnisse

1. Fehlerhäufigkeit im Vergleich der drei Gruppen bei einhändiger Bedienung des Geschicklichkeitstrainers

Der Vergleich der Häufigkeit der Fehlerquoten zeigt keinen signifikanten Unterschied in den drei Gruppen im ersten Durchgang. (p=0,8) Die Senkung der Fehlerhäufigkeit im zweiten Durchgang in allen drei Kohorten ist dabei nicht einheitlich und beträgt in Gruppe eins 41; in Gruppe zwei 34 und in Gruppe drei 18%. Auch wenn Abnahme der Fehler im zweiten Durchgang in der dritten Gruppe am geringsten ist, so liegt das Fehlerniveau deutlich unter dem der anderen Gruppen. Ein signifikanter Unterschied ergab sich zwischen dem ersten und zweiten Durchgang. (p<0,05) (siehe Abbildung 3 [Abb. 3]).

2. Die Zeitdauer im Vergleich der drei Gruppen bei einhändiger Bedienung des Geschicklichkeitstrainers

Die Zeitdauer zur Beendigung der gestellten Aufgabe ist im ersten Durchgang in den drei Gruppen nicht signifikant verschieden (p=0,3). Die Reduzierung der Zeitdauer im zweiten Durchgang beträgt in Gruppe eins: 18 (p < 0,05) in Gruppe zwei: 36 (p< 0,05) und in Gruppe drei: 46%. (p<0,003)

Aus der Synopse von Fehlern und Zeit zeigt sich bei allen drei Gruppen bei einhändiger Ausbildung am Tübinger Geschicklichkeitstrainer der Lerneffekt durch den geminderten Zeitbedarf, bei dem weniger Fehler bei gleichem Trainingsaufbau gemacht wurden (siehe Abbildung 4 [Abb. 4]).

3. Fehlerhäufigkeit im Vergleich der drei Gruppen bei beidhändiger Bedienung des Geschicklichkeitstrainers

Die Fehlerhäufigkeit des Trainings der Hand-Augenkoordination mit zwei Händen zeigt im Vergleich der Gruppen einen signifikanten Unterschied der Gruppe I im Vergleich mit Gruppe II 40%; (p<0,05) und der Gruppe III 35% (p<0,05). Der Vergleich der Trainingseffekte beim 2. Durchgang zeigt in Gruppe I eine Minderung der Fehlerquote von 10 % (p<0,05). In Gruppe II 12% (0,05). In Gruppe III stieg die Fehlerquote im zweiten Durchgang in Abweichung aller übrigen Gruppen und vorangegangenen Trainingseinheiten um 45%. (p=0,08) (siehe Abbildung 5 [Abb. 5]).

4. Zeitdauer im Vergleich der drei Gruppen bei beidhändigem Training mit dem Geschicklichkeitstrainer

Die Analyse des Zeitbedarfs beim beidhändigen Arbeiten am Geschicklichkeitstrainer zeigt im Gruppenvergleich signifikante Unterschiede auch im ersten Durchgang. (p<0,01) (siehe Abbildung 6 [Abb. 6]). Der Vergleich des zweiten Durchganges zeigt nur zwischen Gruppe I und II einen signifikanten Unterschied. (p<0,003) Und der Vergleich beiden Durchgänge zeigt eine nicht signifikante Minderung des Zeitbedarfs. (p= 0,08). In der Zusammenschau von Zeitbedarf und Fehlerquote zeigen Studenten und PJ-ler ähnliche Trainingeffekte in beiden Testverfahren (einhändig und beidhändig). In der Gruppe der Ärzte führt die Zeitverkürzung allerdings zu einer Erhöhung der Fehlerquote im zweiten Durchgang bei beidhändigem Training.

5. Ergebnis des Auswertebogens über die Akzeptanz eines Geschicklichkeitstrainers in der Basisausbildung für Medizinstudenten

Die Frage, ob ein solches Geschicklichkeitstraining sinnvoll sei, wurde von 98% der Studierenden bejaht. Die Selbsteinschätzung, ob das Training ihnen "geholfen“ habe, wurde überwiegend vorsichtig mit "etwas“ angegeben. Die technische Ausführung wurde gut bis sehr gut eingeschätzt, insbesondere fand die Software hohe Akzeptanz.


Diskussion

Der Tübinger Geschicklichkeitstrainer wurde entwickelt, um praktische Fertigkeiten mit größeren Studentengruppen personalsparend zu trainieren und über physikalische Bewertungsparameter zu einer objektiven Leistungsanalyse zu gelangen. Dabei stützt sich diese Untersuchung auf den Trend Trainingsmodelle und Simulatoren in der Lehre für Studenten einzusetzen [10]. Die vorgelegte Studie konnte zeigen, dass bei Wiederholung der gestellten Aufgaben die Parameter Zeit und Fehlerhäufigkeit in der Gruppe der Studenten und PJ-ler zwischen 20 und knapp 50% gesenkt werden konnten. Das Absinken des Zeitbedarfs und der Fehlermenge wurde als Zeichen des Lerneffektes (im zweiten Durchgang) gewertet. Das Ausbleiben dieses Ergebnisses bedeutet bei Multivarianz der Aufgabe allerdings nicht zwingend den fehlenden Lerneffekt. So konnte u.a. in der Gruppe Ärzte die Zeit im zweiten Durchgang gemindert sein, dafür wurden aber erheblich mehr Fehler im gleichen Durchgang verursacht. Für die letztgenannte Gruppe bedeutet dies den Nachweis einer positiven Korrelation zwischen Zeitdauer und Fehlerhäufigkeit. Ein rasches Tempo der Durchführung des Trainings führte in dieser Studie damit nicht generell zu einer erhöhten Fehlerzahl. Eine Erklärung für dieses Phänomen kann der unterschiedliche Trainingszustand manueller Fertigkeiten in den untersuchten Gruppen sein, der sich besonders stark bei schwereren Aufgaben wie dem beidhändigen Training zeigte. So war die Gruppe der PJ-Studenten im beidhändigen Training allen anderen Gruppen signifikant überlegen und löste die Kohorte der Ärzte, die das Studiendesign als Kontrollgruppe vorgesehen hatte, als Referenzgruppe unerwartet ab. Eine weitere Erklärungsmöglichkeit mag der unterschiedliche Motivationsgrad von Studenten und Ärzten in der Weiterbildung sein. Ärzte oder Ärztinnen, die bereits über operative oder interventionstechnische Erfahrung verfügen, gehen möglicherweise anders mit modellhaften Geschicklichkeitsaufgaben um, als hochmotivierte, ihre eigenen Fähigkeiten erst selbsttestenden Studenten.

Es hat sich gezeigt, dass der sogenannte "fulcrum effect,“ der sich beim Einführen von Kathetern über die Haut als Infusionskatheter oder als Drainagen am Thorax und Abdomen nachweisen läßt, indem sich eine Umkehr der Bewegungsrichtung einstellt, sobald ein Instrument um einen invariablen Punkt gedreht wird, ein durchaus geeigneter Effekt ist, die Augen-Hand Koordination zu testen. Wird nämlich die Hand nach rechts geführt, so bewegt sich die Spitze des Katheters oder im Fall unserer Studie des Trainingsstabes nach links. Der "fulcrum effect“ wies in unserer Studie diskriminante Validität auf und führte zu einer guten Unterscheidbarkeit von Trainierten und Untrainierten. Der "fulcrum effect“ eignet sich weiter dazu, die Lernfähigkeit praktischer Fertigkeiten zu testen, da er schnell erlernbar zu sein scheint, wie das Absenken der Fehlerquote und die verkürzte Zeitdauer im Vergleich des ersten und zweiten Durchganges bei ein- und beidhändigem Arbeiten aller drei Gruppen nahe legt. Der Vergleich der drei Lernkurven entsprechend der drei untersuchten Gruppen zeigte den höchsten Lerneffekt in der Gruppe der PJ Studenten. Eine Erklärung für dieses Phänomen konnte mit Hilfe dieses Studienaufbaus nicht sicher geführt werden. Die Selbsteinschätzung der Studenten und die Objektivierung des Lernerfolges waren in unsere Studie diskrepant. Die Studenten haben ihre manuellen Fertigkeiten objektiv während des Trainings verbessern können, ohne dies allerdings in ihrer Selbsteinschätzung nachvollzogen zu haben. Ausdruck dieser Unsicherheit mag sein, dass keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen und zwischen dem ersten und zweiten Durchgang bestanden.

Als nachteilig stellte sich die Wahl der roten und grünen Leuchtdioden für einen Studenten heraus, der eine Rot-Grün-Sehschwäche aufwies und in der Kohorte überproportional großen Zeitbedarf mit vielen Fehlern kombinierte. Statistisch wurde dieses Handicap durch die Berechnung der Medianwerte eliminiert.

Unbestritten bleibt in dieser Studie auch, dass sie keinen Hinweis für die Nachhaltigkeit der gelernten Fertigkeiten liefert, da der zweite Durchgang unmittelbar im Anschluss an den ersten erfolgte. Die Nachhaltigkeit gelernter Fähigkeiten aber erst die Garantie für ein sicheres Vorgehen am Patienten gewährleistet.

Es ist den Autoren darüber hinaus völlig bewusst, dass mit dem Bau und der Entwicklung des Tübinger Geschicklichkeitstrainers keine operative Situation simuliert wird, in die weit komplexere psychologische und motorische Faktoren implementiert sind, als an einem mechanischen Modell simuliert werden können, dennoch kann die Lernkurve operativer Verfahren durchaus durch den Einsatz von Simulatoren verkürzt werden [11].

Zusammenfassend hat sich der Tübinger Geschicklichkeitstrainer als ein zuverlässiges Trainingsgerät erwiesen, das neben einer hohen Akzeptanz durch Medizinstudenten auch die Evaluation manueller Fertigkeiten großer Kohorten mit wenigen Dozenten einfach bewerkstelligte.


Danksagung

Danksagung: Diese Arbeit basiert im Wesentlichen auf Ideen und der Initiative von Herrn Prof. P. Schweizer, dessen Input vor allem die chirurgischen Disziplinen in der Tübinger Medizinausbildung seit Jahren maßgeblich prägt.


Literatur

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Kühnapfel U. Ein virtual-reality Trainingssystem für Laparoskopie. Biomed Jour. 1998;51:4-7.
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Pollok AV. How do we measure surgical competence. Eur J Surg. 1960;162(5):355-360.
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Scott DJ, Valentine RJ, Bergen PC, Rege RV, Laycock R, Tesfay ST, Jones DB. Evaluating surgical competency with the American Board of Surgery In-Training, Examination, skill testing, and intraoperative assessment. Surgery. 2000;128(4):613-622.
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Kopta JA. An approach to the evaluation of operative skills. Surgery. 1971;70(2):297-303.
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Satava RM, Cuschieri A, Hamdorf J. Metrics o for objective assessment: Preliminary summery of surgical skills workshop. Surg Endos. 2003;17(2):220-226.
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Grober ED, Hamstra SJ, Wanzel KR, Reznick RK, Matsumoto ED, Sidhu RS, Jarvi KA. The educational impact of bench model fidelity on the acquisition of technical skill: the use of clinical relevant outcome measures. Ann Surg. 2004;240(2):374-381.
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Reznick R. Surgical simulation: a vital part or our future. Ann Surg. 2005;242(5):640-641.