gms | German Medical Science

GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

ISSN 1860-9171

Buchbesprechung: Statistical evidence in medical trials

Buchbesprechung

Search Medline for

  • corresponding author Rainer Muche - Institut für Biometrie, Universität Ulm, Ulm, Deutschland

GMS Med Inform Biom Epidemiol 2007;3(1):Doc01

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/journals/mibe/2007-3/mibe000049.shtml

Published: March 15, 2007

© 2007 Muche.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.


Bibliographische Angaben

Stephen D. Simon:
Statistical evidence in medical trials
What do the data really tell us?
Oxford University Press, Oxford, 2006, 197 Seiten, ISBN 0-19-856760-X, £ 65 (Hardcover)


Rezension

Evidence based Medicine – EBM – ist seit einiger Zeit in aller Munde. Ein wesentlicher Punkt dabei ist, die Publikationen „richtig“ zu lesen und die relevanten Informationen herauszuziehen. Dabei gibt es viele Stolperfallen, die man umgehen muss. Stephen Simon hat dazu ein Buch geschrieben, welches auf die wichtigsten statistischen Aspekte beim Lesen und Interpretieren von Veröffentlichungen in Bezug auf Studienergebnisse aufmerksam macht. Das Ziel dabei ist es, als Leser die richtigen Fragen zu stellen und möglichst beantwortet zu bekommen.

Folgende Aspekte werden im Buch beschrieben:

Im Kapitel 1 geht es um die richtige Wahl der Kontrollgruppe. Es wird die Randomisierung erläutert und die Möglichkeiten und Probleme der Interpretation von Beobachtungsstudien beschrieben. Dabei geht Simon auch auf die Möglichkeiten der Adjustierung ein.

Im Kapitel 2 wird das ausgewertete Kollektiv untersucht, d.h. wer wurde aus der Auswertung ausgeschlossen, wie wurde mit Drop-Outs und anderen Studienteilnehmern umgegangen? Dabei wird auch die ITT- und ATP-Auswertung besprochen.

Kapitel 3 behandelt die klinische Relevanz der Studienergebnisse inklusive Validität und Reliabilität der Messungen und den Nutzen der Verblindung.

Im Kapitel 4 werden weitere Kriterien für die Evidenz der Studienergebnisse beschrieben, im Wesentlichen externe Kriterien. Über wissenschaftliche Kriterien der externen Validität geht hier Simon auch auf mögliche Interessenkonflikte der Autoren und möglichen Betrug ein.

Die Rolle von Meta-Analysen und systematischen Reviews für die EBM bildet den Inhalt des 5. Kapitels, wobei auch hier die möglichen Stolperfallen wie Inhomogenität der Ergebnisse und Publikationsbias behandelt werden.

Kapitel 6 erläutert die wesentlichen statistischen Kenngrößen, die in den meisten medizinischen Publikationen über Studienergebnisse vorkommen. Diese sind u.a. p-Wert, Konfidenzintervall, Korrelation, Überlebenskurve, Odds ratio und relatives Risiko, Prävalenz und Inzidenz.

Abschließend wird im Kapitel 7 dargelegt, wie man eine eigene Literaturrecherche u.a. in Pubmed anlegt, um mit entsprechenden Suchstrategien relevante Ergebnisse zu bekommen.

In jedem Kapitel wird anhand einiger wichtiger Punkte das Augenmerk auf die wesentlichen Aspekte gezielt gelenkt (What to look for?) sowie eine kritische Diskussion des vorher geschriebenen vorgenommen (Counterpoint), um den Leser zu einer selbstkritischen Einschätzung der Ergebnisse und der Methoden anzuregen. Nach einer Zusammenfassung (Summary) schließt dann jedes Kapitel mit Aufgaben zum Selbststudium ab (On your own).

Zwei Punkte sind in dem Buch besonders hervorzuheben. Stephen Simon schafft es einmal, durch eine bildreiche und humorvolle Sprache das Lesen des Buches als amüsant zu empfinden und so den sonst eher trockenen Stoff leichter zu verstehen. Zum Beispiel hat er die Kapitel oft mit plakativen Ausdrücken überschrieben (z.B. „Apples and Oranges?“ für Kapitel 1 zur Untersuchung der Vergleichsgruppen oder das Bild eines Gerichtssaals bei der Untersuchung der externen Evidenz in Kapitel 4). Dabei hilft sicher auch, dass Simon fast vollständig auf Formeln und mathematische Herleitungen verzichtet. Zweitens führt Simon sehr viele (positive und negative) Beispiele an, die er aus frei zugänglichen Literaturstellen zusammengetragen hat. Die Bibliographie des Buches besteht aus 234 Einträgen, anhand derer man die verschiedenen Aspekte vertiefen und nachvollziehen kann.

Die Zielgruppe dieses Buches sehe ich in Lesern von (medizinischen) Fachartikeln über klinische Studienergebnisse, die etwas mehr über den Hintergrund der Beurteilung von Studienergebnissen wissen wollen. Darüber hinaus ist es für Studierende der Medizin in höheren Semestern und/oder POL-Gruppen, Public-Health- oder Epidemiologie-Studierende ein sehr guter Einstieg und Überblick über die (Miss-)Interpretation von Studienergebnissen. Gerade die umfangreiche Beispielsammlung mit der Angabe von frei zugänglichen Beispielartikeln macht das Buch auch wertvoll für Dozenten, die EBM-Elemente lehren.

Insgesamt ist das Buch durch die einprägsame Sprache und die Struktur der Kapitel gut geeignet, Interesse an der Problematik der Interpretation publizierter Studienergebnisse zu wecken.