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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Die Zentralbibliothek Medizin Leipzig

The Central Library of Medicine Leipzig

Fachbeitrag

  • Ulrike Rüger - Zentralbibliothek Medizin, Medizinische Fakultät der Universität Leipzig, Deutschland
  • Marlies Herrmann - Zentralbibliothek Medizin, Medizinische Fakultät der Universität Leipzig, Deutschland
  • corresponding author Anja Kaiser - Zentralbibliothek Medizin, Medizinische Fakultät der Universität Leipzig, Deutschland
  • Christiane Hofmann - Zentralbibliothek Medizin, Medizinische Fakultät der Universität Leipzig, Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2009;9(2-3):Doc39

doi: 10.3205/mbi000167, urn:nbn:de:0183-mbi0001677

Published: December 17, 2009

© 2009 Rüger et al.
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Zusammenfassung

Die Zentralbibliothek Medizin in Leipzig gehört zur Universitätsbibliothek und wurde 1993/94 gegründet. Personell ist sie der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig zugeordnet.

Der Artikel gibt einen kurzen Überblick zur Geschichte, zur derzeitigen Situation und zu den zukünftigen Entwicklungen der Zentralbibliothek Medizin.

Schlüsselwörter: Medizinbibliothek, Entwicklung, Medienbestand, Informationskompetenz

Abstract

The Central Library of Medicine in Leipzig was founded in 1993/94. It is a branch of the university library of Leipzig and is funded and operated by the Faculty of Medicine of the University of Leipzig.

The article gives a brief overview of the history, the current situation and the future development of the Central Library of Medicine.

Keywords: medicine library, development, collections, information literacy


Die Entwicklung der Zentralbibliothek Medizin

Die Universität Leipzig feiert in diesem Jahr ihr 600-jähriges Bestehen. Die Medizinische Fakultät wurde bereits 1415 gegründet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand am heutigen Standort Liebigstraße das erste städtische Krankenhaus. In kürzester Zeit folgte die Gründung der ersten Institute an diesem Standort.

In jeder Klinik und in jedem Institut wurde eine zum Teil umfangreiche Fachbibliothek eingerichtet, die vom Bestand her die Breite des jeweiligen Fachgebietes sehr gut repräsentierte. Es gab umfassende interne Kataloge und Fachsystematiken, die neben einem hauptamtlichen Bibliothekar immer von einem verantwortlichen Wissenschaftler mitgeführt wurden.

Da sich die medizinische Literatur auf ca. 50 Fachbibliotheken aufteilte, die im Bestand unterschiedlich ausgestattet waren, teilweise weit voneinander entfernt lagen und zudem noch unterschiedliche Öffnungszeiten hatten, wurde in den 1980er Jahren ein zentraler Zeitschriftenlesesaal gefordert, um den Wissenschaftlern und Ärzten den Zugang zur aktuellen Zeitschriftenliteratur zu erleichtern.

Die Auslage aller Zeitschriften erfolgte ab 1984 im neu gegründeten zentralen Zeitschriftenlesesaal des Bereiches Medizin. Nach 14 Tagen Auslage wurden die Zeitschriften in die Fachbibliotheken der Kliniken und Institute geliefert.

Im Jahr 1990 wurde mit der zentralen Erwerbung und Katalogisierung begonnen. Es wurden Bibliothekszusammenlegungen angedacht, die aber vorerst am Widerstand der Professoren, dem Widerstand der Zweigstellenbibliothekare und den nicht vorhandenen räumlichen Voraussetzungen scheiterten.

Erst 1993/94 wurde die Zentralbibliothek Medizin als strukturelle Einheit unter einer Leitung gegründet. Begünstigende Faktoren waren die Umstrukturierungen vieler Institute und Kliniken nach der Wende.

Gegenwärtig sind zwar fast alle Zweigstellen räumlich zusammengeführt, doch resultierte dies oft aus dem Raumübernahmebestreben einiger Kliniken und Institute und weniger aus fachlichen Gesichtspunkten.

Das Angebot an Leseplätzen für die Wissenschaftler und die etwa 3000 Medizin- und Zahnmedizinstudenten ist nach wie vor unbefriedigend.

Als räumlich separate Zweigstellen existieren gegenwärtig nur noch die Bibliotheken des Paul-Flechsig-Instituts für Hirnforschung und des Karl-Sudhoff-Instituts für Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften sowie die Bibliothek der Kopfkliniken.

Die Auflösung und Zusammenführung der Zweigstellen erforderte eine völlige Überarbeitung vieler alter, zum Teil historischer Bestände, von denen ein großer Teil in die Universitätsbibliothek abgegeben wurde. Somit ist gegenwärtig ein fast vollständig aufgearbeiteter Bestand vorhanden, der beim Umzug in eine zukünftige Campusbibliothek nur noch umgesetzt werden muss.

Das Personal konnte durch altersbedingte Abgänge bzw. Altersübergangsregelungen in den letzten Jahren systematisch reduziert werden.


Organisationsstruktur

Die Zentralbibliothek Medizin ist personell der medizinischen Fakultät zugeordnet und wird durch diese finanziert. Fachlich erfolgt die Abstimmung im Bibliothekssystem mit der Universitätsbibliothek Leipzig.

Im Jahr 2003 führte die Universitätsbibliothek das Bibliothekssystem LIBERO ein, welches auch in der Zentralbibliothek Medizin genutzt wird. Daraus resultierte eine Vereinheitlichung aller internen Abläufe und Geschäftsgänge.

Das Budget für Literaturbeschaffung weist die medizinische Fakultät zu, zusätzlich erhält die Zentralbibliothek Medizin Landesmittel über die Universitätsbibliothek. Ab 2010 wird sich auch das Universitätsklinikum als AöR am Beschaffungsbudget beteiligen.

Die Bibliothek ist die zentrale Dienstleistungsstelle für die gesamte Literatur- und Informationsverwaltung der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums.

Ein wichtiges Verbindungsglied, um die fachlichen Bedürfnisse von Wissenschaftlern, Ärzten und auch der Verwaltung in die Angebote der Bibliothek einzubinden, ist die Bibliothekskommission. Diese besteht aus Wissenschaftlern, Ärzten und einem Vertreter des Dezernats Forschung. Geleitet wird die Kommission von der Leiterin der Zentralbibliothek Medizin.

Eine enge Verbindung zu Fakultäts- und Klinikumsleitung ist darüber hinaus durch die Zugehörigkeit der Leiterin zum Fakultätsrat gegeben.


Bestand und Benutzung

Die Zentralbibliothek Medizin verfügt über einen Monografienbestand von ca. 100.000 Bänden, der sich auf fünf Standorte verteilt. Der Hauptteil des gedruckten Bestandes ist im OPAC der Universitätsbibliothek Leipzig nachgewiesen.

Der ständig sinkende Etat und umfangreiche Aussonderungen durch die Zusammenlegung von Zweigstellen haben den Monografienbestand stark sinken lassen.

Bis auf einen kleinen Magazinbestand (ca. 8000 Bände) erfolgt die Aufstellung in Freihand nach der Regensburger Verbundklassifikation.

Am Hauptstandort stehen den Nutzern etwa 10.000 Bände in der Lehrbuchsammlung und 1800 Bände im Lesesaal zur Verfügung (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Bis auf die Präsenzexemplare werden alle Monografien für 30 Tage ausgeliehen. Für Mitarbeiter gelten längere Fristen. Der Leser hat die Möglichkeit, dreimal selbst zu verlängern, sofern keine Vormerkung vorliegt. Der Zugang zum Leserkonto erfolgt über den OPAC. Nach der dritten Verlängerung müssen die Bücher vorgelegt werden.

Seit Juni dieses Jahres erhält jeder Nutzer drei Tage vor Ablauf der Leihfrist eine Erinnerungsmail. Die 1. und 2. Mahnung erfolgen ebenfalls per E-Mail.

Im Jahr 2008 wurden an allen Standorten insgesamt rund 64.000 Bände entliehen. Die Zeitschriften der Zentralbibliothek Medizin werden generell nicht entliehen.

Die Anzahl der Zeitschriftenbände liegt derzeit bei ca. 100.000. Im Jahr 2008 wurde für die Verwaltung der Zeitschriften ebenfalls LIBERO eingeführt.

In Abstimmung mit der Universitätsbibliothek wurden 2009 fast alle Zeitschriften auf e-only umgestellt. Eine größere Anzahl vorhandener alter Zeitschriftenbestände muss aufbewahrt werden, weil diese innerhalb Sachsens nur noch in der Zentralbibliothek Medizin vorhanden sind.

Die Erwerbung und Katalogisierung der Bestände wird eigenständig in der Zentralbibliothek Medizin durchgeführt.

Die Öffnungszeiten sind, personell bedingt, in den Zweigstellen unterschiedlich. Die zwei größten Standorte haben montags bis freitags von 08.00 bis 20.00 Uhr geöffnet. Eine dieser Zweigstellen kann zusätzlich am Samstag von 09.00 bis 17.00 Uhr genutzt werden.

Eine genaue Zahl der angemeldeten Leser in der Zentralbibliothek Medizin kann nicht ermittelt werden, da an der Universität Leipzig der Studentenausweis gleichzeitig der Leserausweis ist und somit die Daten zentral eingespielt werden.

Die Beschaffung der Literatur, die sich nicht im Bestand der Zentralbibliothek Medizin befindet, erfolgt über den Bereich Dokumentenlieferung. Versorgt werden nicht nur Mitarbeiter des Universitätsklinikums und der Medizinischen Fakultät, sondern auch Krankenhäuser der Region, diverse Pharmafirmen und Privatpersonen.

Die Nutzer erhalten eine intensive Beratung über Art und Kosten der Literaturbeschaffung, und es werden verschiedene Möglichkeiten der Bereitstellung von Literatur genutzt: Bestellungen über die Online-Fernleihe (Konstanz), über den internen Leihverkehr der Medizinbibliotheken und über Subito.

Im nehmenden Fernleihverkehr wurden im letzten Jahr 9980 und in der gebenden Fernleihe 12.630 Bestellungen bearbeitet. Dazu kommen 1028 Subito-Bestellungen.


Kursangebote der Zentralbibliothek Medizin

Die Zentralbibliothek Medizin bietet den Wissenschaftlern und Studenten eine umfangreiche Kursauswahl. Ganzjährig werden Schulungen zur Datenbankrecherche in PubMed und Web of Science, zur Volltextbeschaffung sowie zum Literaturverwaltungsprogramm Citavi angeboten. Die Interessenten können sich über ein Online-Formular für die gewünschten Termine anmelden.

Des Weiteren gibt es Einführungsveranstaltungen zur Benutzung der Zentralbibliothek Medizin und zur OPAC-Recherche, die verstärkt zu Semesterbeginn und individuell auf Nachfrage stattfinden. Für die Schulungen steht ein PC-Pool mit 12 Nutzerrechnern zur Verfügung (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Einmal jährlich finden curricular integrierte Schulungsveranstaltungen im Rahmen des von der Medizinischen Fakultät angebotenen POL-Kurses „Infektiologie und Immunologie“ statt [1]. Diese wurden 2009 erstmalig als „Blended Learning“ angeboten. Die Veranstaltung bestand aus einem E-Learning-Kurs, den die Studierenden vor der 90-minütigen Präsenzveranstaltung absolvieren mussten. Der über die Plattform Moodle angebotene E-Learning-Teil umfasste die Themenbereiche „Vorbereitung einer Recherche“, „PubMed Recherche“ und „Volltextbeschaffung“. Eine Veranschaulichung der Kursinhalte erfolgte durch die Einbindung von Videos, die mit der Software „Camtasia Studio“ produziert wurden.

Die Präsenzveranstaltung diente der praktischen Anwendung des Gelernten.

Die Resonanz des Kurses war überwältigend gut. Deswegen wird diese Veranstaltung auch zukünftig als „Blended Learning“ angeboten.


Elektronische Medien

Die Zentralbibliothek Medizin stellt ihren Nutzern ein umfangreiches Angebot an elektronischen Medien zur Verfügung. Dazu gehören über 4000 E-Journals und 550 medizinische E-Books der Verlage Springer und Thieme. Die E-Books werden den Nutzern seit 2008 angeboten und wurden als Ergänzung zum Printbestand sehr gut angenommen. Zu den wichtigsten Datenbanken gehören Medline über den freien Zugang PubMed, Web of Science, Up to date, die Cochrane Library und die Journal Citation Reports.


Ausblick

Der Neu- und Umbau der Kliniken in Leipzig hatte zur Folge, dass das Gebäude der Mensa, in dem bisher Patienten und Mitarbeiter versorgt wurden, nicht mehr genutzt wird. In den nächsten Jahren soll hier die Campusbibliothek Medizin/Naturwissenschaften entstehen, in der die Fachgebiete Medizin, Psychologie und Biowissenschaften integriert werden.

Die ersten Vorplanungen sind bereits abgeschlossen. Nach dem langen Weg zur Zentralisierung wird es endlich eine moderne Campusbibliothek für die Medizin/Naturwissenschaften in Leipzig geben.

In der Zwischenzeit wird versucht, die derzeit schlechten räumlichen Bedingungen bestmöglich bis zur Eröffnung der neuen Campusbibliothek zu überbrücken.


Literatur

1.
Wagner C. Praktikum Medizinische Recherche: Erfahrungen mit einer curricular integrierten Schulungsveranstaltung. GMS Med Bibl Inf. 2006;6(3):Doc29. Available from: http://www.egms.de/en/journals/mbi/2006-6/mbi000047.shtml External link