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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Mit RAK auf verlorenem Posten...!? Vom FAMI, der auszog, das Erlernte anzuwenden: ein Erfahrungsbericht

With RAK for lost positions...!? to use what is learned from FaMI: a practice report

Fachbeitrag

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GMS Med Bibl Inf 2007;7(1):Doc11

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/journals/mbi/2007-7/mbi000063.shtml

Published: July 26, 2007

© 2007 Schröder et al.
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Zusammenfassung

Die Ausbildung zum Bibliotheksassistenten wurde 1998 ersetzt durch die fachübergreifende Ausbildung zum „Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste (FaMI)“.

Einen sinnvollen, seiner Ausbildung angemessenen Einsatz als gut ausgebildeter Informationsspezialist zwischen den Aufgabenspektren des Bibliothekars und der Hilfskraft hat der FaMI in Bibliotheken allerdings bis heute nicht gefunden. Zumeist findet er sich in einer befristeten Halbtagsstelle an der Ausleihtheke wieder oder im anderen Extrem als kostengünstige Alternative zum Bibliothekar. In beiden Fällen sind die Ausbildungsinhalte und auch die vermittelte Tiefe dieser Inhalte für die berufliche Praxis wenig relevant bzw. unangemessen.

In der Bewerbungsphase haben Berufsanfänger mit den unterschiedlichsten Problemen zu kämpfen. Flexible Anpassung an den Arbeitsmarkt ist notwendig, damit der Einstieg ins Berufsleben gelingt. Am Beispiel einer medizinischen Fachbibliothek wird aufgezeigt, inwieweit das während der Ausbildung Erlernte den Anforderungen an den FaMI gerecht wird.

Zunehmend gibt es Stellenangebote für FaMIs in privat geführten Unternehmen, und somit beschränkt sich das Einsatzgebiet nicht nur auf den Öffentlichen Dienst. Im privaten Sektor bieten sich umfangreiche berufliche Herausforderungen für den Informationsfachmann, deren wichtigste Voraussetzungen keinesfalls Regelwerke zur formalen Erschließung von Medien sind. Vielmehr sind betriebswirtschaftliche Kenntnisse im Sinne von Bibliotheksmanagement und der sichere Umgang mit modernen Kommunikations- und Informationstechnologien gefragt.

In der Ausbildung sollte diesen Anforderungen Rechnung getragen werden, damit der FaMI seine beruflichen Möglichkeiten erweitern kann und zum vielseitig einsetzbaren und gefragten Informationsspezialisten wird.

Schlüsselwörter: Ausbildung und Berufsbild FaMI in Bibliotheken

Abstract

The training as library assistant was replaced in 1998 by the multidisciplinary training „Specialised Employee in Media and Information Services“ (FaMI in German).

However, the libraries have not been able, until now, to make full use of this information specialist and have not yet found an appropriate position between the spectrum of duties of the librarian and the assistant. Most of the time the FaMI is offered a fixed-term part-time job at the front desk or, at the other extreme, is hired as a cost saving alter­native to the librarian. In both cases the practical exercise of the duties has never been adequate or relevant to the content of the formation or to the depth of the learned material.

Beginners face many problems in their job application. A flexible adap­tation to the job market is essential in order to insure a successful entry in the working life. Using the example of a specialised medical library it will be shown to what extent what is being learned in the training is suitable to the requirements of the FaMI.

There are more and more positions available for the FaMIs in the private sector, so that it is no longer restricted to the public one. The private sector offers now the information specialist a broad range of job challenges whose most important prerequisites are not at all the rules for alphabetical cataloguing of the media. What is much more required nowadays is a business management knowledge in the sense of the running of a library, and the secure use of modern communication and technology techniques.

One should take into account these requirements in the training in order to broaden the job opportunities of the FaMI thus allowing him to become a versatile and a much in demand information specialist.


Einführung

Am 3. Juni 1998 trat die „Verordnung über die Berufsausbildung zum Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste / zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste“ (FaMI) in Kraft [1]. Der FaMI ist staatlich anerkannter Ausbildungsberuf des öffentlichen Dienstes und der gewerblichen Wirtschaft. Es kann zwischen verschiedenen Fachrichtungen gewählt werden: Archiv, Bibliothek, Information und Dokumentation, Bildarchiv und mit Verordnung vom 22. März 2000 auch Medizinische Dokumentation [2].

Im Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Fachangestellte/r für Medien- und Informationsdienste Berlin [3] wird als prägendes Merkmal der Ausübung des Berufs „die Mittlerfunktion in der Informationsgesellschaft“ genannt. Dazu sei der „sorgfältige und verantwortungsbewusste Umgang mit Medien und Informationen“ erforderlich. Grundlage dafür sei „die sichere Handhabung und Nutzung technologischer wie organisatorischer Hilfsmittel“. Die Anforderungen an den FaMI sind anspruchsvoll und finden sich sinngemäß auch im Rahmenlehrplan Thüringens wieder [4] .

Diese Arbeit berichtet von Erfahrungen, die die Verfasser A.S. und S.P. während ihrer Ausbildung zum FaMI, bei ihren Bewerbungen und bei den ersten Schritten im Berufsleben in einer medizinischen Fachbibliothek gemacht haben. Dabei werden kritisch die Ausbildungsinhalte und ihr Nutzen im späteren Berufsleben beleuchtet.


Die Ausbildung

Müller [5] bezeichnet den FaMI als zukunftsweisenden Serviceberuf im Informationssektor, wozu ein anspruchsvoller integrierender Rahmenlehrplan beiträgt. Denselben Tenor hatten auch die Aussagen der Berufsschullehrer und der Ausbildungsleitung in den Berufsschulen in Berlin und in Thüringen, wo die Verfasser A.S. und S.P. ihre Ausbildung in der Fachrichtung Bibliothek absolvierten: „Mit dieser Ausbildung wird ein sehr breites und doch spezifisches Fachwissen vermittelt, das in der Arbeitswelt sehr gefragt ist.“

Tatsächlich wurde Fachwissen einerseits sehr breit und andererseits sehr spezifisch vermittelt. Wesentliches Manko ist aber der weitgehend fehlende Bezug zur Realität beim Einsatz des FaMIs in der Praxis und darüber hinaus die Abgrenzung zu bibliothekarischen Aufgaben [6].

Während der drei Lehrjahre wurde im schulischen Teil der Ausbildung vielfach auf Lehrinhalte gesetzt, mit denen man als FaMI in einer Bibliothek selten in Kontakt kommt. So wurden umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet der Recherche vermittelt, ebenso der Beschaffung, Erfassung und Erschließung von Medien, der Erstellung von Informationsdiensten, des Einsatzes von Marketingmitteln und der Vorbereitung und Ausführung von Vorträgen. In der Praxis sind das Aufgaben, die zum Arbeitsspektrum des diplomierten Bibliothekars gehören [7]. Wie die Abbildung 1 [Abb. 1] anschaulich darstellt, überschneiden sich die Lehrinhalte der FaMI-Ausbildung zu einem sehr großen Teil mit den Aufgabengebieten des Bibliothekars.

Andererseits wiederum wird, z.B. in Informationseinrichtungen der Privatwirtschaft, eine Kenntnistiefe vieler Lehrinhalte gefordert, die der FaMI nach seiner Ausbildung nicht oder nur zum Teil bedienen kann, wie z.B. Budget-Planung, Kosten-Leistungs-Rechnung und im Besonderen fundierte informationstechnische Kenntnisse. Diese Lehrinhalte wurden nicht oder nicht in der benötigten Tiefe vermittelt. Über Defizite im Ausbildungsprogramm berichtet auch Holste-Flinspach [8]. Hier gaben immerhin 43 von 162 Befragten an, dass EDV-Ausbildung gar nicht oder zu knapp erfolgte. Für Nachholbedarf auf diesem Gebiet spricht auch, dass nach der Berufsausbildung vorrangig Fort- und Weiterbildungskurse zum Thema EDV und Internet besucht wurden (85% der Befragten).

In einem Forschungsprojekt (!!!) des Bundesinstituts für Berufsausbildung (BiBB) wurde u.a. untersucht, wie sich strukturelle und gestalterische Aspekte der Ausbildung neuer Berufe für den Dienstleistungssektor entwickelt haben. Eine Aussage zum FaMI überrascht im Abschlussbericht dann schon: Archive und Dokumentationsstellen beurteilen die Intensivierung von Themenkomplexen wie EDV, neue Medien (Internet), HTML-Kenntnisse während der Ausbildung als besonders wichtig, Bildagenturen fordern die Vertiefung von Marketing-Kenntnissen und Bibliotheken heben keine besonderen Inhalte hervor [9].

Die Abbildung 2 [Abb. 2] verdeutlicht, dass die Schnittmenge zwischen den Anforderungen an den FaMI im Arbeitsleben, hier vor allem in der Privatwirtschaft, und dem vermittelten Lehrstoff ungenügend ist.

Analog zur schulischen Ausbildung gestaltete sich die praktische Ausbildung. Was im ersten Ausbildungsjahr noch unter „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ verstanden und verbucht wurde (Tag füllender Einsatz an der Theke, Ordnungsarbeiten, Buchpflege u.ä.), setzte sich zu großen Teilen in den Folgejahren fort. Zwar gab es immer wieder gute Ansätze, z.B. Projektarbeiten im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit, aber über weite Teile der 3-jährigen Berufsausbildung wurden die FaMIs als günstige Arbeits- und Aushilfskräfte in der permanent unterbesetzten Bibliothek eingesetzt. So bleiben auch in der praktischen Ausbildung wenige Spielräume, die letztendlich zwischen technischer Bearbeitung der Medien und dem Ausleihdienst angesiedelt sind. Das widerspricht eindeutig dem hohen Anspruch des Rahmenlehrplans, der den FaMI zum Mittler in der Informationsgesellschaft machen will.

Wie sich eine falsche Wichtung der Lehrinhalte und der nicht fördernde Einsatz während der praktischen Ausbildung auswirken kann, zeigt sich im Anschluss an die Ausbildung, nämlich dann, wenn es darum geht, sich in einer Bibliothek, ob nun öffentlich oder privat, zu bewerben.


Die Bewerbung

Wie auf dem gesamten Arbeitsmarkt, ist die Lage auch im Bereich der Informationsdienstleister sehr angespannt. Das Bibliothekswesen ist nicht auf Wachstumskurs und hat selten eine finanzstarke Lobby, weder in der Politik noch in den Geschäftsführungen diverser Unternehmen. Weiterhin ist die sperrige Berufsbezeichnung „Fachangestellte/r für Medien- und Informationsdienste“ wenig bekannt und somit erklärungsbedürftig. Auch die Zuordnung zu einer Berufsgruppe – Medien-, kaufmännischer oder Verwaltungsberuf – ist geprägt vom konkreten Arbeitsplatz [10]. Die Suche nach geeigneten Stellen gestaltete sich somit als wahre Lotterie. Auf eine Stelle, die oftmals sogar noch befristet und halbtags ist, kommen Hunderte von Bewerbungen. Grund dafür ist u.a. die Tatsache, dass FaMIs kontinuierlich ausgebildet werden. Nach Angaben des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB) sind es seit 2001 jährlich ca. 1500 FaMIs [11]. Dazu kommt, dass Auszubildende in Bibliotheken bereits in den Arbeitsprozess integriert werden und oft Stellen sparend eingesetzt sind. Nach einem oder einem halben Übernahmejahr werden sie auf den freien Arbeitsmarkt entlassen. Neue FaMIs werden ausgebildet und besetzen die nötigen Stellen. Zudem bewerben sich auch diplomierte Bibliothekare für die wenigen Stellen und nehmen somit an der FaMI-Lotterie teil.

Dass das Berufsbild des FaMIs in der Praxis noch keine Eigenständigkeit mit ureigenem Aufgabenspektrum erreicht hat [10], zeigen schon die beiden folgenden Stellenangebote, die sicherlich Extreme darstellen, aber durchaus repräsentativ sind.

Stellenangebot FaMI: Thekenkraft

Auf der einen Seite wird die Spezies „Thekenkraft“ gesucht. Das sind überwiegend Stellenangebote aus größeren Bibliotheken im Öffentlichen Dienst.

Für die angezeigten Aufgabengebiete, nämlich Ausleihdienst, Regaldienst und Buchpflege ist der FaMI weitestgehend überqualifiziert. Dass FaMIs überwiegend in der Benutzung eingesetzt werden, belegen auch die Untersuchungen von Holste-Flinspach [8]. Dazu kommt, dass diese Stellen oftmals halbtags und/oder befristet sind. In der von Holste-Flinspach [12] durchgeführten Analyse der Stellenausschreibungen betraf das jede zweite Stelle, eine Tendenz, die auch bei Diplombibliothekaren zu beobachten ist [6].

Stellenangebot FaMI: Bibliotheksmanager

Auf der anderen Seite gibt es zunehmend Stellenangebote für FaMIs, die überwiegend aus der Privatwirtschaft kommen und in denen ein Mitarbeiter im Sinne eines Bibliotheksmanagers gesucht wird [13]. Hier werden überdurchschnittliches Engagement, hoch spezialisierte Kenntnisse sowie die Fähigkeit und Bereitschaft zu anspruchsvollen und analytischen Arbeitsaufgaben gefordert. Für diese Aufgabengebiete ist der FaMI - trotz hochgesteckten Rahmenlehrplans - nun wiederum unterqualifiziert. Auch ist eine große Portion an Idealismus vonnöten, um sich mit dem dafür gebotenen FaMI-Gehalt zufrieden zu geben. Andererseits kann der FaMI mit Lernbereitschaft und Engagement auf seinen erworbenen Kenntnissen aufbauen, ist mit anspruchsvolleren Aufgaben betraut und hat somit auch bessere Zukunftsaussichten als in der Hierarchie der Laufbahn in Bibliotheken des öffentlichen Dienstes [14].

Auch wenn man sich mit einem der beiden Aufgabenspektren anfreunden kann, hat man nur eine geringe Chance auf eine Einstellung, da sich auf jede Stelle Hunderte von Interessenten bewerben, darunter wie bereits erwähnt auch viele Diplombibliothekare, die sich durch das ausgeschriebene Stellenprofil verständlicherweise angesprochen fühlen (vgl. Abbildung 1 [Abb. 1]).


Start ins Berufsleben: FaMI bei HELIOS

Auch die Stellenausschreibung der Zentralbibliothek der HELIOS Kliniken Gruppe (http://www.helios-kliniken.de/de/Medizin/Wissenschaft/HELIOS_Zentralbibliothek/index.htm) zeigte, dass die in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse nicht - oder nur ungenügend - ausreichten, um in eine engere Bewerberauswahl zu gelangen.

Die Anforderungen umfassten vorrangig fundierte Kenntnisse der aktiven und passiven Anwendung moderner Kommunikationsmittel, und zum Schluss auch die formale und sachliche Katalogisierung, wobei hier bewusst nicht an starre Regelwerke gedacht wurde. In der Stellenausschreibung wurde darauf hingewiesen, dass die HELIOS Zentralbibliothek (HZB) eine virtuelle Bibliothek ist, die als zentrale Informationseinrichtung die Mitarbeiter der dezentralen Standorte der HELIOS Kliniken Gruppe mit Literatur und Information versorgt. Das Aufgabenspektrum umfasst demzufolge bibliothekarische und informationstechnische Arbeitsvorgänge mit Schwerpunkt elektronische Medien und EDV, Mitarbeit am konzerneigenen Bibliotheksportal und an der Verwaltung elektronischer Zeitschriften und eigenständige elektronische Abwicklung der Aus- und Fernleihvorgänge.

Entsprechend diesen Aufgabengebieten wurde auch das Anforderungsprofil definiert. Hier erkannte man sich als FaMI zwar wieder, benötigte aber zusätzliche Qualifikationen, um der Stelle gerecht zu werden.

Dass Zusatzqualifikationen in der HELIOS Zentralbibliothek (HZB) zwingend notwendig sind, ergibt sich aus dem Einsatz des FaMIs in den folgenden Arbeitsgebieten.

Arbeitsgebiet Bibliotheksportal

Die HELIOS Kliniken Gruppe umfasst inzwischen 55 Standorte (Stand: 31.3.2007). Damit die HZB alle Kliniken erreichen kann, werden die Dienstleistungen überwiegend virtuell über ein eigenes Bibliotheksportal im HELIOS Intranet und zusätzlich über ein Login im Internet angeboten. Hierfür sind vertiefte Kenntnisse der web-basierten Informationsvermittlung vonnöten, also die üblichen Web-Sprachen wie html, css, JavaScript usw.

Der Anspruch an eine wissenschaftliche Arbeitsplattform ist auch inhaltlich hoch. Ziel ist es, den klinisch tätigen Ärzten wirklich dienlich zu sein, ihnen Zeit bei der Informationssuche und –bereitstellung zu ersparen und sie trotz ihres ausgefüllten Arbeitsalltags zur Bibliotheksnutzung zu animieren. Damit leistet die HZB einen Beitrag für die Fort- und Weiterbildung und für die klinische Forschung und unterstützt wirkungsvoll das Ziel des Unternehmens, die HELIOS Kliniken Gruppe zum Wissenskonzern zu entwickeln. Voraussetzungen dafür sind eine logische Struktur des Bibliotheksportals, eine leichte Bedienbarkeit für den Nutzer und die redaktionelle Aufarbeitung und Filterung der Vielzahl an Informationen.

Arbeitsgebiet elektronische Zeitschriften

Um sich im Dschungel aus Providern und Verlagen, Lizenzmodellen und Preislisten sowie den Budgetverhandlungen im eigenen Haus zurechtzufinden und nicht den Überblick zu verlieren, werden neben fachlichen Kenntnissen zunehmend auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse benötigt. Die Aufgabenstellung heißt schlicht und einfach, mit wenig Budget die optimale Bereitstellung von medizinischer Zeitschriftenliteratur und Information zu sichern.

Arbeitsgebiet Zeitschriftenbestandsverzeichnis

Auch in der digitalen Welt kann nicht auf einen Zeitschriften-Katalog verzichtet werden. Die Entwicklung einer eigenen Bestandsdatenbank ist von Vorteil, weil somit Kosten gespart werden und die bedarfsgerechte Anpassung des Katalogs gewährleistet ist.

Zwar sieht die Ausbildung des FaMIs die ausgiebige Recherche in zig Datenbanken vor, aber über deren technische Strukturen und den Aufbau wird wenig gelehrt. Auch hier wäre die Vermittlung von tiefer gehenden Datenbank-Kenntnissen nützlich.

Arbeitsgebiet Aus- und Fernleihe

Die Abwicklung der Aus- und Fernleihe findet ebenso zum größten Teil digital statt. Bestellungen (Ausleihen) erfolgen über Online-Bestellformulare. Für die Bearbeitung der Fernleihvorgänge sind sichere Microsoft-Office-Kenntnisse nötig.

Die HZB stellt ihre Online-Bestände via LinkOut-Funktion in PubMed und über die Elektronische Zeitschriftenbibliothek zur Verfügung. Diese institutionellen Zugänge müssen ständig fachkundig gepflegt und aktualisiert werden. Für die Nutzer in den dezentralen HELIOS Standorten hat das den Vorteil, dass sie weitgehend selbst Zugriff auf die Volltexte haben und ihnen dafür zwei komfortable Zugänge zu den elektronischen Zeitschriften zur Verfügung stehen. Der Erfolg zeigt sich in sinkenden Artikelanforderungen, denen analog dazu stark steigende Downloads aus elektronischen Zeitschriften gegenüberstehen.

Arbeitsgebiet Bildbearbeitung

Um die Gestaltung von Webseiten zu optimieren, ist es notwendig, grafische und bildliche Darstellungen zur Verdeutlichung der Inhalte einzufügen. Ein weiteres wichtiges Arbeitsgebiet ist demzufolge die Bildbearbeitung. Auch dieses Arbeitsgebiet wurde, wie die zuvor genannten, in der Berufsschule zwar thematisiert, aber nicht vertieft.

Resümee

Nach unseren gemeinsamen Erfahrungen zeigt sich ein gegenläufiger Trend bei den während der Ausbildung vermittelten Kenntnissen und den in der Praxis benötigten Fertigkeiten (Abbildung 3 [Abb. 3]).

Ausschlaggebende Gründe für die Einstellung eines FaMIs in einer medizinischen Fachbibliothek am Beispiel der HELIOS Zentralbibliothek (HZB)

Die HZB ist eine Virtuelle Bibliothek, und die „Theke“ ist das Bibliotheksportal, also eine Webseite. Für diesen „Thekendienst“ braucht man demzufolge vor allem fundierte informationstechnische Kenntnisse. Um das Portal anschaulich, aktuell und interessant mit Inhalten zu füllen, sind darüber hinaus gestalterische Kreativität und ein guter Überblick über neue Entwicklungen auf dem Gebiet der medizinischen Information und der Arbeit mit wissenschaftlicher Literatur vonnöten.

Aus den unzähligen Bewerbungen, in denen vor allem Fähigkeiten angepriesen wurden wie Erfahrungen im Thekendienst, Zuverlässigkeit beim Einordnen der Bücher und eben auch RAK-Kenntnisse, hoben sich die Bewerbungen der FaMIs A.S. und S.P. deutlich ab. Ihr Vorgehen, sich auf dem Arbeitsmarkt zu präsentieren und ihre in Eigenregie erworbenen speziellen Kenntnisse führten zu ihrer Einstellung (Tabelle 1 [Tab. 1]).


Schlussfolgerungen

Es geht in dieser Arbeit nicht um die Verteufelung von RAK oder von sonstigen Regelwerken, die – unter Berücksichtigung des informationstechnischen Fortschritts - sehr wohl ihre Berechtigung haben. RAK steht vielmehr stellvertretend für Lehrinhalte, die nicht oder in dieser Form nicht mehr zeitgemäß sind. So machen z.B. moderne Datenbanksysteme und Bibliothekssoftware eine Titelaufnahme nach Punkt und Komma weitestgehend überflüssig. Eine solide Grundausbildung in der formalen Erschließung von Medien ist sicherlich weiterhin sinnvoll, aber die Ressourcen, die man zur Gewinnung von tiefer gehenden RAK-Kenntnissen einsetzt, und RAK steht hier wiederum für Vieles, sollten für die Vermittlung zukunftsweisender und praxisrelevanter Ausbildungsinhalte freigemacht werden.

Einen sinnvollen Einsatz als gut ausgebildeter Informationsspezialist zwischen den Aufgabenspektren des Bibliothekars und der Hilfskraft hat der FaMI in Bibliotheken noch nicht gefunden, und das hoffnungsvolle Berufsbild des FaMIs hat sich bis heute nicht eigenständig positioniert. Zumeist findet sich der FaMI in einer befristeten Halbtagsstelle an der Ausleihtheke wieder oder im anderen Extrem als kostengünstige Alternative zum Bibliothekar. In beiden Fällen sind die momentanen Ausbildungsinhalte wenig praxisrelevant – einmal unterqualifiziert, einmal überqualifiziert.

Das Arbeitsprofil des FaMIs in der HELIOS Zentralbibliothek (HZB) ist sicherlich (noch) nicht typisch für das allgemeine Bibliothekswesen, kommt aber dem formulierten Anspruch des Rahmenlehrplans sehr nahe. Von den in der Praxis üblichen Aufgabengebieten eines Bibliotheks­assistenten ist in der HZB nicht viel übrig geblieben. Diese Aufwertung des Berufsbildes war 1998, als der Beruf des FaMIs eingeführt wurde, das Ziel, und wurde hier umgesetzt.

Die Stellenanzeigen signalisieren, dass es diese anspruchsvollen beruflichen Angebote zunehmend für FaMIs in privat geführten Unternehmen gibt und sich somit das Einsatzgebiet nicht nur auf den öffentlichen Dienst beschränkt. Hier bieten sich umfangreiche berufliche Herausforderungen, deren wichtigste Voraussetzungen keinesfalls die Regelwerke zur formalen Erschließung von Medien sind. Vielmehr sind betriebswirtschaftliche Kenntnisse im Sinne von Bibliotheksmanagement und der sichere Umgang mit modernen Kommunikations- und Informationstechnologien und deren zielgerichteter Einsatz gefragt.

In der Berufsausbildung zum FaMI sollte den Praxisanforderungen verstärkt Rechnung getragen werden, indem die Vermittlung eines sehr breiten Wissensspektrums beibehalten wird. Weiterhin sollten aber zukunftsweisende Lehrinhalte den größten Teil der Ausbildung ausmachen und vertieft vermittelt werden. Zeitliche Ressourcen ergeben sich durch eine kritische Überprüfung der Lehr­inhalte hinsichtlich überholter Praktiken. Darüber hinaus sind die zuständigen Berufsverbände gefordert. Bevor die Praxis ihre eigenen Gesetze zu ungunsten aller Informationsvermittler schreibt, sollte für eine sinnvolle Definition und Abgrenzung der involvierten Berufsgruppen gesorgt werden, was sich bereits in den Lehrinhalten während der Ausbildung niederschlagen muss. Ebenso macht es keinen Sinn, immer neue ähnliche informationsvermittelnde Berufe zu etablieren und diese noch mit Subspezialisierungen zu versehen, wenn sich die Aufgabengebiete bereits heute in der praktischen Arbeitswelt verwirrend überschneiden.


Literatur

1.
Verordnung über die Berufsausbildung zum Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste/zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste vom 3. Juni 1998. Bundesgesetzblatt Teil I. 1998;(34):1257-75. http://217.160.60.235/BGBL/bgbl1f/b198034f.pdf External link
2.
Verordnung zur Veränderung der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste/zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste vom 15. März 2000. Bundesgesetzblatt Teil I. 2000;(10):222- 6. http://217.160.60.235/BGBL/bgbl1f/b100010f.pdf External link
3.
Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Fachangestellte/r für Medien- und Informationsdienste, Berlin. http://www.kmk.org/beruf/rlpl/rlpmid.pdf External link
4.
Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Fachangestellte/r für Medien- und Informationsdienste, Thüringen. http://www.bibs.kyf.th.schule.de/website/files/hreifami.pdf External link
5.
Müller H. Fachangestellter für Medien- und Informationsdienste. Nfd 1998;(49):153-4.
6.
Weigand N. Wie sehen heute die Berufsaussichten für Bibliothekare aus, wie verändert sich das Berufsbild und kümmert sich jemand um diese Fragen? Bibliotheksdienst. 2004;38(10):1239-45. http://www.zlb.de/aktivitaeten/bd_neu/heftinhalte/heft9-1204/Beruf1004.pdf External link
7.
Berufsbild 2000: Bibliotheken und Bibliothekare im Wandel/Erarb. von d. AG Gemeinsames Berufsbild d. Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände (BDB) unter Ltg. von Ute Krauß-Leichert. Berlin: BDB; 1998. (3-87068-589-1) http://www.bideutschland.de/seiten/berufsbild/berufsbild2000.pdf External link
8.
Holste-Flinspach K. Die Einschätzung der Ausbildung für die mittlere berufliche Ebene im Bibliothekswesen durch Berufsangehörige. Bibliotheksdienst. 2002;36(8/9):1047-58. http://bibliotheksdienst.zlb.de/2002/02_08_04.pdf External link
9.
Abschlussbericht zum Forschungsprojekt 4.2.011 (Quantitative und qualitativ strukturelle Aspekte bei neuen Ausbildungsberufen für den Dienstleistungssektor - Chancen für das Bildungs- und Beschäftigungssystem - http://www.bibb.de/de/6112.htm) des Bundesinstituts für Berufsbildung (ohne Datumsangabe, S. 8). http://www.bibb.de/dokumente/pdf/a41_abschlussbericht_fp-42011.pdf External link
10.
Müller-Heiden B. Fachangestellte/r für Medien - und Informationsdienste. Ein anspruchsvoller Serviceberuf. Information - Wissenschaft & Praxis. 2006;57(1):19-22. http://www.agi-imc.de/isearch/dgi_publications.nsf/93387c5d893ee67bc12572590061a297/582ec7de8d485fd5c125724b00808df3/$File/23012006003.pdf External link
11.
Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB). Berufsinformationen. http://www2.bibb.de/tools/aab/aab_start.php External link
12.
Holste-Flinspach K. Im Spiegel von Stellenausschreibungen: Die ersten drei Jahre der Ausbildung zum Fachangestellten für Medien -und Informationsdienste. Buch und Bibliothek (BuB). 2002;54(4):209-11.
13.
Holste-Flinspach K. Arbeitsfelder für Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste und Bibliothekare in der freien Wirtschaft. B.I.T. online. 2006;9(2)153-4. http://www.b-i-t-online.de/pdf/bit/BIT2006-2.pdf External link
14.
Lang U. "Qualifiziert und fundiert" oder Was von blumigen Theorien übrig blieb. Ausbildung zum/zur Fachangestellten für Medien -und Informationsdienste an der SUB Hamburg. Buch und Bibliothek (BuB). 2001;53(34):160-4.