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GMS Hygiene and Infection Control

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH)

ISSN 2196-5226

Qualitätssicherung am Beispiel der diabetischen Fußbettung

Quality assurance in the field of diabetes adapted foot-orthoses

Originalarbeit

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  • corresponding author Detlef Kokegei - Institut für Qualitätssicherung und Zertifizierung, Dortmund, Deutschland
  • Ludger Lastring - Bundesfachschule für Orthopädie-Technik, Dortmund, Deutschland
  • Stefan Bieringer - Bundesfachschule für Orthopädie-Technik, Dortmund, Deutschland

GMS Krankenhaushyg Interdiszip 2007;2(2):Doc33

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/journals/dgkh/2007-2/dgkh000066.shtml

Published: December 28, 2007

© 2007 Kokegei et al.
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Zusammenfassung

Im ersten Teil der Übersicht werden die generellen Qualitätsaktivitäten der Orthopädie-Technik mit dem Schwerpunkt der Fort- und Weiterbildung behandelt. Im zweiten Teil werden die Aktivitäten zur diabetischen Fußbettung einschließlich entsprechender Qualitätssicherungsseminare erläutert.

Schlüsselwörter: Qualitätsoffensive, Fort- und Weiterbildungsrichtlinien, Zertifizierung der Fortbildung, Institut für Qualitätssicherung und Zertifizierung, Qualitätssicherungsseminar, Diabetes-adaptierte Fußbettung

Abstract

In the first part of the review the general activities of P&O professional in quality are presented, whereas in the second part special activities for diabetes adapted foot-orthoses in quality assurance are shown.

Keywords: quality (offensive) through qualification, advanced training and professional development, certification of professional development, institute for quality assurance and certification, quality assurance workshops, diabetes adapted foot-orthoses


Einleitung

Die Qualitätsbestrebungen in der Hilfsmittelversorgung haben eine lange Tradition. Bereits 1993 starteten die Bundesfachschule für Orthopädie-Technik (BUFA) und der Bundesinnungsverband (BIV) in Zusammenarbeit mit dem TTH-Ring NRW das Projekt „Musterhandbuch QM“ für kleine und mittelgroße Handwerkbetriebe.

Auch das Hilfsmittelverzeichnis soll das Angebot auf dem Hilfsmittelmarkt strukturieren.

Mit der Qualitätsoffensive des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik (BIV) wurde im April 2003 der Fokus wieder deutlicher auf die Patientenversorgung gerichtet. Eine Arbeitsgruppe hatte dazu eine umfassende Leitlinie erstellt, die die Versorgungsabläufe, die Strukturen und Prozesse, aber auch die Versorgungsergebnisse transparent und nachvollziehbar macht.


Qualitäts- und Leistungsoffensive

Die Qualitäts- und Leistungsoffensive teilt sich in mehrere Untergruppen mit folgenden Schwerpunkten:

Rahmenbedingungen der Orthopädie-technischen Versorgung

  • Zulassungsbedingungen
  • Hilfsmittelkodex
  • Neue Innungssatzung

Qualität der Patientenversorgung

  • Profilerhebungsbögen
  • Versorgungsleitlinie
  • Leitlinien und Medizinproduktegesetz

Fort- und Weiterbildungsrichtlinien

Im Rahmen der Qualitäts- und Leistungsoffensive wurde ein Maßnahmenkatalog zur Sicherstellung eines hohen Ausbildungsniveaus mit folgenden Schwerpunkten

festgelegt.

  • Duale Ausbildung und FH-Studiengänge: Mit der Neustrukturierung der Ausbildungsordnung sowie der Neuordnung der Meisterprüfungsverordnung im Orthopädie-Techniker-Handwerk wurde 1996 die Handwerksausbildung aktualisiert. Parallel dazu wurde 1997 der Studiengang Orthopädie- und Reha-Technik in Zusammenarbeit mit der FH Gießen-Friedberg eingeführt. Damit ist auf der Basis der Gesellenprüfung eine Anbindung des Faches an die Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten der Fachhochschule möglich. Mit der Einführung des Studienganges Technische Orthopädie an der FH Münster-Burgsteinfurt gibt es seit Wintersemester 2002 durch die Kooperation mit der Klinik und Poliklinik für Technische Orthopädie der WWU und der Bundesfachschule ein weiteres Studienangebot.
  • Zertifizierung der Fortbildung: Zum Nachweis kontinuierlicher beruflicher Fortbildung können die Orthopädie-Techniker und Fachkräfte in Sanitätshäusern ein Fortbildungszertifikat erwerben. Die Struktur dieses Zertifikats ist an die Zertifizierung ärztlicher Fortbildung der Ärztekammern sowie der Akademie Deutscher Orthopäden angelehnt. Fort- und Weiterbildungen werden auf Antrag akkreditiert und mit Punktwerten versehen. Fachkräfte erhalten auf Antrag das Fortbildungszertifikat, wenn sie eine abgeschlossene Berufsausbildung zur/zum Kauffrau/Kaufmann im Sanitätsfachhandel oder zum OrthopädiemechanikerIn/BandagistIn nachweisen und 100 Fortbildungspunkte in drei Jahren gesammelt haben.
    Das Fortbildungszertifikat ist in folgende Bereiche gegliedert:
    • Prothetik inkl. Orthoprothetik
    • Orthetik inkl. Fußversorgungen
    • Sitzschalen und reha-technischer Sonderbau
    • Reha-Handelsware, Mobilitätshilfen und Homecare
    • Med. Kompressionstrumpfversorgung (Abbildung 1 [Abb. 1])
    • Bandage, Mieder, Epithesen
Auch Betriebe können ein Fortbildungszertifikat erwerben. Hier ist der Nachweis der persönlichen, sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen sowie der Nachweis eines gültigen Fortbildungszertifikates je Tätigkeitsbereich zu erbringen.
Die Zertifizierung bei den Mitarbeitern findet alle drei Jahre, bei den Betrieben alle zwei Jahre statt.
  • Institut für Qualitätssicherung und Zertifizierung: Zum 01.01.2004 hat die Bundesfachschule für Orthopädie-Technik das Institut für Qualitätssicherung und Zertifizierung zur Festsetzung der Qualitäts- und Leistungsoffensive gegründet. Hier können die Anbieter von Fortbildungsveranstaltungen die Akkreditierung und die Fortbildungspunkte beantragen. Das Institut überwacht die Fortbildungen, führt das Teilnahmeregister anhand der zurückgesandten Teilnehmerlisten und stellt auf Antrag die Zertifikate aus. Das Institut ist unter dem Dach der BUFA selbständig und unabhängig vom Lehrbetrieb tätig. Dem Leiter steht ein Beirat zur Seite, der die Arbeit begleitet und Streitfälle schlichtet. Dem Beirat gehören ein Vertreter der Industrie, der Medizin, der 1. Vorsitzende der FOT (Fortbildungsvereinigung für Orthopädie-Technik, Frankfurt e.V.) und der Präsident des BIV sowie der Leiter der BUFA an.

Qualitätssicherungsseminare

Bei den Seminaren über die Diabetes-adaptierten Fußbettungen gibt es eine Besonderheit. Diese Qualitätssicherungsseminare zur Anfertigung von Diabetes-adaptierten Fußbettungen sind durch die Kostenträger gefordert und anerkannt. Bei diesen therapeutisch langfristigen Versorgungen darf nur besonders geschultes Personal eingesetzt werden.

Bereits seit 10 Jahren werden Kurse zur technischen Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus an der Bundesfachschule angeboten und seit 2004 werden auch die Qualitätssicherungsseminare „Diabetes-adaptierte Fußbettungen“ in Abstimmung mit der Orthopädie-Schuhtechnik durchgeführt. Referenten sind Mediziner und Techniker. Der Arzt führt die abschließende Begutachtung und Abnahme durch, da reale Patienten ins Seminar eingeladen bzw. von den Teilnehmern mitgebracht werden. Die Seminare werden als Kleingruppe von 12 Teilnehmern durch 2 Referenten betreut. Das Qualifizierungszertifikat ist das Ziel.

Am 1. Seminartag steht die Theorie mit folgenden Themen im Vordergrund:

  • Medizinische Grundlagen
  • Biomechanik/Pathophysiologie
  • Orthopädisch-neurologische Basisuntersuchung
  • Therapie des diabetischen Fußsyndroms
  • Infektionsprävention durch Hygiene (Abbildung 2 [Abb. 2])
  • Technische Versorgungsmöglichkeiten
  • Einlagenaufbau, Materialkombination (speziell Diabetes geeignete Materialien)
  • Schuhzurichtung
  • Möglichkeiten und Grenzen der Pedobarographie
  • Auswertung und Schlussfolgerungen

Die Dozenten richten sich bei den Lehrinhalten nach den Empfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG; Tabelle 1 [Tab. 1]).

Natürlich muss auch die Versorgung bei höhergradigen Problemen angesprochen werden, auch wenn es primär um die Einlagenversorgung geht. Zum Verständnis der Indikationen und zur Erhöhung der Versorgungssicherheit ist das genauso wichtig. Hierbei stehen folgende Kriterien im Mittelpunkt:

  • Kontralaterale Major-Amputation
  • Arthropathie Hüfte/Knie/OSG oder Gelenkimplantat mit Funktionsbeeinträchtigung/Kontraktur
  • Amputation der Großzehe/Resektion MFK I (Abbildung 3 [Abb. 3])
  • Motorische Funktionseinschränkung/Parese eines oder beider Beine
  • Höhergradige Gang- und Standunsicherheit
  • Extreme Adipositas (BMI>35)
  • Dialysepflichtige Niereninsuffizienz
  • Beruf mit überwiegender Steh- und Gehbelastung
  • Erhebliche Visuseinschränkung

Am zweiten Tag folgt die klinische Praxis mit Patienten unter realen Bedingungen, wobei der Arzt für die Zeit des Seminars anwesend ist. Die klinische Praxis gliedert sich in folgende Abschnitte:


Fazit

Die Orthopädie-Technik hat auf die Erfordernisse des Marktes und der immer differenzierter gewordenen therapeutischen Vorgehensweise reagiert, in dem sie das Institut für Qualitätssicherung und Zertifizierung gründete und das Fortbildungszertifikat einführte. Sofern es sinnvoll und notwendig ist, werden gesonderte Qualitätssicherungsseminare durchgeführt. Ein Beispiel hierfür ist die Diabetes-adaptierte Fußbettung.