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GMS Hygiene and Infection Control

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH)

ISSN 2196-5226

Aseptisches Arbeiten im ambulanten Wundmanagement – Rechtliches und Praktisches

Aseptic procedure in the ambulant wound management – legal and practical issues

Übersichtsarbeit

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GMS Krankenhaushyg Interdiszip 2007;2(2):Doc31

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Published: December 28, 2007

© 2007 Schwarzkopf.
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Zusammenfassung

Ein nicht geringer Anteil der chronischen Wunden in Deutschland wird in Privatwohnungen durch ambulante Dienste versorgt. Ein kontrolliertes Hygienemanagement ist dort nicht ohne weiteres möglich und persönliche Hygienevorstellungen der Betreuten können sehr unterschiedlich sein. Hinzu kommt die nicht immer konfliktfreie Zusammenarbeit mit den betreuenden Ärzten.

Aseptisches Arbeiten unter Verwendung geeigneter Schutzmittel ist jedoch praktisch immer möglich, wenn überlegt vorgegangen wird. Rechtliche Vorschriften geben dem Arbeitschutz (BiostoffV, TRBA 250) und der Patientensicherheit (AMG, MPBetreibV) in Verbindung mit den aktuellen Empfehlungen des Robert Koch-Instituts auch in der häuslichen Pflege den Gestaltungsrahmen.

Schlüsselwörter: Hygienerecht, Wundmanagement, Hauspflege, Asepsis

Abstract

A greater part of the care of chronic wounds takes place in private homes in Germany. Not in every case it is possible to perform hygiene control of the environment. Personal hygiene ideas of patients may differ in a wide range. Teamwork together with surgeons is not always easy for wound managers.

Aseptic care of wounds is possible under nearly every condition, if well elaborated processes are engaged. Hygiene in home care is defined by laws to protect nursing persons (BiostoffV, TRBA 250) and patients (AMG, MPBetreibV) together with evidence based recommendations of the Robert Koch-Institut.

Keywords: hygiene laws and recommendations, wound management, home care, asepsis


Aseptisches Arbeiten im ambulanten Wundmanagement

Hygienefragen in der häuslichen Pflege

In den wenigsten Privatwohnungen finden sich ideale hygienische Bedingungen zur Versorgung von Wunden. Das Hygieneverständnis der Patienten und gegebenenfalls in der gleichen Wohnung lebender Angehöriger oder Partner kann erheblich von dem der Pflegekräfte differieren.

Beispielsweise können Haustiere wie Hunde oder Katzen anwesend sein, die auch während der Wundversorgung nicht aus dem Raum geschickt werden dürfen oder können. Allerdings ist das von diesen Tieren ausgehende Risiko auch nicht zu überschätzen, denn durch das jahrelange Zusammenleben von Mensch(en) und Tier(en) hat sich eine „Familienflora“ ausgebildet. Belecken der Wunde muss jedoch wegen der Pasteurellen in der „Maulflora“ vermieden werden [1].

Bei vorhandenen Flächen kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie prinzipiell fugendicht und zu desinfizieren sind.

Sind die zu behandelnden Wunden mit potentiellen Erregern besiedelt und leben in der gleichen Wohnung Menschen mit erhöhtem Infektionsrisiko, ist das bei der Planung des Verbandwechsels zu berücksichtigen.

Rechtsgrundlagen

Das Hygienerecht gilt natürlich auch in der ambulanten Pflege. Zu beachten sind insbesondere folgende Regelwerke bzw. Empfehlungen [2]:

  • Infektionsschutzgesetz (IfSG)
  • Medizinproduktegesetz (MPG)/Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV)
  • Arzneimittelgesetz (AMG) und Arzneimittelbücher (Pharm. Eur., DAB)
  • BiostoffV und TRBA 250 (Hygieneplan, Mitarbeiterschutz)
  • RKI-Empfehlungen
    • “Händehygiene”
    • “Infektionsprävention in Heimen”
    • “Prävention postoperativer Wunden im Operationsgebiet”
    • „Anforderungen der Hygiene an die Aufbereitung von Medizinprodukten“
  • Konsensusempfehlung zur Wundantisepsis

Unter Berücksichtigung der dort gemachten Angaben kann man sich das aseptische Arbeiten in der ambulanten Wundversorgung so vorstellen:

Vorbereitung der Tour

Zunächst werden die benötigten Instrumente und Schutzmittel (keimarme Einmalhandschuhe, sterile Einmalhandschuhe, gegebenenfalls flüssigkeitsdichte Einmalschürze, gegebenenfalls Schutzkittel bei Besiedlungen oder Infektionen mit multiresistenten Erregern (MRSA, c-MRSA, ESBL, VRE/GRE, Pseudomonas aeruginosa) und Mund-Nasen-Schutz) eingepackt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Sterilgut möglichst vor mechanischer Belastung, Licht und Staub geschützt werden muss. Die Verpackungen müssen intakt und trocken sein. Die angegebenen Verfallsdaten dürfen nicht überschritten sein.

Sind die zu Versorgenden bekanntermaßen mit noch infektiöser Hepatitis B, C oder HIV infiziert, müssen für Injektionen und Infusionen zusätzlich sichere Arbeitsmittel (direkt zu sichernde Kanülen) mitgeführt und eingesetzt werden.

Eintreffen am Einsatzort

Vor Ort ist zu prüfen, ob Spüllösungen in Einmalbehältern und steril zur Verfügung stehen. Eine aseptische Arbeitsfläche zur Vorbereitung von Verbandmitteln und Spüllösung kann gegebenenfalls durch alkoholische Desinfektion oder mitgebrachte keimarme Unterlage geschaffen werden. Nun werden die benötigten Materialien gerichtet und eine undurchsichtige Abfalltüte für den alten Verband sowie eine Nierenschale zum Auffangen der Spüllösung bereitgestellt.

Werden die Instrumente wieder aufbereitet, kommt eine bruch- und durchstichsichere, flüssigkeitsdichte Box für gebrauchte Instrumente hinzu.

Alten Verband entfernen

Bei Verdacht auf Besiedlung oder Infektion mit multiresistenten Erregern Schutzkleidung anlegen, auf jeden Fall keimarme Einmalhandschuhe nach Händedesinfektion (Selbstschutz und Unterbindung der Weiterverbreitung), Hände vorher richtig trocknen lassen [3]. Hinzu kommen eine flüssigkeitsdichte Einmalschürze bei Spülungen oder Schutzkittel, gegebenenfalls auch Mund-Nasen-Schutz bei Erregern mit besonderen Eigenschaften (RKI-Empfehlung „Infektionsprävention in Heimen“).

Auch bei dem korrektesten Vorgehen werden Erreger, die auf der Wunde siedeln, freigesetzt [4], weshalb eine geeignete keimdichte wieder aufzubereitende (Handtuch) oder Einmal-Unterlage untergelegt werden sollte, um die darunter liegende Fläche vor einer Kontamination zu schützen. Der Verband wird in eine undurchsichtige Plastiktüte und dann in den Hausmüll gegeben.

Wunde spülen, antiseptische Maßnahmen

Nach der Verbandentfernung die sterile Spüllösung aseptisch applizieren, Leitungswasser zum Ausduschen nur mit Sterilfilter oder bei extremer Fäkalkontamination der Wunde, dann mit nachfolgender Applikation eines Antiseptikums [2].

Die abtropfende Spüllösung ist kontaminiert und muss sicher aufgefangen werden, gegebenenfalls wird anschließend ein Wundantiseptikum angewendet.

Dann werden die Handschuhe ausgezogen und in die Plastiktüte entsorgt. Nach einer Händedesinfektion werden sterile Handschuhe, wenn Wundkontakt mit den Händen nicht vermeidbar ist, angelegt. Wird der Verbandwechsel mit Instrumenten durchgeführt (Non-Touch-Technik), genügen keimarme Einmalhandschuhe oder frisch desinfizierte Hände [5].

Mehrdosisbehälter für Wundspüllösungen müssen konserviert und eine Herstellerangabe über Nutzungsdauer nach Anbruch muss vorhanden sein; daher beim ersten Öffnen oder Punktieren Anbruchdatum gegebenenfalls mit Uhrzeit markieren.

Neuen Verband anlegen, entsorgen

Nach dem Zuschneiden (Herstellerangaben beachten!) wird das neue Verbandmaterial appliziert und gegebenenfalls mit steriler Flüssigkeit benetzt.

Nach Beendigung des Verbandwechsels wird die Nierenschale geleert und desinfiziert, der Abfall wird in die Hausmülltonne entsorgt.

Wieder aufzubereitende kontaminierte Unterlagen werden mit wenigstens 60°C gewaschen, besser der Kochwäsche zugeführt.

Die Händedesinfektion schließt den Verbandwechsel ab.


Literatur

1.
Weber A, Schwarzkopf A. Heimtierhaltung - Chancen und Risiken für die Gesundheit. Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 19. Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt. Berlin: Robert Koch-Institut; 2003. http://www.rki.de/cln_049/nn_199850/DE/Content/GBE/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsT/ heimtierhaltung,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/heimtierhaltung.pdf External link
2.
Schwarzkopf A. Vom Gesetz zur Empfehlung - Was Wundbehandler hygienisch beachten müssen. Wund Management. 2007;1:111-3.
3.
Schwarzkopf A. Betrachtungen zur Hygiene in der Wundversorgung. ZfW. 2003;3:82-4.
4.
Ohgke H, Kanz E. Verbreitung von Staph. aureus im Patientenzimmer. Zbl Bakt Hyg 1. Abt Org B. 1980;171:293-308.
5.
Just HM, Höpken ME, Kappstein I, Kunoth E, Daniels-Haardt I, Kramer A, Exner M, Unger G, Wischnewski N, Mielke M. Infektionsprävention in Heimen. Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionspräventionen beim Robert Koch-Institut. München: Elsevier; 2005.