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Erschwerte Differentialdiagnose bei 17jährigem adipösem Patienten: Typ 1 Diabetes? Typ 2 Diabetes? Oder „Doppel-Diabetes“?
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Veröffentlicht: | 11. April 2012 |
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Problemstellung: Bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes besteht in 90–95% der Fälle ein Typ 1 Diabetes. Aufgrund der zunehmenden Anzahl an übergewichtigen Kindern und Jugendlichen treten auch in dieser Altersklasse zunehmend Fälle von Typ 2 Diabetes und Mischformen auf. Eine eindeutige klinische Zuordnung ist manchmal erst im Verlauf der Erkrankung möglich.
Fallbericht: Wir berichten über einen 17 Jahre alten türkischen Jungen mit erhöhten Blutzuckerwerten, Adipositas (BMI 32,3 kg/m2), einer Akanthosis nigricans und einer Vitiligo bei sonst unauffälligem Untersuchungsbefund. Der HbA1c Wert lag bei 8,6%, die stimulierten c-Peptidwerte bei maximal 1,6 nmol/l. Die Diabetes-spezifischen Autoantikörper gegen Glutamatdecarboxylase und Insulin waren negativ, die gegen die Proteintyrosinphosphatase IA-2 und gegen Zink-Transporter-8 gerichteten Antikörper positiv. Sonographisch zeigte sich eine Steatosis hepatis. Unter Therapie mit Metformin (2x1g) normalisierten sich Blutzucker- und Leberwerte nach einigen Wochen. Nach zwei Monaten lag der HbA1c Wert bei 6,1%, und es war bereits eine Gewichtsabnahme von 5 kg zu verzeichnen.
Diskussion: Bei dem Patienten war eine eindeutige Klassifikation erschwert, da sich neben charakteristischen Befunden eines Typ 2 Diabetes (Akanthosis nigricans, Adipositas, Steatohepatitis) auch die eines Typ 1 Diabetes (Vitiligo, positive IA-2 Antikörper) zeigten. Weitere Klärung brachte im vorliegenden Fall die zusätzliche Bestimmung von Zink-Transporter-8-Antikörpern im Rahmen der DiMelli Studie. Da phänotypisch eher ein Typ 2 Diabetes vorlag und sich noch eine gute Stimulierbarkeit des c-Peptids zeigte, wurde zunächst eine Therapie mit Metformin begonnen. Da im Rahmen der erweiterten Diagnostik zwei positive Autoantikörper nachgewiesen werden konnten, ist jedoch eine autoimmunologische Genese wahrscheinlich, und der Patient wird mit hoher Wahrscheinlichkeit im Verlauf eine Insulintherapie benötigen.
Schlussfolgerung: Bei adipösen jugendlichen Patienten mit Diabetes ist die eindeutige Klassifikation von Beginn an nicht immer möglich, und es können charakteristische Befunde eines Typ 1 und Typ 2 Diabetes gleichzeitig vorliegen. Bei dem vorgestellten Patienten ist im Moment die Therapie mit Metformin noch ausreichend. Engmaschige Kontrollen sind zwingend erforderlich, um den Übergang in eine Insulinpflichtigkeit rechtzeitig zu erkennen.