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60. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (NDGKJ)

Norddeutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V.

13.05. - 15.05.2011, Braunschweig

Klinische und laborchemische Charakteristika von Enterovirus-Meningitiden – Fallsammlung 2006–2010

Meeting Abstract

  • A. Querfurt - Prof.-Hess-Kinderklinik, Klinikum Bremen-Mitte, Bremen
  • P. Kaiser - Prof.-Hess-Kinderklinik, Klinikum Bremen-Mitte, Bremen
  • K. Neubauer - Geschäftsstelle der Nationalen Kommission für die Polioeradikation in Deutschland, Robert Koch Institut, Berlin
  • H.-I. Huppertz - Prof.-Hess-Kinderklinik, Klinikum Bremen-Mitte, Bremen

Norddeutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. 60. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Braunschweig, 13.-15.05.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11ndgkjPO-27

doi: 10.3205/11ndgkj30, urn:nbn:de:0183-11ndgkj302

Veröffentlicht: 2. Mai 2011

© 2011 Querfurt et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Meningitiden bei Kindern haben eine hohe Morbidität und Mortalität. Während Epidemiologie und Klinik bakt. Meningitiden gut bekannt sind, sind virale Meningitiden weniger gut charakterisiert.

Enteroviren (EV) können insb. in den ersten Lebenswochen sowie bei Immunkompromittierten zu schwerer Sepsis-ähnlicher Erkrankung führen. Die Unterscheidung zu bakteriellen ZNS-Infektionen kann klinisch schwierig sein, ist aber wichtig, um Übertherapie und unnötige Hospitalisierungszeiten zu vermeiden.

Material und Methodik: Retrospektiv wurden mittels ICD-10-Kodierung Kinder mit Meningitis an der Prof.-Hess-Kinderklinik, Bremen, in der Zeit vom 1.1.2006–31.12.2010 identifiziert. Patienten mit bakt. Meningitis, Neuroborreliose, Herpes-Encephalitis und autoimmun-vermittelter Myelitis oder Vasculitis wurden ausgeschlossen. Eingeschlossen wurden Kinder, bei denen eine Stuhl- oder Liquordiagnostik auf EV durchgeführt wurde und eine Liquor-Pleozytose >10 Leukos/µl vorlag. Ein Abgleich mit den Einsendedaten aus der nationalen EV-Surveillance (Robert Koch-Institut, Berlin) fand statt.

Ergebnisse: Von 28 Kindern (Alter 0–12 Jahre) mit nachgewiesener EV-Meningitis konnte in 12 Fällen das Virus typisiert werden. Als Vergleichsgruppe wurden 25 Kinder (Alter 0–16 Jahre) mit Nicht-EV-Meningitis identifiziert.

Alle EV-Meningitiden wurden in den Monaten Juni-Oktober diagnostiziert, in der Vergleichsgruppe traten Erkrankungen über das ganze Jahr hinweg auf. In der EV-Gruppe waren Liquorprotein und -glukose sowie Inflammationsmarker im Serum meist normwertig bzw. nur wenig pathologisch und das Pleozytose-Ausmaß eher gering (<700 Leukos/µl Liquor). In der Nicht-EV-Gruppe konnten z.T. starke Erhöhungen vom CrP i.S. (max. 241 mg/l), der Leukozyten im Blut (max. 37,5/nl) und des Liquorproteins (max. 3458 mg/l) beobachtet werden.

Während die EV-Gruppe initial „Meningitis-typischere“ Symptome (Erbrechen, Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit) zeigte, war jedoch ihre mediane Dauer des Krankenhausaufenthaltes mit 5 Tagen gegenüber der Vergleichsgruppe (9 Tage) deutlich niedriger. Der „bacterial meningitis score“ (BMS, Nigrovic et al., 2002) hätte in der EV-Gruppe 19/28 Kinder als „very low risk“ für eine bakterielle Meningitis (BMS=0) identifiziert, in der Nicht-EV-Gruppe war dies nur bei 10/25 der Fall. Alle Kinder wurden primär mit Antibiotika behandelt, in beiden Gruppen im Median für 4 Tage. Alle Kinder zeigten eine restitutio ad integrum.

Diskussion: Enterovirus-Meningitiden treten v.a. während der Sommer- und Herbstmonate auf. Gegenüber anderen nicht-bakteriellen Meningitiden zeichnen sie sich durch „Meningitis-typischere“ Primärsymptome, dann jedoch durch ein milderes Bild der laborchemischen Charakteristika und des klinischen Verlaufes aus. Der „bacterial meningitis score“ kann hilfreich sein, um unnötige Antibiotikatherapien und Krankenhausaufenthalte zu vermeiden.