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Apolipoprotein C-II-Defizienz im Säuglingsalter
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Veröffentlicht: | 2. Mai 2011 |
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Eineitung: Apolipoprotein C-II-Defizienz ist eine sehr seltene autosomal-rezessiv vererbbare Stoffwechselerkrankung, die durch extrem erhöhte Serumkonzentrationen von Triglyceriden (bis 30.000 mg/dl) sowie Chylomikronen (milchig-rahmiges Serum) gekennzeichnet ist. Das Apo C-II-Gen liegt auf Chromosom 19. Das Apolipoprotein C-II spielt bei der Aktivierung der Lipoproteinlipase (Lpl) eine zentrale Rolle. Die Lipoproteinlipase dient als Katalysator bei der Aufspaltung und Abspaltung von Triglyceriden aus Lipoproteinen wie z.B. Chylomikronen und very low density Proteinen (VLDL).
Fallbericht: Dieser 6 Wochen alte Patient wurde aufgrund von sehr schrillem Schreien, das den ganzen Morgen bestand, in unserer Poliklinik vorgestellt. Der Patient ließ sich nicht beruhigen, war zunehmend muskulär hypotoner geworden und erbrach die Nahrung im Schwall. Am Vortag war er klinisch vollkommen gesund.
Der Patient ist ein eutrophes Neugeborenes der 38+5 SSW mit unauffälliger postnataler Anpassung. Es ist das erste Kind erstgradig konsanguiner, gesunder Eltern, die aus der Türkei stammen. In der Neugeborenenzeit hat der Patient, der ausschließlich mit Muttermilch ernährt wurde, gut an Gewicht zugenommen.
Bei Aufnahme zeigte der Patient das schrille Schreien, eine opisthotone Körperhaltung und eine Berührungsempfindlichtkeit im Sinne einer akuten Meningitis. Bei Blutentnahme fiel ein massiv hyperlipämisches Blut, das eine rosa Färbung mit weißen Schlieren zeigte, auf. Laborchemisch fand sich eine massive Hypertriglyceridämie (24.150 mg/dl). Des Weiteren zeigte sich ein pathologisches EEG mit einer Verlangsamung über den hinteren Regionen sowie einer multifokal erhöhten cerebralen Anfallsbereitschaft. Als Akuttherapie erhielt der Patient eine sofortige Austauschtransfusion mit Erythrozytenkonzentrat (178 ml/kg KG) und FFP. Nach Abschluss der Austauschtransfusion zeigten sich laborchemisch bereits sinkende Triglyceridwerte (7.768 mg/dl). Im Anschluss wurde ein Kostaufbau mit MCT-Kost unter Beimischung essentieller Fettsäuren begonnen. In den sonographischen Kontrolluntersuchungen der Organe sowie einer cerebralen MRT-Bildgebung zeigten sich keine Auffälligkeiten.
Schlussfolgerungen: Patienten mit einer Apolipoprotein C-II-Defizienz sollten eine lebenslange fettreduzierte Diät einhalten. Da dies nicht unproblematisch ist, ist es sinnvoll den Patienten mittelkettige Fettsäuren anzubieten, da diese nicht mittels Chylomikronen transportiert werden, sondern direkt über die Pfortader zur Leber gelangen. Neben einer Triglyceridreduktion im Serum führt dies auch zur Verminderung der Plasmaviskosität. Fettlösliche Vitamine sollten substituiert werden.