gms | German Medical Science

12. Internationales SkillsLab Symposium 2017

31.03. - 01.04.2017, Erlangen

„Anamnesetraining“ als Peer Assisted Learning

Vortrag

12. Internationales SkillsLab Symposium 2017. Erlangen, 31.03.-01.04.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV3-01

doi: 10.3205/17isls07, urn:nbn:de:0183-17isls077

Veröffentlicht: 9. März 2017

© 2017 Jüngert et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Das Studium der Humanmedizin ist ganz wesentlich auf Praxisbezug angewiesen und Wahlpflichtfächern kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Ziel des klinischen Wahlpflichtfaches „Anamnesetraining“ ist es, Studierende in der Anamneseerhebung von Patienten mit typischen Erkrankungen in der Hausarztpraxis (z.B. Kopfschmerz, Rückenschmerz oder chronische Erkrankung) zu schulen. Fokus des von der PERLE unterstützen Kurses ist nicht die medizinische Differentialdiagnostik, sondern das Einüben einer Arzt-Patienten–Kommunikation auf Augenhöhe.

Methoden: Geschulte Tutoren, die das Training selbst durchlaufen haben, betreuen Kleingruppen à vier Studierende. In diesen führen sie wöchentlich mit einem Laienschauspielpatienten je ein Anamnesegespräch. Insgesamt werden 8 Anamnesetrainings abgehalten, bei denen jeweils ein anderer allgemeinmedizinischer Beratungsanlass behandelt wird. Zu diesem gibt es je vier Fallbeispiele, die nach zunehmender Schwierigkeit gestaffelt sind. Der Ablauf des Feedbacks ist strukturiert, nach dem Anamnesegespräch kann der Student selbst seine Eindrücke kommentieren und formulieren, danach erhält er Feedback von dem Schauspielpatienten, den anderen KursteilnehmerInnen und dem Tutor. Eine ärztliche Supervisorin ist zeitweise verfügbar. Diese hält vor Beginn eine Seminareinheit als Einführung zu den Themen „Feedback geben und nehmen“, „Arzt-Patientenbeziehung“ und „patientenzentrierte Kommunikation“. Zum Abschluss des Trainings verfassen die Teilnehmenden im Prüfungsformat eine schriftliche Selbstreflexion, in der sie die eigene praktische Lernerfahrung verarbeiten.

Ergebnisse: Die Studierenden haben diese Unterrichtsform sehr gut angenommen. Die Betreuung der Gruppen durch Peers stellt das entscheidende Moment dar, das die sehr gute Akzeptanz des Trainings ausmacht. Ihr Feedback und das der KommilitonInnen wird als relevant erachtet und eine lockere Lernatmosphäre bereitgestellt. Die TutorInnen erleben, dass so für spätere reale Anamnesegespräche durch die wöchentliche Lernspirale ein wertvolles Fundament gelegt wird. Die besondere Situation in einer Kleingruppe mit insgesamt 10 fortlaufenden Treffen ermöglicht den TeilnehmerInnen, Vertrauen aufzubauen und so die Basis zu schaffen, um auch kritische Rückmeldungen und Unsicherheiten zu zulassen. Dies ist ein wichtiges Element, um Lernerfahrungen auch emotional zu verankern.

Die Evaluation des Trainings ist sehr positiv, eine systematische Auswertung ist bislang nicht erfolgt. Nachfolgend sind einige exemplarische Einträge aus Freitextfeldern genannt: positiv sei die „praktische Art Allgemeinmedizin zu üben“, das “ intensive Praxistraining“, die „kleine Gruppe“, „Vertrauen in der Gruppe“ und die „lockere Atmosphäre“, die „verschiedenen Fälle“, „Vielzahl der Situationen, auf die man reagieren muss“, „realitätsnahe Fälle“ und die „Echtheit der Gespräche“. Ebenso als gut empfunden wurde die „Routine durch die mehrfachen Übungen“, „Sicherheit und Selbstvertrauen“, „aktive Teilnahme“, das „Zusehen bei Kommilitonen “ und die „Feedbackrunden“. „Bei jedem Studenten waren Verbesserungen zu sehen“, der „Mensch (…stehe…) im Vordergrund“, die „Abwechslung vom Studienalltag“, die „Selbstreflexion“ und die „gute Struktur“ wurden positiv empfunden.

Diese Art der Schulung ist zwar in der Vorbereitung aufwendig, da sie Schulungen der Schauspieler und Tutoren erfordert, hat sich aber aus unserer Sicht hervorragend bewährt. Die zum Abschluss der Veranstaltung durchgeführte Prüfung in Form eines reflektierenden Textes zeigt, dass sich die Teilnehmenden in ihrem kommunikativen Kompentenzerleben subjektiv deutlich verbesserten und häufig auch das Gefühl hatten, persönlich von dem Kurs profitiert zu haben.

Diskussion: Wir berichten erstmals über das Wahlpflichtfach "Anamnesetraining" als Peer Assisted Learning. Mit Hilfe von Laienschauspielpatienten und Tutorenunterstützung gelingt es, erfolgreich kommunikative Skills zu lehren. Der interaktive Ansatz lässt sich sehr gut in den Unterricht integrieren und baut auf das Engagement von studentischen Tutoren auf. Das Konzept zeigt einen Weg, Fertigkeiten und Haltungen im Bereich Konsultation zu vermitteln und weiter zu geben. Dies ist interessant für Medizinstudenten, SkillsLab-Tutoren und SkillsLab-Leiter. Langfristige Evaluationen sind geplant und sollen helfen, das Konzept weiter zu verbessern und auszubauen.


Literatur

1.
Langewitz W. Erlernbarkeit der Arzt-Patient-Kommunikation in der medizinischen Ausbildung. In: Frischenschlager O, Hladschik-Kermer B (Hrsg). Gesprächsführung in der Medizin. Wien: Facultas; 2013. S,111-123.
2.
Amstad H, Elger B, Heuss A, Kiss A, Langewitz W, Salathé M. Kommunikation im medizinischen Alltag, Ein Leitfaden für die Praxis. Bern: Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften; 2013.