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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

AppFactLib – Konzept für die Bereitstellung transparenter Informationen für die Bewertung von Apps im Gesundheitsbereich

Meeting Abstract

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  • Tobias Jungnickel - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Ute von Jan - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Urs-Vito Albrecht - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 211

doi: 10.3205/15gmds020, urn:nbn:de:0183-15gmds0204

Veröffentlicht: 27. August 2015

© 2015 Jungnickel et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Apps liegen im Trend. Gerade Anwendungen mit Gesundheitsbezug entwickeln sich derzeit zu Kernangeboten der gängigen Vertriebsplattformen. Für Anwender sind die Qualität und Vertrauenswürdigkeit bei dem Überangebot allerdings schwer einzuschätzen. In Ermangelung allgemeingültiger Siegel oder sonstiger Qualitätsnachweise für entsprechende Apps bleiben Nutzer hinsichtlich der Beurteilung der sie interessierenden bzw. bereits von ihnen eingesetzten Gesundheits- und Medizin-Apps daher zumeist auf sich gestellt [1]. Zum Treffen einer begründeten Nutzungsentscheidung greifen Nutzer zunächst auf die Herstellerinformationen zurück. Die in den App-Stores erhältlichen Informationen sind in aber häufig eher auf Marketingaspekte beschränkt, als dass sie eine umfassende Information im Sinne “harter Fakten”, beispielsweise Hintergrundinformationen zu Sicherheitsaspekten bzw. Begründungen zu den durch die Apps angeforderten Rechten, Validität der enthaltenen Informationen (inkl. Evidenz) etc. darstellen; die Suche nach diesen und ähnlichen Informationen über andere Informationsquellen stellt viele Interessenten vor eine Herausforderung. Teils mögen auch Beschränkungen der App-Store-Betreiber hinsichtlich der maximalen Länge der Beschreibungstexte in den Stores. Hersteller sind daher aufgefordert umfassend, fair und transparent über ihr Produkt zu informieren.

Um Herstellern die Implementierung und Bereitstellung eines geeigneten “Beipackzettels” (engl. package insert) zu erleichtern und der Öffentlichkeit einen leichteren Zugriff auf diese Information zu ermöglichen, wird das Konzept eines AppFactLib-Portals vorgestellt, das wahlweise eigenständig genutzt oder in bereits existierende Webangebote von Stakeholdern im Gesundheitsbereich (Interessenverbänden und offiziellen Organisationen) integriert werden könnte. Mit wenig Aufwand könnten Hersteller hierüber nutzungsentscheidungsrelevante Informationen zum eigenen App-Angebot zusammenstellen und diese ihren Kunden über verschiedene Kanäle, nicht zuletzt auch integriert in die Apps selbst darzubieten. Anwender könnten hierüber die Gelegenheit erhalten, alle für sie relevanten Informationen zu einer App in einer Form abrufen können, wie sie über die App-Stores selbst nur schwerlich möglich wäre.

Material und Methoden: Es existieren bereits verschiedene Ansätze, Güte-Kriterien bzw. Scores im medizinischen [2], [3] wie nicht-medizinischen Bereich [4] zu definieren die eine Einschätzung der Qualität von Apps erlauben. Dies sind zumeist Werkzeuge, die sich wahlweise an Experten oder direkt an Nutzer richten und auf einer Auswertung der zu einer App zur Verfügung stehenden Informationen basieren. Für den durchschnittlichen Anwender, der nicht unbedingt medizinischen Fachkreisen angehören muss, wirken diese Werkzeuge meist abstrakt; zusätzlich ist ihre Anwendung oft aufwendig, was abschreckend wirken kann. Hinzu kommt, dass Anwender eventuell aus ihrer jeweiligen Interessenlage heraus unterschiedliche Schwerpunkte bei der Beurteilung setzen würden, was durch nach festem Schema kalkulierte Scores nur unbefriedigend abgedeckt werden kann. Unter anderem in [5] wurde daher mit der sogenannten App-Synopse für Hersteller ein standardisiertes Werkzeug für die transparente Berichterstattung zu Apps vorgestellt, das ihnen eine Hilfestellung bei der Bereitstellung aller für Nutzer interessanten Informationen bieten soll und verschiedene Bereiche, von Meta-Informationen zu Hersteller und App über potentielle Anwendungsszenarien und das Datenhandling bis hin zur Studienlage abdeckt. Quasi als Gegenstück existiert zusätzlich eine Checkliste [6], über die Anwender eine für sie potentiell interessante App noch vor der Installation unter Berücksichtigung ihrer eigenen Anforderungen beurteilen können. Dies ist insbesondere dann komfortabel möglich, wenn der Hersteller die nötigen Informationen der Struktur der App-Synopse folgend bereitstellt.

Ergebnisse: Das Konzept des vorgeschlagenen AppFactLib-Portals sieht die Umsetzung der vorgenannten Synopse im Sinne eines webbasierten Portals vor, in dem Apps mit Gesundheitsbezug freiwillig gelistet werden können und das einerseits Erstellern bzw. Vertreibern von Apps eine einfach zu nutzende Möglichkeit bieten soll, die relevanten Informationen zu ihren Apps zu aggregieren und sie in ansprechend aufbereiteter und standardisierter Form ihren (potentiellen) Nutzern sowohl in durchsuchbarer Form online als auch in den Apps selbst bereitzustellen. Die Umsetzung ist wie folgt vorgesehen:

Zunächst registriert ein Verantwortlicher, der vom Hersteller benannt wird, die jeweilige App im Portal und erfasst die für die Vervollständigung der App-Synopse erforderlichen Daten über ein bereitgestelltes Formular. Der Zugang hierzu ist nach dem Stand der Technik über ein rollenbasiertes Zugriffsverfahren geschützt. Die zu einer App basierend auf der App-Synopse erfassten Daten werden innerhalb des Portals in einer Datenbank vorgehalten.

Diese Informationen werden interessierten Anwendern in einer durchsuchbaren Fassung auf der Webseite des Portals – mit Links zu den zugehörigen App-Stores – angeboten; Hersteller können z.B. aus den diversen App-Stores heraus auf den jeweiligen Eintrag innerhalb des Portals verweisen und so auch die Darstellung ihrer App im Store ergänzen.

Um Anwendern zusätzlich zu den über das Portal verfügbaren Informationen auch nach erfolgter Installation der App (und evtl. ohne Online-Zugriff) die für sie interessanten Informationen transparent und ohne einen Mehraufwand darstellen zu können, soll die Synopse zusätzlich innerhalb der App aufzurufen sein. Hierzu können Hersteller innerhalb des Portals eine statische Version der App-Synopse mit vorgegebener Struktur im JSON-Format erzeugen. Für die einfache Einbindung dieser statischen Version der Synopse soll eine frei verfügbare Bibliothek, resp. Framework, bereitgestellt werden, die auf Herstellerseite den für die App-Integration nötigen Aufwand minimieren hilft und eine Möglichkeit zur ansprechenden und standardisierten Darstellung der Synopse bzw. den vereinfachten Zugriff auf die zugehörigen Daten bietet. Die so definierten Bausteine lassen sich auf den für die jeweilige Plattform üblichen Wegen in den Apps einbinden und für den Anwender standardisiert darstellen. Durch die Trennung von Datenhaltung und Darstellung ist zudem leicht eine Übertragung auf zusätzliche mobile Plattformen zu realisieren.

Diskussion: Die Umsetzung des hier skizzierte Portals befindet sich derzeit in der Planung und soll in der Testphase zunächst einem ausgewählten Teilnehmerkreis zur initialen Testung hinsichtlich Usability und Akzeptanz zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Nach Abschluss der Testphase sollen einerseits das Portal, andererseits aber auch die zur Integration der Synopse in eigene Apps nötigen Schnittstellen bzw. Bibliotheken offen zugänglich gemacht werden. Auch ist bereits eine Erweiterung des Konzepts angedacht, durch die die Synopse innerhalb einer App nicht nur statisch vorgehalten, sondern bei existierender Online-Verbindung auch direkt aus dem Portals abgerufen werden kann, was von Seiten der Hersteller, z.B. bei Vorliegen neuer Studiendaten zur App, leicht eine zeitnahe Aktualisierung der bereitgestellten Informationen nicht nur im Portal selbst, sondern auch in der (selbst ansonsten nicht veränderten) App ermöglichen würde; hierbei ist aus Datenschutzgründen allerdings keine Tracking-Funktionalität angedacht. Um einen möglichst breiten Einsatz des Portals zu erreichen bzw. seine Bekanntheit zu steigern, ist bereits eine Zusammenarbeit mit verschiedenen im Gesundheitsbereich tätigen Interessenvertretungen bzw. Verbänden geplant.


Literatur

1.
Albrecht UV. Vertrauenswürdige Gesundheits-Apps. Forum Med Med Mdi. 2014;3:102–3.
2.
Bonacina S, Marceglia S, Pinciroli F. A pictorial schema for a comprehensive user-oriented identification of medical Apps. Methods Inf Med. 2014;53(3):208–24.
3.
Stoyanov SR, Hides L, Kavanagh DJ, Zelenko O, Tjondronegoro D, Mani M. Mobile App Rating Scale: A New Tool for Assessing the Quality of Health Mobile Apps. JMIR MHealth UHealth. 2015 Mar 11;3(1):e27.
4.
Gates CS, Li N, Peng H, Sarma B, Qi Y, Potharaju R, et al. Generating Summary Risk Scores for Mobile Applications. IEEE Trans Dependable Secure Comput. 2014 Mai;11(3):238–51.
5.
Albrecht UV, Pramann O, von Jan U. Chapter 7: Synopsis for Health Apps - Transparency for Trust and Decision Making. In: Househ M, Borycki E, Kushniruk A, editors. Social Media and Mobile Technologies for Healthcare. 1st ed. Hershey PA: Idea Group Pub; 2014.
6.
Albrecht UV, Noll C, von Jan U. App-synopsis: self-assessment on trust or distrust of health-apps. Stud Health Technol Inf. 2014;202:233–6.