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GMDS 2012: 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

16. - 20.09.2012, Braunschweig

Anforderungsanalyse zur Protokoll-Feasibility in klinischen Studien durch Nutzung von Daten aus der elektronischen Patientenakte

Meeting Abstract

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  • Wolfgang Kuchinke - Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, Deutschland
  • Töresin Karakoyun - Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, Deutschland
  • Christian Ohmann - Universität Düsseldorf, Koordinierungszentrum für Klinische Studien, Düsseldorf, Deutschland

GMDS 2012. 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Braunschweig, 16.-20.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12gmds037

doi: 10.3205/12gmds037, urn:nbn:de:0183-12gmds0370

Veröffentlicht: 13. September 2012

© 2012 Kuchinke et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die zunehmende Bedeutung zielgerichteter Therapien und personalisierter Medizin und die damit verbundenen steigenden Kosten haben inzwischen zu einem verstärkten Einsatz der elektronischen Patientenakte (EHR) für die medizinische Forschung geführt. Das Europäische Projekt EHR4CR (Electronic Health Records for Clinical Research) [1], [2] wird Entwicklungen aus der Medizininformatik zu Plattform-Services für die Unterstützung klinischer Forschung durch EHR-Daten aus Krankenhäusern kombinieren. Dazu gehört auch die Nutzung von EHR Daten für die klinische Studien-Feasibility, also für die Evaluation der Machbarkeit einer klinischen Studien.

Die Protokoll-Feasibility wird noch vor der Erstellung des Studienprotokolls durchgeführt und betrifft Fragen nach der Größe von Patientenpopulationen, der Effizienz von Ein- und Ausschlusskriterien, und das Vorhandensein geeigneter Studienzentren. Doch die gegenwärtige auf Fragebögen basierende Feasibility-Evaluation zeigt Defizite, z.B. Unterschiede zwischen Protokollsynopse und Protokoll, Subjektivität der Antworten [3], [4]. Basierend auf Interviews mit Feasibility-Experten wurden deshalb Anforderungen an eine Softwarelösung für die Protokoll-Feasibility entwickelt.

Methode: Ein Fragebogen bestehend aus 34 Fragen (einschließlich: Anforderungen an den Ablauf der Feasibility-Untersuchung, Abfrageprozess für potentielle Patientenpopulationen, Abfrageformen: verengend, erweiternd) bildete die Basis für 8 Telefoninterviews mit 4 Experten aus der Pharmaindustrie und 4 Experten aus dem akademischen Bereich (Ende 2011). Die Anforderungen wurden gesammelt und mit Text-basierten Analysemethoden untersucht.

Resultat: Insgesamt 326 Anforderungen für ein Feasibilitysystem mit EHR-Daten wurden gesammelt. Feasibility-Untersuchungen finden im Allgemeinen schrittweise statt. Deshalb sollte die Feasibility mit einer allgemeinen Umfelduntersuchung beginnen, die Informationen zum therapeutischen Bereich, externe Quellen (z.B. PubMed, CT.gov, länderspezifische Informationen) umfasst. Es wurden Unterschiede in den Anforderungen zwischen Nutzern aus Industrie und dem akademischen Bereich gefunden. Während Feasibility in der Pharmaindustrie oft Analysen auf Länderebene ermöglichen soll (z.B. Länder-spezifische Populationen und Standardbehandlungen); wollen akademische Nutzer eher spezifische Populationen auf regionaler Ebene untersuchen. Insbesondere wollen akademische Nutzer auch Gesundheitsdatenregister (Diabetes Register und Krebsregister) und EHRs in regionalen Krankenhäusern einschließen.

Das Feasibility-System sollte Abfragen nach einem bestimmten Ablauf unterstützten: zuerst sollte der Effekt von einfachen Einschlusskriterien auf die Populationsgröße analysiert werden; dann sollten spezifischere und komplexere Einschlusskriterien und ein Zugriff auf zusätzliche Datenquellen unterstützt werden. Daraufhin sollen zusätzlich Ausschlusskriterien berücksichtigt werden. Um aussagekräftige Zahlen zu erhalten, sollte das System die Abfrage von historischen Daten (z.B. Teilnahme an vorhergehenden Studien), pathologische und radiologische Befunde, und Abfragem mit Zeitintervallen, Grenzwerten und temporalen/logischen Beziehungen ermöglichen.

Diskussion: Eine große Anzahl an prozessbezogenen und spezifischen Anforderungen an ein Softwaresystem zur Unterstützung der Protokoll-Feasibilty wurde gesammelt. Die Umsetzbarkeit einiger Anforderungen ist schwierig, da die Art der Daten in der EHR-Datenbank im Krankenhaus häufig limitiert ist. Informationen über vorhandenes Equipment, Teilnahme an vorhergehenden Studien, etc. sind zum Beispiel nur indirekt wenn überhaupt vorhanden. Trotzdem, die Erstellung von Abfragen durch Kombination von Einschluss-/Auschlusskriterien und vom Allgemeinen zum Spezifischen mit komplexen temporalen Beziehungen ist realisierbar. Zuerst sollte das System eine Basisabfrage (einfaches Kriterium, Überblick) ermöglichen, dann eine Expertenabfrage (Kriterien mit logischen und zeitlichen Abhängigkeiten). Die erarbeiteten Anforderungen sind in die Softwarespezifikation für den Querybuilder von EHR4CR eingepflegt worden. Die direkte Anfrage basierend auf EHR-Daten in Krankenhäusern kann hoffentlich, die häufig zeitraubende und teilweise lästige und fehlerbehaftete Befragung der Studienärzte zu einem wesentlichen Teil überflüssig machen.


Literatur

1.
EHR4CR – Electronical Health Record for Clinical Research [Internet]. Available from: http://www.ehr4cr.eu/ Externer Link
2.
Kalra D, Schmidt A, Potts H W W, et al. Case Report from the EHR4CR Project — A European Survey on Electronic Health Records Systems for Clinical Research. iHealth Connections. 2011;1(2):108-13.
3.
Kibby M. Patient Recruitment Feasibility. Defining clinical trial feasibility and establishing a formula for patient recruitment success. Applied Clinical Trials. 2011. Available from: http://www.appliedclinicaltrialsonline.com Externer Link
4.
Burgess LJ, Sulzer NU. Examining the clinical trial feasibility process and its implications for a trial site. Open Access J Clin Trials. 2011;3:51-4.