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GMDS 2012: 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

16. - 20.09.2012, Braunschweig

Klinische Evaluation eines sensorgestützten Bettenausstiegsalarmsystems

Meeting Abstract

  • Klaus-Hendrik Wolf - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik, TU Braunschweig, Deutschland
  • Kathleen Hetzer - Klinikum Braunschweig, Deutschland
  • Hubertus Meyer zu Schwabedissen - Klinikum Braunschweig, Deutschland
  • Michael Marschollek - eter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik, MHH, Hannover, Deutschland

GMDS 2012. 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Braunschweig, 16.-20.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12gmds008

doi: 10.3205/12gmds008, urn:nbn:de:0183-12gmds0089

Veröffentlicht: 13. September 2012

© 2012 Wolf et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: In Kliniken gehören Stürze von Patienten zu den alltäglichen Problemen, die zuteilweise schweren und kostenintensiven Komplikationen führen. Laut Heinze et al. ereignen sich in deutschen Krankenhäusern im Schnitt 4,7 Stürze pro 1000 Bettentage, wobei erwartungsgemäß auf geriatrischen Stationen eine Häufung zu beobachten ist (9,1 Stürze/1.000 Bettentage) [1].

Neben der Individualprophylaxe können präventive organisatorische Maßnahmen helfen, Stürze zu reduzieren. Sturzgefährdete Patienten sollen das Pflegepersonal zur Hilfe zu rufen, wenn sie aufstehen wollen. Leider wird dieser Anweisung nicht immer (u.a. wegen kognitiver Einschränkungen) Folge geleistet. Ein Patient darf nur in schweren Ausnahmefällen fixiert werden.

In einem Forschungsprojekt des PLRI und des Klinikums Braunschweig wurde ein sensorgestützten Bettenausstiegsalarmsystems entwickelt, das das Pflegepersonal informiert, wenn ein Patient versucht aus dem Bett aufzustehen (vgl. [2]). Dem Pflegepersonal ist es somit möglich zeitnah Unterstützung anzubieten und möglicherweise Stürze zu verhindern. In einer vergleichenden, randomisierten, prospektiven klinischen Studie wird das System aktuell auf einer Station der geriatrischen Klinik evaluiert.

Material und Methode: Technisch besteht das System aus einem tragbaren Beschleunigungssensor und einer Basisstation, die an das Klingelsystem der Station angeschlossen ist. Ein vom Sensor erkannter Sturz wird zunächst per Bluetooth an die Basisstation gemeldet und von dieser dem Pflegepersonal per Klingelsystem signalisiert.

Während das System die technische Funktion schon unter Beweis stellen konnte, sollte im nächsten Schritt überprüft werden, ob der Einsatz des technischen Systems eine Reduktion der Sturzzahlen bewirken kann. Hierzu wurde eine Station ausgewählt und die in die Studie eingeschlossenen Patienten randomisiert in zwei Gruppen geteilt. Die Patienten der Interventionsgruppe trugen in den Ruhezeiten in denen sie nicht selbstständig aufstehen sollten einen Sensor, die Patienten der Kontrollgruppe nicht. Jede Gruppe soll zu Studienende 49 Patienten enthalten.

Endpunkt der Studie ist die Anzahl der Stürze, die in den Gruppen auftreten.

Ergebnisse: Aus technischer Sicht hat das System gut funktioniert und im Alltagsbetrieb haben sich keine Probleme gezeigt, die eine Nutzung des Systems verhindern. Die Tragezeiten entsprachen den erwarteten Werten. Die Nutzer machten eine Reihe von Vorschlägen zu Detailverbesserungen. Da die Studie aktuell noch läuft, kann das abschließende Ergebnis erst auf der Tagung präsentiert werden. Mit 75ten eingeschlossenen Patienten und 385 Patientennächten in denen der Sensor getragen wurde, gibt es aktuell 4 Stürze in der Interventionsgruppe (davon keine in der Nacht) und 18 Stürze in der Kontrollgruppe (davon 5 nachts).

Diskussion: In den bisherigen Daten der Studie zeigt sich eine Reduktion der Anzahl der Stürze auf der beobachteten Station gegenüber den Vorjahren. Erfreulich ist, dass die Station, die verglichen mit den anderen strukturgleichen Stationen ohnehin schon eine geringe Sturzzahl hat sich weiter verbessern konnte. Die Reduktion betrifft hierbei nicht nur die Interventionsgruppe und tritt nicht nur während der Tragezeiten des Sensors auf. Der Einsatz des technischen Systems scheint positive Nebenwirkungen auf die Organisation zu haben. Darüber hinaus kann berichtet werden, dass in der Interventionsgruppe weniger Patienten stürzen als in der Kontrollgruppe. Ob dieses Ergebnis statistisch relevant ist, kann abschließend erst nach Erreichen der projizierten Fallzahl beurteilt werden.


Literatur

1.
Heinze C, Halfens RJ, Dassen T. Falls in German in-patients and residents over 65 years of age. J Clin Nurs. 2007;16(3):495-501. DOI: 10.1111/j.1365-2702.2006.01578.x Externer Link
2.
Wolf KH, zu Schwabedissen HM, Marschollek M. Entwicklung eines sensorgestützten Bettenausstiegsalarmsystems. In: 56. gmds Jahrestagung; 2011 Sep 26-29; Mainz, Deutschland. p. 766-7.