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MAINZ//2011: 56. GMDS-Jahrestagung und 6. DGEpi-Jahrestagung

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

26. - 29.09.2011 in Mainz

Nutzen und Kosten der Elektronischen Krankenakte im Krankenhaus: Eine Analyse der Literatur von 2004 bis 2010

Meeting Abstract

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  • Jürgen Stausberg - LMU München, München
  • Aykut Uslu - USLU Medizininformatik, Düsseldorf

Mainz//2011. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi). Mainz, 26.-29.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gmds453

doi: 10.3205/11gmds453, urn:nbn:de:0183-11gmds4530

Veröffentlicht: 20. September 2011

© 2011 Stausberg et al.
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Gliederung

Text

Aktuelle Studien belegen eine geringe Verbreitung der elektronischen Krankenakte (EKA). In den USA verfügten 2008 weniger als 2 % der Krankenhäuser über eine vollständige Implementierung [1]. Für Deutschland und Österreich wurden aus Befragungen Häufigkeiten von 7,0 % und 11,9 % berichtet [2]. Unter Einschluss der Literatur bis Anfang 2004 zeigten sich in einer systematischen Literaturanalyse ökonomische Vorteile bei Einsatz einer EKA [3]. Auswirkungen auf die Behandlungsqualität ließen sich zum damaligen Zeitpunkt nicht belegen, weder negativ noch positiv. Zur Aktualisierung wurde eine Analyse der Literatur von 2004 bis Anfang 2010 mit identischer Methodik durchgeführt (siehe [4], [5], [6] zur Methodik).

Für die Literaturrecherche in Medline wurde „Medical Record System, Computerized“ mit verschiedenen Schlagworten für Kosten und Nutzen kombiniert. Hieraus resultierten 578 unterschiedliche Literaturstellen. Die Auswahl der relevanten Artikel wurde in zwei Schritten vorgenommen, wobei jede Literaturstellen von beiden Autoren unabhängig bewertet und Abweichungen im Konsens aufgelöst wurden. In einem ersten Schritt wurden über Titel und Abstract die Behandlung einer EKA, die Durchführung einer empirischen Studie und die Nutzung in einem Krankenhaus geprüft. Im zweiten Schritt erfolgte auf Basis der Volltexte eine Auswahl von Studien mit konkreten Aussagen zu Kosten und/oder zum Nutzen der EKA. Aus den 578 Literaturstellen konnten 7 Studien in die Analyse eingeschlossen werden.

Zwei Studien präsentieren eine Sekundärdatenanalyse unter Einschluss von rund 3000 US-amerikanischen Krankenhäusern. Die verbleibenden fünf erreichen 6 oder 7 Punkte für die methodische Qualität auf einer Skala zwischen 0 (schlecht) und 10 (gut), eine leichte Verbesserung gegenüber der Literaturanalyse bis 2004 [3]. Alle 5 Studien belegen einen positiven ökonomischen Effekt der EKA, insbesondere auf Grund einer Zeitersparnis. Nur eine dieser Studien untersuchte mit der Sterblichkeit einen behandlungsrelevanten Endpunkt [7]. Hierbei zeigte sich eine signifikante Reduktion der Sterblichkeit in einem Traumazentrum der Maximalversorgung. Beide Sekundärdatenanalysen berichten über einen unwesentlichen oder negativen Einfluss der EKA auf Kosten und/oder die Behandlungsqualität [8], [9].

Die aktuelle Literaturanalyse zu Kosten und Nutzen der EKA ergibt ein zweigeteiltes Bild. Aus Studien in einzelnen Krankenhäusern werden durchgängig positive Ergebnisse berichtet, unverändert mit Schwerpunkt auf Kosteneinsparungen. Hingegen ernüchtern die verhaltenen Schlussfolgerungen aus den Sekundärdatenanalysen US-amerikanischer Krankenhäuser. Auffällig ist die geringe Anzahl der Studien. Ein Selektionsbias ist bei der hohen Anzahl identifizierter Artikel unwahrscheinlich. Einerseits mag die geringe Zahl methodische Herausforderungen sowie eine Verschiebung der Interessen auf entscheidungsunterstützende Funktionen wiederspiegeln. Anderseits mussten viele Studien auf Grund ihrer Durchführung im ambulanten Bereich ausgeschlossen werden. Der stationäre Bereich gilt womöglich als abgedeckt.


Literatur

1.
Jha AK, DesRoches CM, Campbell EG, et al. The use of electronic health records in U.S. hospitals. N Engl J Med. 2009;360:1628-38.
2.
Hübner U, Ammenwerth E, Flemming D, et al. IT adoption of clinical information systems in Austrian and German hospitals: results of a comparative survey with a focus on nursing. BMC Med Inform Decis Mak. 2010;10:8.
3.
Uslu AM, Stausberg J. Value of the electronic patient record: an analysis of the literature. J Biomed Inform. 2008;41:675-82.
4.
Green S. Systematic reviews and meta-analysis. Singapore Med. 2005;46:270-4.
5.
Johnston ME, Langton KB, Haynes RB, et al. Effects of computer-based clinical decision support systems on clinician performance and patient outcome. Ann Intern Med. 1994;120:135-42.
6.
Roine R, Ohinmaa A, Hailey D. Assessing telemedicine: a systematic review of the literature. CMAJ. 2001;165:765-71.
7.
Deckelbaum DL, Feinstein AJ, Schulman CI, et al. Electronic medical records and mortality in trauma patients. J Trauma. 2009;67:634-6.
8.
Himmelstein DU, Wright A, Woolhandler S. Hospital computing and the costs and quality of care: a national study. Am J Med. 2010;123:40-6.
9.
Kazley AS, Ozcan YA. Do hospitals with electronic medical records (EMRs) provide higher quality care? Med Care Res Rev. 2008;65:496-513.