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MAINZ//2011: 56. GMDS-Jahrestagung und 6. DGEpi-Jahrestagung

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

26. - 29.09.2011 in Mainz

Qualitätssicherung in Kohorten Studien: Das Patienten Interview Audio-Tool (PIA-Tool)

Meeting Abstract

  • Susanne A. Seuchter - Medizinische Klinik 4, Nephrologie und Hypertensiologie, Universitätsklinikum Erlangen-Nürnberg, Erlangen
  • Andreas Beck - Lehrstuhl für Medizinische Informatik, Universitätsklinikum Erlangen-Nürnberg, Erlangen
  • Matthias Schmid - Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie, Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
  • Stephanie Titze - Medizinische Klinik 4, Nephrologie und Hypertensiologie, Universitätsklinikum Erlangen-Nürnberg, Erlangen
  • Christoph Wanner - Abteilung für Nephrologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
  • Ulla Schultheiss - Innere Medizin 4, Abteilung für Nephrologie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
  • Anna Köttgen - Innere Medizin 4, Abteilung für Nephrologie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
  • Florian Kronenberg - Institut für Genetische Epidemiologie, Universität Innsbruck, Innsbruck
  • Kai-Uwe Eckhardt - Medizinische Klinik 4, Nephrologie und Hypertensiologie, Universitätsklinikum Erlangen-Nürnberg, Erlangen

Mainz//2011. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi). Mainz, 26.-29.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gmds301

doi: 10.3205/11gmds301, urn:nbn:de:0183-11gmds3011

Veröffentlicht: 20. September 2011

© 2011 Seuchter et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die standardisierte Erhebung von Daten durch Fragebögen bzw. durch Patienteninterviews ist eine wesentliche Komponente der Guten Epidemiologischen Praxis [1], [2]. Insbesondere in Kohortenstudien, bei denen die Durchführung von Patienteninterviews in vielen verschiedenen Zentren durch häufig wechselnde Studienassistenten/innen gekennzeichnet ist, besteht das Risiko, dass die Formulierung von Fragen nicht konsequent und dauerhaft von allen Beteiligten in gleicher Form durchgeführt wird. Werden die in einem Interviewer-Leitfaden spezifizierten Vorgaben nicht eingehalten, so kann es zu einem Informationsbias und somit – bedingt durch die fehlende Beobachtungsgleichheit – zu verzerrten Risikoabschätzungen kommen [3], [4], [5]. Im Rahmen des Aufbaus der German Chronic Kidney Disease Kohortenstudie (GCKD) [6] wurde als Qualitätssicherungswerkzeug ergänzend zum Interviewer-Leitfaden ein Konzept zur digitalen Aufnahme und zum regelmäßigen Monitoring von Patienteninterviews durch Mitglieder des Qualitätsmanagement(QM)-Komitees erstellt.

Methoden: Die GCKD-Studie umfasst 9 Regionalzentren, jedes von ihnen betreut einen Sprengel von umliegenden nephrologischen Praxen. Auf der Basis von MS Sharepoint wurde für das Projekt eine webbasierte Kollaborationsplattform etabliert. Während der Visite in den Praxen und nach Einwilligung des Patienten wird das Patienteninterview über das PIA-Tool lokal auf dem Notebook der Studienassistent/in aufgenommen. Das PIA-Tool identifiziert die einzelnen Audiodateien eindeutig über Aufnahmedatum, Zentrumsnamen, Interviewernachnamen und Patientenpseudonym. Mittels eines automatisierten https-verschlüsselten Upload-Mechanismus werden diese in einer Dokumentenbibliothek der Kollaborationsplattform gespeichert. Dort sind sie ortsunabhängig für ausgewählte Experten zum Abhören zugänglich. Vordefinierte Filterfunktionen und ein integrierter Link zur GCKD-Datenbank unterstützen den schnellen Zugriff auf einzelne Interviewabschnitte sowie das parallele Monitoring der gespeicherten Daten. Jeder Interviewabschnitt kann mit einem Statusflag bewertet sowie einem Freitextkommentar versehen werden. Periodisch werden zentrumsspezifische Beurteilungen erstellt. Exportfunktionen ermöglichen weitergehende deskriptive Auswertungen mit SAS. Das PIA-Tool wurde als Java-Swing-Applikation realisiert.

Ergebnisse: Das PIA-Tool bietet qualitätssichernde Maßnahmen bereits im Erhebungsverlauf und gestattet damit frühzeitig die Behebung bzw. Vermeidung von systematischen Fehlern. Durch die Aufgliederung in modulare Teilabläufe besteht die Möglichkeit, das System mit moderatem Aufwand an die Erfordernisse anderer Studien anzupassen. Durch die Automatisierung aller Teilprozesse ist das Tool einfach zu verwenden und wurde von allen GCKD-Nutzern sehr positiv angenommen. 54% der Patienten willigten der Interviewaufnahme ein. Im bisherigen zwölfmonatigen Routineeinsatz durchliefen über 800 Patienteninterviews diesen QM-Prozess. Deren Auswertung führte zu weiteren QM-Maßnahmen, wie z.B. Änderungen am GCKD-Fragebogendesigns, Einführung zusätzlicher Interview-Instrumente und gezielten Nachschulungen.

Diskussion: Das PIA-Tool ermöglicht die ortsunabhängige und komfortable Überprüfung der Einhaltung des Interviewer-Leitfadens. Es konnte somit in der GCKD-Studie als wichtige Komponente des QM-Prozesses etabliert werden.

Unterstützt durch BMBF 01ER0804 und KfH


Literatur

1.
DGEpi. Leitlinien und Empfehlungen zur Sicherung der Guten Epidemiologischen Praxis. 2004.
2.
Rothman KJ, Greenland S, Lash TL. Modern epidemiology. 3.ed. Philadelphia: Lippincott Williams&Wilcons; 2008.
3.
Thompson WD. Statistical criteria in the interpretation of epidemiological data. Am J Pub Health. 1987;77:191-194.
4.
Weed DL. Methods in epidemiology and public health: does practise match theory? J Epi Comm Health. 2001;55:104-110.
5.
Hammer GP, Prel JB, Blettner M. Vermeidung verzerrter Ergebnisse in Beobachtungsstudien: Teil 8 der Serie zur Bewertung wissenschaftlicher Publikationen. Dtsch Arztebl Int. 2009;106(41):664-8.
6.
Eckardt KU, Titze S. GCKD (German Chronic Kidney Disease)-Studie Nationale Kohortenstudie zu chronischer Nierenerkrankung. Nephrologe. 2010;5:246-250.