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MAINZ//2011: 56. GMDS-Jahrestagung und 6. DGEpi-Jahrestagung

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

26. - 29.09.2011 in Mainz

Deprivation und Diabetes: Ansätze zur Messung von Deprivation im Wohnumfeld?

Meeting Abstract

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  • Grit Müller - Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Münster
  • Klaus Berger - Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Münster

Mainz//2011. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi). Mainz, 26.-29.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gmds259

doi: 10.3205/11gmds259, urn:nbn:de:0183-11gmds2597

Veröffentlicht: 20. September 2011

© 2011 Müller et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Deprivation im Wohnumfeld hat einen Einfluss auf das individuelle Wohlbefinden und das Auftreten von verschiedenen Krankheiten. Das Konzept der Deprivation ist multidimensional und schließt vielfältige Formen von Benachteiligung ein, die über eine materielle Dimension hinausgehen. Eine Vielzahl von Ansätzen existiert zur Operationalisierung von Deprivation. Problematisch stellen sich bei der Konzeption eines einheitlichen Indexes die Unterschiede in der Verfügbarkeit, Definition und Messung von administrativen Daten dar. Gegenstand dieser Studie ist die Evaluation von zwei Ansätzen zur Erfassung von Deprivation: (1) die Konzeption von multidimensionalen Indizes, und (2) die Verwendung eines Einzelindikators zur Approximation von Deprivation. Der potenzielle Wert dieser Ansätze wird anhand von Analysen zum Zusammenhang von Deprivation und Diabeteshäufigkeit im Wohnumfeld untersucht.

Methoden: 1.312 Teilnehmer der populations-basierten Dortmunder Gesundheitsstudie wurden in die Untersuchung eingeschlossen. Wohnumfeldindikatoren wurden den routinemäßig erhobenen Sekundärdaten der Stadt Dortmund entnommen. Hauptkomponentenanalysen (HPA) wurden zur Generierung von Deprivationsindices herangezogen unter Verwendung einer variierenden Anzahl von Indikatoren zu sozio-ökonomischen und demographischen Merkmalen. Darüber hinaus wurde die Arbeitslosigkeit im Wohnumfeld als Einzelindikator zur Messung von Deprivation betrachtet. Die untersuchte Zielgröße ist die Angabe einer ärztlichen Diabetes-Diagnose. Mittels logistischer Regressionsmodelle (Zwei-Ebenen-Modelle) wurde der Zusammenhang zwischen Diabeteshäufigkeit und der verschiedenen Deprivationsvariablen (Quintilen) gemessen, adjustiert für Alter, Geschlecht und sozialen Status.

Ergebnisse: Die rohe Diabetes-Prävalenz beträgt 7,6%. Die Chance an Diabetes erkrankt zu sein ist für Männer höher als für Frauen (OR: 1,51 [95%KI: 0,98-2,33]) und nimmt mit dem Alter zu (OR: 1,06 [95%KI: 1,04-1,09]). Drei Varianten von Hauptkomponentenlösungen, basierend auf 8, 6 und 4 Wohnumfeldindikatoren (entsprechend HPA-8, -6 und -4), liefern 2 bzw. 1 Komponente(n), die sozial-ökonomische und sozio-demographische Dimensionen von Deprivation messen. Die Varianten der Indizes sind weitestgehend austauschbar und weisen im gesättigten Modell eine annähernd gleiche Modellgüte auf. Individuen, die in den am stärksten sozio-ökonomisch deprivierten Wohnumfeld leben, weisen die höchste Wahrscheinlichkeit einer Diabetes-Diagnose auf (HPA-8 OR: 2,54 [95%KI: 1,18-5,50]; HPA-6 OR: 2.69 [95%KI: 1,17-6,17]; HPA-4 OR: 1,92 [95%KI: 0,98-3,75]). Die Analysen zur sozio-demographischen Komponente lieferten keine sinnvoll interpretierbaren Ergebnisse und Verbesserung der Modelgüte. Bewohner von Wohnumfeldern mit der höchsten Arbeitslosigkeit weisen eine um 3,26-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit auf Diabetiker zu sein [95%KI: 1,10-9,69]. Die Mehr-Ebenen-Analyse indiziert, dass es keine signifikante regionale Varianz in der Diabetes-Prävalenz gibt.

Schlussfolgerungen: Materielle Deprivation und die damit verbundenen Risiken erscheinen den stärksten Einfluss auf die Diabetes-Prävalenz zu nehmen, während demographische Indikatoren keinen Effekt haben.

Die Arbeit wurde unterstützt durch das „Kompetenznetz Diabetes mellitus“, gefördert vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen 01GI0814).