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MAINZ//2011: 56. GMDS-Jahrestagung und 6. DGEpi-Jahrestagung

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

26. - 29.09.2011 in Mainz

Validität von Ernährungsdaten bei Kleinkindern: Vergleich zwischen 24-Stunden Erinnerungsprotokollen und objektiv gemessenem Energieverbrauch

Meeting Abstract

  • Claudia Börnhorst - Universität Bremen - Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS), Bremen, Deutschland
  • Silvia Bel-Serrat - University of Zaragoza, “Growth, Exercise, Nutrition and Development” (GENUD) Research Group, Zaragoza, Spanien
  • Karin Bammann - Universität Bremen - Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS), Bremen, Deutschland
  • Luis A. Moreno Aznar - University of Zaragoza, “Growth, Exercise, Nutrition and Development” (GENUD) Research Group, Zaragoza, Spanien
  • Inge Huybrechts - University of Ghent, Ghent, Belgien
  • Gabriele Eiben - University of Gothenburg, School of Public Health and Community Medicine, Göteborg, Schweden
  • Iris Pigeot - Universität Bremen - Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS), Bremen, Deutschland

Mainz//2011. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi). Mainz, 26.-29.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gmds138

doi: 10.3205/11gmds138, urn:nbn:de:0183-11gmds1383

Veröffentlicht: 20. September 2011

© 2011 Börnhorst et al.
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Gliederung

Text

Einleitung/Hintergrund: Die Erhebung von Ernährungsdaten ist schwierig: Erinnerungsfehler, ungenaue Schätzungen von Portionsgrößen und Verzehrhäufigkeiten, Unterschätzung der Energiezufuhr (häufig bewusstes „Underreporting“) als auch saisonale und kulturelle Einflüsse sind nur einige der Probleme, denen die Ernährungsforschung ausgesetzt ist.

Bei Kindern kommt erschwerend hinzu, dass sie ihren Lebensmittelverzehr nicht verlässlich berichten können. Hier muss auf Angaben von Dritten, meist der Eltern, zurückgegriffen werden. Daher stellen z.B. Mahlzeiten, die nicht unter elterlicher Kontrolle eingenommen werden, eine weitere Fehlerquelle dar.

Das Ziel dieser Studie bestand in der Validierung von Energieaufnahmen („Energy Intake“, EI) aus proxy-berichteten 24-Stunden Erinnerungsprotokollen („24-h-Recall“, 24-HR) durch Vergleich mit objektiv gemessenem Energieverbrauch („Total Energy Expenditure“, TEE).

Material und Methoden: Die IDEFICS-Validierungs-Studie [1] wurde von Oktober 2008 bis Juli 2009 in Belgien, Schweden und Spanien durchgeführt, wobei durch das Studiendesign der Anteil an übergewichtigen /adipösen Kindern überrepräsentiert war. Die vorliegenden Auswertungen basieren auf Daten von 46 Kindern im Alter von 4-10 Jahren.

Die Messung von TEE erfolgte mit der Doubly-Labeled-Water-Methode [2], die den Goldstandard auf diesem Gebiet darstellt.

EI (kcal/Tag) wurde mittels zweier proxy-berichteter 24-HR je Kind erfasst, wobei die 24-HR an Wochen- als auch Wochenendtagen durchgeführt wurden. In die Analysen ging der Mittelwert beider Messungen ein.

Anhand von Mittelwertvergleichen (t-Tests für verbundene Stichproben), Bland-Altman-Plots und Regressionsanalysen wurde die Übereinstimmung zwischen EI und TEE für die gesamte Studienpopulation als auch für Subgruppen von Geschlecht, Studienzentrum, Alter und Gewichtsstatus untersucht. Die Prävalenz von Underreporting wurde mittels adaptierter Goldberg Cut-Offs [3], [4] bestimmt.

Ergebnisse: Underreporting wurde bei 21.7% der Studienteilnehmer beobachtet. Auf Individualebene wurden starke Abweichungen zwischen EI und TEE beobachtet, die bei übergewichtigen /adipösen Kindern am stärksten ausgeprägt waren. Die Werte von Jungen wiesen stärkere Abweichungen auf als die von Mädchen.

Die mittlere Abweichung zwischen EI und TEE lag bei -189.2 kcal/Tag (SD: 516.9). Bei Untergewichtigen /Normalgewichtigen wurde eine mittlere Abweichung von -1.9 kcal/Tag (SD: 471.1) beobachtet, bei Übergewichtigen /Adipösen hingegen von -455.3 kcal/Tag (SD: 469.1).

Auf Gruppenebene konnten somit - insbesondere unter Berücksichtigung der Überrepräsentanz von übergewichtigen /adipösen Kindern - gute Übereinstimmungen zwischen EI und TEE nachgewiesen werden.

Diskussion/Schlussfolgerungen: Zwei auf Elternangaben basierende 24-HR sind ein valides Instrument zur Erhebung von EI auf Gruppenebene, nicht jedoch auf Individualebene. Charakteristika der Studienpopulation z.B. in Hinblick auf Prävalenz von Übergewicht /Adipositas und Geschlecht sollten bei der Bewertung von proxy-berichteter EI Berücksichtigung finden. Die stärkeren Abweichungen zwischen EI und TEE bei übergewichtigen /adipösen Kindern weisen möglicherweise auf bewusstes Underreporting der Eltern hin.


Literatur

1.
Bammann K, Sioen I, Huybrechts I, Casajus J, Vicente-Rodriguez R, Cuthill R, et al. The IDEFICS validation study on field methods for assessing physical activity and body composition in children: design and data collection. Int J Obes. 2011.
2.
Livingstone MB, Black AE. Markers of the validity of reported energy intake. J Nutr. 2003;133(Suppl 3):895S-920S.
3.
Goldberg GR, Black AE, Jebb SA, Cole TJ, Murgatroyd PR, Coward WA, et al. Critical evaluation of energy intake data using fundamental principles of energy physiology: 1. Derivation of cut-off limits to identify under-recording. Eur J Clin Nutr. 1991;45(12):569-581.
4.
Sichert-Hellert W, Kersting M, Schoch G. Underreporting of energy intake in 1 to 18 year old German children and adolescents. Z Ernahrungswiss. 1998;37(3):242-251.