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Ein Viruskinetikmodell zur chronischen Hepatitis-B-Hepatitis-D-Koinfektion nach Lebertransplantation
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Veröffentlicht: | 20. September 2011 |
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Viruskinetikmodelle spielen eine wichtige Rolle beim Verständnis grundlegender biologischer Prozesse von Virusinfektionen und bei der Optimierung antiviraler Therapien. Wir haben ein Modell zur Analyse der Virusdynamik der chronischen Hepatitis-B-Hepatitis-D-Infektion entwickelt.
Das sogenannte Delta Virus (Hepatitis D, HDV) ist ein unvollständiges Virus, welches zu seiner Vermehrung das Außenhüllprotein HBsAg des Hepatitis B Virus (HBV) benötigt. Demzufolge kann eine Hepatitis D Infektion nur als Koinfektion mit dem Hepatitis B Virus auftreten.
Im Falle einer Lebertransplantation werden zur Vermeidung einer Reinfektion ab Beginn der anhepatischen Phase spezifische Antikörper verabreicht (Schema passive Impfung). Dabei gibt es noch Unklarheiten bei der Bestimmung der individuell nötigen Antikörper-Dosis.
Zur Untersuchung verschiedener klinischer Fragestellung wurde ein deterministisches Viruskinetikmodell zur chronischen Hepatitis-B-Hepatitis-D-Koinfektion entwickelt, welches auf gewöhnlichen Differentialgleichungen basiert. Neben der Interaktion der beiden Virusarten, den Antikörpern (anti-HBs) und dem Wirt, ist hier insbesondere der Zusammenhang zwischen unterbrochener Prophylaxe, Dosishöhe, Höhe der Ausgangsspiegel (HBsAg und HDV-RNA) und dem anti-HBs-Spiegel der Infektion nach einer Lebertransplantation von Interesse.
In den Modell-Gleichungen wird neben dem HBsAg-, HBV- und HDV-Abbau durch Bindung an die verabreichten Antikörper, sowie durch natürlichen Abbau, auch die anti-HBs-Pharmakokinetik basierend auf einem Standard-Ein-Kompartiment Modell berücksichtigt. Da die Antigen-Antikörper-Reaktion eine umkehrbare chemische Reaktion darstellt, wurde zusätzlich ein Immunkomplex-Kompartiment eingeführt.
Die Modellparameter wurden an klinische Daten von 26 koinfizierten Patienten angepasst, unter Berücksichtigung von longitudinalen Messungen der Viruslast (HBV und HDV), HBsAg und anti-HBs vor und nach der Lebertransplantation. Zur Parameterschätzung wurde ein Maximum-Likelihood-Ansatz verwendet.
Die Ergebnisse weisen auf eine starke Korrelation zwischen den HDV- und HBsAg Dynamiken und den anti-HBs Impfschemata hin [1], und lassen vermuten, dass dieser Modellierungs-Ansatz bei der Optimierung der individuell nötigen Hepatitis-B-Immunglobulin-Dosis nach HBV- oder HBV/HDV-induzierter Lebertransplantation helfen könnte.