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Biometrie in der Epidemiologie: Ein kritischer Blick eines Epidemiologen
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Veröffentlicht: | 2. September 2009 |
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Ziel dieses Vortrags ist es, aus Sicht einer 9-jährigen Lehrtätigkeit in deutschen MPH- und MSE-Studiengängen über Erfahrungen in Ausbildung in Biostatistik und Epidemiologie in diesen Studiengängen zu berichten. Naturgemäß beruht dieser Bericht auf subjektiven Erfahrungen. Die Vermittlung eines kritischen Umgangs mit dem Nullhypothesen-Signifikanztest der Neyman-Pearson-Schule gelingt nicht, was zu einem weit verbreiteten Mißbrauch dieses Verfahrens in der Epidemiologie führt. Nicht-signifikante Effektschätzer werden nicht berichtet, was zukünftige Metaanalysen erschwert. Epidemiologische Nachwuchswissenschaftler werden in den Forschungseinrichtungen, in denen sie beschäftigt sind, auf bestimmte biostatische Vorgehensweisen in der Epidemiologie “sozialisiert“, was den Mißbrauch biostatistischer Verfahren zum Teil fördert. Es werden in der Epidemiologie Maße als angebliche Effektmaße verwendet, die die Stärke eines Zusammenhangs nicht vermitteln (z.B. aufgeklärte Varianz, Korrelationskoeffizient). In der Diskussion von Limitationen epidemiologischer Studien wird häufig ein Spezialfall der Fehlklassifikation (“nichtdifferenzielle Fehlklassifikation führt zu einem Bias Richtung Referenzwert“) auf Szenarien angewendet, für die dieser Spezialfall nicht gilt. Limitationen der eigenen Studien werde in einer Weise angesprochen, als wären sie keine Limitationen. Eine Verbesserung dieser Situation kann nicht alleine über eine Verbesserung der Ausbildung des epidemiologischen Nachwuchses geschehen. Es ist auch erforderlich, dass etablierte Forschungseinrichtungen in Deutschland den methodisch kritischen Umgang mit den Methoden der Biostatistik in ihren Einrichtungen mehr pflegen.