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53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

Validierung von Akzeptanzindikatoren für Prozessveränderungen im Krankenhaus

Meeting Abstract

  • Patrick Heinrich - Medizinisches Zentrum für Informations-und Kommunikationstechnik (MIK), Erlangen, Deutschland
  • Marion Büchler - Medizinische Klinik 1 – Gastroent., Pneumonol. und Endokrinologie, Erlangen, Deutschland
  • Melanie Grolik - Medizinische Klinik 1 – Gastroent., Pneumonol. und Endokrinologie, Erlangen, Deutschland
  • Stefan Skonetzki - Lehrstuhl für Medizinische Informatik, Erlangen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocMI20-3

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2008/08gmds207.shtml

Veröffentlicht: 10. September 2008

© 2008 Heinrich et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

An den Universitätskliniken Erlangen sind derzeit verschiedene Klinische Behandlungspfade im Einsatz deren Behandlungspläne und -dokumentation hauptsächlich durch Papierformulare abgedeckt werden. Allerdings ist trotz etabliertem Entwicklungsprozess, systematischer Tests unter Beteiligung der Anwender sowie initialer Schulungen nicht für alle Behandlungspfade eine konsequente Umsetzung im klinischen Alltag zu verzeichnen. Um diese Akzeptanzproblematik für die anstehenden Überarbeitungen und Weiterentwicklungen der Pfade berücksichtigen zu können, muss sie zunächst operationalisert und messbar gemacht werden. Hierdurch soll es ermöglicht werden, existierende Probleme herauszuarbeiten und geeignete Interventionen wie z.B. die Aktualisierung der Behandlungspläne, Anpassungen an den Arbeitsabläufen oder auch die Entwicklung geeigneter elektronischer Unterstützungen durch das Krankenhausinformationssystem bzw. Klinische Arbeitsplatzsystem zu definieren. Zielsetzung ist, die Akzeptanz Klinischer Pfad zu verbessern und somit deren Nutzen zu erhöhen.

Material und Methoden

Um für unterschiedliche Umsetzungsformen Klinischer Behandlungspfade die Wirkung akzeptanzfördernder Maßnahmen bestimmen zu können, muss das verwendete Messinstrument eine Veränderung in der Benutzerakzeptanz sowohl nach organisatorischen Änderungen, als auch nach Anpassungen an den Behandlungsempfehlungen oder nach Veränderungen an der Dokumentationsform (papierbasiert oder computerbasiert) erfassen können. Derzeit gibt es jedoch keine Methode, welche einerseits diesen Aspekt berücksichtigt und andererseits die Akzeptanz nicht nur an pfad-spezifischen Kriterien, wie beispielsweise Abdeckungsraten, fest macht, sondern auch die subjektive Meinung der Anwender mit einschließt. Für die Bestimmung der Akzeptanz Klinischer Pfade bedarf es einerseits einer objektiven, andererseits einer subjektiven Messung, um die komplette Fragestellung abzudecken (siehe auch Abbildung 1 ).

Für die Bestimmung der Akzeptanz anhand objektiver Kriterien werden Daten aus der klinischen Dokumentation der Pfadpatienten verwendet. Diese stammen in dem hier vorgestellten Beispiel sowohl aus Patientenakten als auch aus elektronisch verfügbaren Daten aus unterschiedlichen Subsystemen des Krankenhausinformationssystems. Da die Daten später in regelmäßigen Abständen zu Monitoringzwecken erneut erhoben werden sollen, werden die elektronisch verfügbaren Daten nicht direkt aus den einzelnen Subsystemen abgefragt, sondern bereits aggregierte Daten aus einem parallel betriebenen Data Warehouse verwendet. Dies bietet auch den Vorteil, dass alle Abfragen für spätere Auswertungen automatisiert ausgeführt und einige Vorauswertungen bereits hier durchgeführt werden können. Die so erhobenen Daten dienten dann als Grundlage für die Bestimmung der verschiedenen Indikatoren, welche u.a. die Pfadabdeckung, die Dokumentationsabdeckung, die Vollständigkeit der Dokumentation sowie die interne Konsistenz der Dokumentation beschreiben.

Neben der Erhebung der objektiven Akzeptanz ging es uns auch darum, die subjektive Akzeptanz zu bestimmen. Aus der Vielzahl möglicher Ansätze zur Akzeptanzerhebung haben wir das Technology Akzeptanz Modell von Davis gewählt. Es unterteilt die Akzeptanz eines Produktes in die Bereiche wahrgenommener Nutzen und wahrgenommene einfache Handhabbarkeit bzw. Bedienbarkeit [1]. Um die beiden Bereiche abzufragen, wird ein adaptierter Fragebogen nach DIN ISO Vorgabe verwendet. Die Fragen sind so konzipiert, dass sie sowohl auf papierbasierte als auch auf unterschiedlich elektronische Unterstützungsformen oder Mischformen aus beiden anwendbar sind.

Auf eine erneute Validierung des Fragebogens wurde hier verzichtet, da er als DIN ISO Fragebogen bereits mehrfach validiert wurde. Die Bewertung der Indikatoren erfolgte anhand der drei gängigen Kriterien: Objektivität, Validität und Reliabilität.

Objektivität: Um eine ausreichende Objektivität der Indikatoren sicherzustellen, wurden in mehreren Reviewschritten sowohl die Berechnung und Deutung der Indikatoren, als auch eindeutige Kriterien für die Erhebung der benötigten Parameter aus Papierakten und dem KIS festgelegt. Zusätzlich erfolgte eine Absicherung der Ergebnisse durch einen Vergleich mit weiteren bzw. ergänzenden im Krankenhausinformationssystem gespeicherten Informationen.

Validität: Hierzu wurde eine explorative Faktorenanalyse durchgeführt, die dabei half Hypothesen über Faktoren zu generieren, welche „hinter“ den beobachteten Variablen stehen und eine Relevanz für deren Interpretation haben. Das Hauptaugenmerk bei der durchgeführten Faktoranalyse lag auf der Überprüfung der Dimensionalität der definierten Indikatoren.

Reliabilität: Da sich die Indikatoren nicht aus so genannten Item-Batterien, sondern aus unabhängigen Variablen berechnen, wurde die Split-Half-Reliabilität nach Spearman-Brown bestimmt. Hierzu wurden die betrachteten Fälle anhand ihrer Nummerierung in zwei Hälften aufgespaltet, wobei eine Gruppe aus Fällen mit geraden, die andere aus Fällen mit ungerader Nummerierung bestand. Die Ergebnisse der beiden neu entstandenen Skalen wurden nun nach dem Verfahren von Spearman-Brown miteinander korreliert. Damit ergibt sich die Möglichkeit, die Ergebnisse von zwei Kollektiven innerhalb einer Stichprobe zu vergleichen. Zusätzlich wurde noch eine Reliabilitätsprüfung nach dem Zeitpunkt der Dokumentation durchgeführt. Hierzu wurden zwei Skalen anhand des Dokumentationszeitpunktes (1. Halbjahr 2007 vs. 2. Halbjahr 2007) gebildet und miteinander verglichen.

Ergebnisse

Die Absicherung der Validität der erhobenen Indikatoren mit Hilfe der Faktorenanalyse (bei einem minimalen Eigenwert von 1,6) ergab, dass die Indikatoren ein eindimensionales Faktorenkonstrukt messen, es also nicht mehrere „verborgene“ Erklärungsmuster für die Indikatoren gibt. Bei der Untersuchung der Reliabilität ergaben sich mit Hilfe des Split-Half Reliabilitätsverfahrens Korrelationswerte zwischen 0,78 und 0,94 für die einzelnen Indikatoren. Damit können alle Indikatoren als ausreichend reliabel eingestuft werden. Aufgrund dieser positiven Ergebnisse wurde mit den strukturierten Interviews begonnen, mit Hilfe derer nun die subjektive Akzeptanz bezüglich der klinischen Behandlungspfade bei den beteiligten Berufsgruppen genauer betrachtet werden soll.

Diskussion

Auch wenn die Ergebnisse im Bereich der objektiven Akzeptanz für papierbasierte Pfade nahe legen, dass hier ein gangbarer Weg gefunden wurde, bedarf es für eine abschließende Bewertung noch der Ergebnisse aus den strukturierten Interviews zur Messung der subjektiven Akzeptanz. Erst danach kann die tatsächliche Akzeptanz eines Behandlungspfades in der klinischen Praxis sinnvoll bestimmt und ggf. konkrete Maßnahmen zur weiteren Verbesserung vorgeschlagen werden. Trotz der noch recht frühen Projektphase geben die bisherigen Ergebnisse jedoch Grund zu einem vorsichtigen Optimismus, dass mit der Messung der objektiven Akzeptanz mit Hilfe des Technology Akzeptanz Modells und dem leicht modifizierten DIN ISO Fragebogen Werkzeuge gefunden wurde, mit welchen gleichermaßen die Akzeptanz von papierbasierten als auch von elektronisch unterstützten Pfaden bestimmt werden kann.


Literatur

1.
Bürg H, Mandl H. Forschungsbericht: Akzeptanz von E-Learning in Unternehmen. Institut für Pädagogische Psychologie München; 2004: 12.