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Langzeit Follow-up Datenbanken als unverzichtbares Instrumentariummolekularbiologischer Untersuchungen beim Mammakarzinom
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Veröffentlicht: | 10. September 2008 |
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Gliederung
Text
Einleitung
Wissenschaftlicher Fortschritt wird von den Rahmenbedingungen bestimmt. Das medizinische Wissen zum Mammakarzinom verdoppelt sich gemessen an den erscheinenden Publikationen etwa alle 7-10 Jahre. Mit zunehmender Kenntnis der Heterogenität des früher einheitlichen Krankheitsbilds des Mammakarzinoms müssen alternative Techniken zur prospektiven Studie entwickelt werden wie etwa die retrospektive Datenanalyse, da die Vielzahl wissenschaftlicher Fragestellungen und möglicher Hypothesen nicht mehr allein mit prospektiven Forschungsansätzen bewältigt werden können.
Material und Methoden
Am Onkologischen Arbeitskreis Stuttgart und dem Robert Bosch Krankenhaus existieren retrospektive Datenbanken, die etwa 14 000 bzw. 2500 Mammakarzinome umfassen mit einem Follow up von im Mittel fast 8 Jahren. Bei der RBK Datenbank sind zu jedem Erkrankungsfall Paraffinblöcke archiviert. Aus diesem Kollektiven war es möglich retrospektiv eine Untermenge von Erkrankungsfällen an primären Mammakarzinomen abzugrenzen, die nach einem chirurgischen Eingriff nur mit Tamoxifen allein (keine Zytostatikatherapie) behandelt wurden. An Hand dieser Datenbanken wurden folgende Auffälligkeiten festgestellt und als Hypothese formuliert. Der „Tamoxifen response“ ist mit der Östrogenrezeptordichte auf der Tumorzelle korreliert. Bei der Prüfung des Therapieansprechens auf Tamoxifen zeigte sich in dem beschriebenen “Tamoxifen only Kollektiv“, dass dieses nicht mit der Höhe der Rezeptorexpression korreliert war (Tabelle 1 [Tab. 1]). Als Erklärung für diese unerwartete Beobachtung wurden folgende Hypothesen an archivierten Paraffinblöcken untersucht:
- Die Inaktivierung des Östrogenrezeptors (ER) wird durch Methylierung im Genom verursacht.
- Das Ansprechen auf Tamoxifen ist mit der Östrogenrezeptordichte auf der Tumorzelle korreliert.
- Das Ansprechen auf Tamoxifentherapie ist mit genetischen Polymorphismen, die entweder funktionell/aktive oder inaktive Formen des Tamoxifen-metabolisierenden Enzyms CYP2D6 verursachen, korreliert.
Ergebnisse
Während sowohl der ER wie der PR ein Prognosefaktor sind, ist die ER-Dichte kein Prädiktor für die Tamoxifentherapie (siehe Tab. 1). Patientinnen mit fehlendem Ansprechen finden sich vor allem in der Gruppe der niedrigen und hohen Rezeptordichten.
Eine Beziehung zwischen Methylierungsgrad des Genoms und ER-Expression konnte nachgewiesen werden, jedoch sind nicht alle Promotorbereiche des ERalpha-Gens (ESR1) gleich stark methyliert, so dass weitere, bislang noch unbekannte Faktoren für die Inaktivierung des ER postuliert werden müssen.
Eine mögliche unterschiedliche Stabilität der mRNA in verschiedenen Tumoren scheint den fehlenden Zusammenhang von ER-Dichte und Tamoxifen-Ansprechen nicht ausreichend erklären zu können; weiter Hypothesen werden derzeit getestet.
Ein schlechteres Ansprechen unter Tamoxifentherapie konnte für Patientinnen nachgewiesen werden, deren CYP2D6 inaktiviert ist und deren körpereigene Bildung von Antiöstrogen wirksamen Tamoxifen-Metaboliten dadurch stark reduziert ist (Abbildung 1 [Abb. 1]).
Diskussion
Am Beispiel einer statistischen Auffälligkeit, nämlich der Nicht-Vorhersagbarkeit des Tamoxifenanpsrechens von der genauen Höhe des Östrogenrezeptors auf der Tumorzelle, wird der Wert retrospektiver Datenbanken belegt. Es konnte mittels archiviertem Tumormaterial mindestens eine mögliche Hypothese formuliert werden, die das unterschiedliche Ansprechen von primären invasiven Mammakarzinomen auf eine einheitliche Therapieform erklären kann.
Literatur
- 1.
- Dippon J, Fritz P, Kohler M. A statistical approach to case based reasoning with application to breast cancer data. Computational Statistics & Data Analysis 2002;40:579-602.
- 2.
- Schroth W, Antoniadou, L, Fritz P, Schwab M, Muerdter T, Zanger UM, Simon W, Eichelbaum M, Brauch H. Breast cancer treatment outcome with adjuvant tamoxifen relative to patient . J Clin Oncol 2007;25: 5187-93.