gms | German Medical Science

53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

Langzeit Follow-up Datenbanken als unverzichtbares Instrumentariummolekularbiologischer Untersuchungen beim Mammakarzinom

Meeting Abstract

  • Peter Fritz - Robert Bosch Krankenhaus, Pathologisches Institut, Stuttgart, Deutschland
  • Sebastian Klenk - Universität Stuttgart (Abteilung Intelligente Systeme), Stuttgart, Deutschland
  • Werner Schroth - Robert Bosch Krankenhaus, Institut für Klinische Pharmakologie, Stuttgart, Deutschland
  • Sandra Amaral - Robert Bosch Krankenhaus, Institut für Klinische Pharmakologie, Stuttgart, Deutschland
  • Lydia Antoniadou - Robert Bosch Krankenhaus, Institut für Klinische Pharmakologie, Stuttgart, Deutschland
  • Andreas Gerteis - Robert Bosch Krankenhaus, Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Stuttgart, Deutschland
  • Wolfgang Simon - Robert Bosch Krankenhaus, Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Stuttgart, Deutschland
  • Elke Heidemann - Onkologischer Schwerpunkt Stuttgart, Stuttgart, Deutschland
  • Friedhelm Brinckmann - Onkologischer Schwerpunkt Stuttgart, Stuttgart, Deutschland
  • German Ott - Robert Bosch Krankenhaus, Pathologisches Institut, Stuttgart, Deutschland
  • Hiltrud Brauch - Robert Bosch Krankenhaus, Institut für Klinische Pharmakologie, Stuttgart, Deutschland
  • Elisabeth Lüttgen - Robert Bosch Krankenhaus, Institut für Digitale Medizin, Stuttgart, Deutschland
  • Matthias Schwab - Robert Bosch Krankenhaus, Institut für Klinische Pharmakologie, Stuttgart, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocMI7-4

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2008/08gmds136.shtml

Veröffentlicht: 10. September 2008

© 2008 Fritz et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung

Wissenschaftlicher Fortschritt wird von den Rahmenbedingungen bestimmt. Das medizinische Wissen zum Mammakarzinom verdoppelt sich gemessen an den erscheinenden Publikationen etwa alle 7-10 Jahre. Mit zunehmender Kenntnis der Heterogenität des früher einheitlichen Krankheitsbilds des Mammakarzinoms müssen alternative Techniken zur prospektiven Studie entwickelt werden wie etwa die retrospektive Datenanalyse, da die Vielzahl wissenschaftlicher Fragestellungen und möglicher Hypothesen nicht mehr allein mit prospektiven Forschungsansätzen bewältigt werden können.

Material und Methoden

Am Onkologischen Arbeitskreis Stuttgart und dem Robert Bosch Krankenhaus existieren retrospektive Datenbanken, die etwa 14 000 bzw. 2500 Mammakarzinome umfassen mit einem Follow up von im Mittel fast 8 Jahren. Bei der RBK Datenbank sind zu jedem Erkrankungsfall Paraffinblöcke archiviert. Aus diesem Kollektiven war es möglich retrospektiv eine Untermenge von Erkrankungsfällen an primären Mammakarzinomen abzugrenzen, die nach einem chirurgischen Eingriff nur mit Tamoxifen allein (keine Zytostatikatherapie) behandelt wurden. An Hand dieser Datenbanken wurden folgende Auffälligkeiten festgestellt und als Hypothese formuliert. Der „Tamoxifen response“ ist mit der Östrogenrezeptordichte auf der Tumorzelle korreliert. Bei der Prüfung des Therapieansprechens auf Tamoxifen zeigte sich in dem beschriebenen “Tamoxifen only Kollektiv“, dass dieses nicht mit der Höhe der Rezeptorexpression korreliert war (Tabelle 1 [Tab. 1]). Als Erklärung für diese unerwartete Beobachtung wurden folgende Hypothesen an archivierten Paraffinblöcken untersucht:

  • Die Inaktivierung des Östrogenrezeptors (ER) wird durch Methylierung im Genom verursacht.
  • Das Ansprechen auf Tamoxifen ist mit der Östrogenrezeptordichte auf der Tumorzelle korreliert.
  • Das Ansprechen auf Tamoxifentherapie ist mit genetischen Polymorphismen, die entweder funktionell/aktive oder inaktive Formen des Tamoxifen-metabolisierenden Enzyms CYP2D6 verursachen, korreliert.

Ergebnisse

Während sowohl der ER wie der PR ein Prognosefaktor sind, ist die ER-Dichte kein Prädiktor für die Tamoxifentherapie (siehe Tab. 1). Patientinnen mit fehlendem Ansprechen finden sich vor allem in der Gruppe der niedrigen und hohen Rezeptordichten.

Eine Beziehung zwischen Methylierungsgrad des Genoms und ER-Expression konnte nachgewiesen werden, jedoch sind nicht alle Promotorbereiche des ERalpha-Gens (ESR1) gleich stark methyliert, so dass weitere, bislang noch unbekannte Faktoren für die Inaktivierung des ER postuliert werden müssen.

Eine mögliche unterschiedliche Stabilität der mRNA in verschiedenen Tumoren scheint den fehlenden Zusammenhang von ER-Dichte und Tamoxifen-Ansprechen nicht ausreichend erklären zu können; weiter Hypothesen werden derzeit getestet.

Ein schlechteres Ansprechen unter Tamoxifentherapie konnte für Patientinnen nachgewiesen werden, deren CYP2D6 inaktiviert ist und deren körpereigene Bildung von Antiöstrogen wirksamen Tamoxifen-Metaboliten dadurch stark reduziert ist (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Diskussion

Am Beispiel einer statistischen Auffälligkeit, nämlich der Nicht-Vorhersagbarkeit des Tamoxifenanpsrechens von der genauen Höhe des Östrogenrezeptors auf der Tumorzelle, wird der Wert retrospektiver Datenbanken belegt. Es konnte mittels archiviertem Tumormaterial mindestens eine mögliche Hypothese formuliert werden, die das unterschiedliche Ansprechen von primären invasiven Mammakarzinomen auf eine einheitliche Therapieform erklären kann.


Literatur

1.
Dippon J, Fritz P, Kohler M. A statistical approach to case based reasoning with application to breast cancer data. Computational Statistics & Data Analysis 2002;40:579-602.
2.
Schroth W, Antoniadou, L, Fritz P, Schwab M, Muerdter T, Zanger UM, Simon W, Eichelbaum M, Brauch H. Breast cancer treatment outcome with adjuvant tamoxifen relative to patient . J Clin Oncol 2007;25: 5187-93.