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Eine dimensionale Systematik zur Klärung einiger Inkonsistenzen in der Klassifikation krankheitspräventiver Interventionen
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Veröffentlicht: | 6. September 2007 |
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Einleitung/Hintergrund: In der gesundheitswissenschaftlichen Literatur werden die Primordial- und z. T. auch die Primärprävention (vs. Sekundär- und Tertiärprävention) klassischerweise mit der Verhältnisprävention (vs. Verhaltensprävention) und Populationsstrategien (vs. Individual- bzw. Hochrisikostrategien) definitorisch verknüpft [Ref. 1], [Ref. 2], [Ref. 4]. Diese Verknüpfung stellt u. E. eine Konfundierung im Grunde unabhängiger Dimensionen dar, die eine weitere Integration und Spezifikation der Bemühungen der verschiedenen Präventionsakteure und -sektoren tendenziell behindern. Ziel dieses Beitrages ist es dementsprechend, einen die Konfundierung überwindenden Vorschlag für eine Systematik gesundheitsbezogener Interventionen vorzustellen und zu begründen [Ref. 5].
Material und Methoden: Konzeptionelle Analyse der Dimensionalität klassifikatorischer Einteilungen gesundheitsbezogener Interventionen und Entwicklung einer dimensionalen Systematik.
Ergebnisse: Es lässt sich eine Systematik mit drei Dimensionen "gesund (primordialinterventiv) - krank (tertiärinterventiv)", "Verhältnisse (umgebungsgestützt) - Verhalten (personengestützt)" und "Population - Individuum" begründen, die konzeptuell orthogonal zueinander stehen. Diese Systematik wird mit Beispielen aus dem Interventionsfeld "Adipositas" veranschaulicht werden (im Folgenden aus dem Versorgungsbereich): So können gesundheitspolitische Maßnahmen zur Finanzierung von kurativen Interventionen für morbid adipöse Personen (tertiärinterventiv) als umgebungsgestützte (verhältnisinterventive) Maßnahmen rekonstruiert werden, die sich auf die Population (vs. Individuen) dieser Zielgruppe beziehen (also Inzidenz und Prävalenz der Folgen morbider Adipositas senken sollen). Demgegenüber sind die edukativen Hinweise eines Arztes an einen individuellen normalgewichtigen Patienten zu den Lebenstilfaktoren, die eine (Prä-)Adipositas vermeiden helfen, primordiale Verhaltensprävention. Ebenso kann die Systematik auf den nichtmedizinischen Bereich angewandt werden.
Diskussion/Schlussfolgerungen: Der Mehrwert der vorgestellten dimensionalen Systematik ist u. E. die Möglichkeit, für - u.a. nach ihrem Gesundheits-/Krankheitsstatus definierte - Zielgruppen indikationsspezifisch Kombinationen aus personen- und/oder umgebungsgestützten Interventionen konzeptionell zu fassen, und diese zugleich auf individuelle Gesundheit und Krankheit(srisiken) und/oder Bevölkerungsgesundheit (Prävalenzen, Inzidenzen) beziehen zu können. Damit könnte u. U. Abgrenzungstendenzen einzelner Akteure/Sektoren argumentativ vorgebeugt werden. Abschließend wird unter Bezug auf Rosenbrock [Ref. 3] die Möglichkeit der Integration des Konzepts "Gesundheitsförderung" in die Systematik diskutiert.
Literatur
- 1.
- Caplan G. Principles of preventive psychiatry. New York: Basis Books, 1964.
- 2.
- Hurrelmann K, Laaser U. Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention. In K Hurrelmann, U Laaser, O Razum (Hrsg), Handbuch Gesundheitswissenschaften. Weinheim: Juventa, 2006, S. 749-80.
- 3.
- Rosenbrock R. Was ist New Public Health? Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitschutz, 2001; 44: 753-62.
- 4.
- Strasser T. Reflections on cardiovascular diseases. Interdisciplinary Science Review 1978; 3: 225-30.
- 5.
- von Lengerke T, Manz R. Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung: Klassifikationen und eine dimensionale Systematik. In T von Lengerke (Hrsg.), Public Health-Psychologie: Individuum und Bevölkerung zwischen Verhältnissen und Verhalten. Weinheim: Juventa, in Druck.