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Kongress Medizin und Gesellschaft 2007

17. bis 21.09.2007, Augsburg

Radon in Wohnungen – ein unterschätztes Gesundheitsrisiko

Meeting Abstract

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  • Michaela Kreuzer - Bundesamt für Strahlenschutz, Neuherberg

Kongress Medizin und Gesellschaft 2007. Augsburg, 17.-21.09.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07gmds856

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2007/07gmds856.shtml

Veröffentlicht: 6. September 2007

© 2007 Kreuzer.
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Gliederung

Text

Das radioaktive Edelgas Radon ist geruch-, geschmack- und farblos und von daher nicht mit unseren Sinnen wahrnehmbar. Es kommt in unterschiedlichen Konzentrationen natürlich überall im Boden und in den Gesteinen vor. Das aus dem Erdreich entweichende Radon kann über undichte Fundamente in Häuser eindringen und sich in der Raumluft anreichern. Radon und seine Zerfallsprodukte stellen eine nachgewiesene Gesundheitsgefährdung dar.

Die derzeitige wissenschaftliche Evidenz belegt einen kausalen Zusammenhang zwischen Radon in Wohnungen und Lungenkrebs. Hauptbasis hierfür ist eine gepoolte europäische Fall-Kontroll Studie zu Lungenkrebs und Radon in Wohnungen mit mehr als 7.000 inzidenten Lungenkrebspatienten und 14.000 Kontrollpersonen aus 13 europäischen Studienzentren [1]. In dieser Studie wurde Radon in allen seit 5 bis 35 Jahre bewohnten Wohnungen 1 Jahr lang gemessen und der zeitgewichtete Mittelwert der Radonkonzentration in den Hauptaufenthaltsräumen für diesen Zeitraum berechnet. Rauchen und andere wichtige Confounder für Lungenkrebs wurden erfasst und in den Analysen berücksichtigt.

Die Studie belegt einen linearen Zusammenhang zwischen langjähriger Radonkonzentration und dem Risiko einer Lungenkrebserkrankung. Das relative Lungenkrebsrisiko erhöht sich dabei um ca. 16% pro Anstieg der Radonkonzentration um 100 Bq/m*3. Es gibt keinen Hinweis auf einen Schwellenwert unterhalb dessen keine Gesundheitsgefährdung auftritt. Die gemeinsame Wirkung von Rauchen und Radon ist annähernd multiplikativ. Das absolute Lungenkrebsrisiko durch Radon ist deshalb für Raucher höher. Eine aktuelle Abschätzung des populationsattributablen Risikos ergab, dass in Deutschland ca. 1.900 Lungenkrebstodesfälle (95% Konfidenzintervall: 660 bis 4.800) pro Jahr durch Radon in Wohnungen verursacht werden [2]. Radon ist damit der wichtigste Umweltrisikofaktor für Lungenkrebs. Die Mehrheit der radoninduzierten Fälle treten bei Radonkonzentrationen unterhalb von 200 Bq/m*3 auf.

Erhöhte Radonkonzentrationen in Aufenthaltsräumen können größtenteils mit einfachen Maßnahmen (Abdichtung, verbesserte Ventilation, etc.) und kostengünstig reduziert werden, insbesondere bei Neubauten, aber auch bei bestehenden Gebäuden. In Deutschland gibt es derzeit keinen Grenzwert für die Radonkonzentration in Aufenthaltsräumen. Basierend auf den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen empfiehlt das BfS und BMU Radonkonzentrationen in Aufenthaltsräumen – soweit möglich – auf unter 100 Bq/m*3 zu begrenzen. In der Bevölkerung wird Radon als mögliche Gesundheitsgefahr nach wie vor kaum wahrgenommen. Eine verbesserte Information und Risikokommunkation ist deshalb vordringlich.


Literatur

1.
Darby et al. Residential radon and lung cancer - detailed results of a collaborative analysis of individual data on 7.148 persons with lung cancer and 14.028 persons without lung cancer from 13 epidemiologic studies. Scand J Work Environ Health 2006; 32 Suppl 1: 1-84.
2.
Menzler et al. Abschätzung des attributablen Lungenkrebsrisikos in Deutschland durch Radon in Wohnungen. In: Fortschritte der Umweltmedizin. Hrsg.: H.E. Wichmann, H.W. Schlipköter, G. Fülgraff. Landsberg am Lech, 2006.