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Kongress Medizin und Gesellschaft 2007

17. bis 21.09.2007, Augsburg

Suizide alter Menschen in Magdeburg – die Zäsur der Wende

Meeting Abstract

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  • Axel Genz - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universität Magdeburg, Magdeburg
  • Julia Salziger - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universität Magdeburg, Magdeburg
  • Bernhard Bogerts - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universität Magdeburg, Magdeburg

Kongress Medizin und Gesellschaft 2007. Augsburg, 17.-21.09.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07gmds530

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2007/07gmds530.shtml

Veröffentlicht: 6. September 2007

© 2007 Genz et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Mitteldeutschland hatte über Jahrhunderte die höchsten Suizidraten in Deutschland. Die offizielle Statistik weist seit der Wende einen außergewöhnlichen Rückgang aus. Die Ursachen sind nicht bekannt und bislang auch nicht untersucht – obgleich ihnen offenbar weit über die Region hinaus Indikatorfunktion bezüglich grundsätzlicher antisuizidaler Maßnahmen zukommen kann. Ein erster Schritt ist die differenzierte altersschichtenbezogene Analyse in kleinräumiger Untersuchung mit der Gegenüberstellung zweier Perioden - angesichts ständig wechselnder Verwaltungsgrenzen regional einzig in der Landeshauptstadt Magdeburg realisierbar. Aus Perspektive des demografischen Wandels wurden gesondert die Suizide alter – über 65jähriger – Menschen erfasst.

Material und Methoden: Nach Zustimmung der Behörden wurden die gesamten Totenscheine der Stadt Magdeburg betreffend die Jahre 1985-1989 und 1999-2004 analysiert und entsprechend den Kodifizierungsrichtlinien der ICD 10 in Übereinstimmung mit dem Vorgehen des Statistischen Landesamtes erfasst. Die durchlebten Jahre der Altersklassen wurden geschlechtsgetrennt als Bezugsgröße genommen und die Häufigkeiten und Raten berechnet.

Ergebnisse: Insgesamt ist ein außergewöhnlicher Rückgang in den absoluten Zahlen zu verzeichnen – von 442 Suiziden in der ersten Periode auf 126 Suizide in der zweiten Periode. Die Suizide von Menschen über 65 Jahren gingen von 83 auf 11 bei Männern und 80 auf 13 bei Frauen zurück, der Anteil an allen Suiziden jeweils von 31% auf 12% und von 45% auf 36%. Auch die bevölkerungsbezogene Analyse zeigt die hoch signifikante Verminderung der Suizide.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen einen bisher in der Stadtgeschichte, die diesbezüglich bis 1885 rückverfolgbar ist, nicht gekannten Rückgang der realisierten Suizide. Möglichen positiven Einfluss können einer erheblichen Verbesserung der materiellen Lage, der medizinischen und psychiatrischen Versorgung und der Reduzierung leicht verfügbarer „weicher“ Suizidmethoden zugeschrieben werden. Detaillierte Motivforschungen erscheinen zur Beweisführung hinsichtlich der Wirkfaktoren des Rückganges aber unerlässlich – daraus werden sich möglicherweise auch weiterführende Schlussfolgerungen für suizidpräventive Maßnahmen ableiten lassen. Eine Überprüfung der Validität der Daten erscheint unerlässlich und wird nur unter Einbeziehung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten möglich sein.